Verlieren und Gewinnen
Wo gespielt wird, gibt es immer auch Gewinner und Verlierer. Gerade Letzteres fällt manchem durchaus schwer. Spielerunden in der Familie sind eine wunderbare Möglichkeit für Kinder, den Umgang mit Niederlagen zu erlernen: Sie verlieren immer mal, manchmal allein, manchmal im Team mit anderen, sie sehen, wie Mama und Papa mit einer Niederlage umgehen, sie sehen, dass sie mit Anstrengung durchaus auch gewinnen können.
Doch wie umgehen mit schlechten Verlierern? Wenn Figuren und Würfel durchs Zimmer fliegen, vielleicht sogar das Spielbrett, sollte man das Kind zunächst in Ruhe lassen. Schimpfen, Ermahnen, Vorwürfe helfen weder dem Kind noch dem Spieleabend weiter. Hat es sich wieder beruhigt, sollten Eltern die Reaktion des Kindes noch mal ansprechen, ihm erklären, dass sie seine Wut verstehen, aber dass so alle die Lust am Spielen verlieren. Zeigen Sie Verständnis. Es kann durchaus tröstlich für den Junior sein, wenn er hört: „Ich finde das auch doof, wenn ich verliere.“ Oder verweisen Sie auf Fußballspieler, die nach verlorenem Match in Tränen ausbrechen. Das zeigt dem Kind: Sich über eine Niederlage zu ärgern, ist normal. Seine Wut an anderen Mitspielern oder den Spielutensilien auszulassen, ist aber nicht in Ordnung. Suchen Sie gemeinsam mit dem Kind nach anderen Möglichkeiten, seine Wut abzulassen: Aufs Kissen hauen oder mit dem Würfel schimpfen zum Beispiel. Machen Sie klar: Man kann nicht immer gewinnen. Heute hat Papa gewonnen, beim nächsten Mal vielleicht Du.
Was nur auf den ersten Blick eine gute Idee scheint: Das Kind absichtlich gewinnen lassen. Das geht in den meisten Fällen nach hinten los. Zum einen merken die meisten Kinder das und ein geschenkter Sieg fühlt sich nur halb so gut an. Und spielen sie dann in der Kita oder beim nächsten Kindergeburtstag mit Freunden, die sie nicht gewinnen lassen, ist Frust vorprogrammiert.
Wenn Kinder immer wieder den Spieleabend torpedieren, weil sie nicht verlieren können, können Eltern folgendes tun: Erstens, versuchen herauszufinden, warum das Kind so schwer verlieren kann. Zweitens, die Spielauswahl überdenken. Manchmal verlieren ist ok und auch wichtig. Verliert das Kind aber immer wieder, ist es entweder mit dem Spiel noch überfordert oder braucht gleichwertige Gegner (Freunde oder Geschwister statt Eltern). Kleine Regelabweichungen können manchmal auch schon helfen, um das Spiel ausgeglichener zu gestalten. Beispielsweise können die Kinder ein paar Felder oder Karten Vorsprung bekommen, je jünger, desto mehr. Eine harmonische Variante von „Mensch ärgere dich nicht“ verzichtet aufs Rauswerfen oder nur auf die Pflicht zum Rauswerfen. Wählen sie für schlechte Verlierer lieber kooperative Spiele aus, keine Wettbewerbsspiele, bei denen Sieg und Niederlage im Fokus stehen. Oder man spielt zum Ausgleich mit den Kindern ein Spiel, bei dem sie fast immer die Nase vorn haben. Der Klassiker ist Memory, da sind schon Vierjährige nahezu unschlagbar.
Bleiben Kinder trotz aller Tipps schlechte Verlierer, sollten Eltern herausfinden, ob es tieferliegende Ursachen dafür gibt: Hat es ein zu geringes oder ein überhöhtes Selbstwertgefühl und kann deswegen schlecht mit Niederlagen umgehen? Ist das Kind keine Niederlagen gewöhnt, weil es im Alltag immer schnell seinen Willen durchsetzen kann? Überträgt es das Konkurrenzdenken mit der Schwester um die elterliche Zuneigung aufs Spiel?
Auch fürs Verlieren gilt daher: Übung macht den Meister. Je öfter Sie miteinander spielen, desto eher wird sich das Kind an das Gefühl des Verlierens gewöhnen. Tröstlich: Bei den meisten Kindern legt sich der Frust über das Verlieren mit zunehmendem Alter. Aber selbst unter den Erwachsenen gibt es noch die klassischen schlechten Verlierer, die ihrem Ärger laut Luft lassen. Bei einer Umfrage unter Erwachsenen (!) gab jeder vierte Befragte zu: Ich bin ein schlechter Verlierer.
Brettspiel oder Playstation?
Der Trend geht zum Digitalen – auch im Kinderzimmer. Werden Brettspiele also bald durch Apps und Playstation verdrängt? Eher unwahrscheinlich, sagen Experten. PC-Spiele und Spielekonsolen gibt es schon so lange, ohne dass weniger Gesellschaftsspiele verkauft wurden. Ganz im Gegenteil, der Markt mit Brettspielen wächst stetig, auch dank steigender Nachfrage aus dem Ausland. In vielen Ländern sind in Deutschland erdachte und entwickelte Spiele echte Exportschlager. Das ist übrigens auch ein Grund, warum viele Spiele Namen tragen, die man auch im Ausland versteht (Codenames, Isle of Skye, Imhotep, Karuba, Qwinto). Das äußerst erfolgreiche Spiel „Die Siedler von Catan“ heißt heute nur noch „Catan“. Um die Zukunft des Brettspielmarktes machen sich die großen Verlage wie Ravensburger, Schmidt, Kosmos oder Hasbro jedenfalls keine Sorgen. Die Zahlen geben ihnen Recht: Jährlich erscheinen hunderte neue Spiele, Tendenz steigend. Die Umsatzahlen für Brettspiele sind seit Jahren stabil mit etwa 400 Millionen Euro, sie machen am gesamten Spielwarenmarkt einen Anteil von 15-20 Prozent aus. Gespielt wird also immer und gerade Kinder wollen auch etwas zum Anfassen haben. Jugendliche ziehen tatsächlich das Spiel am Bildschirm dem vermeintlich uncoolen Brettspiel vor. Doch bereits als junge Erwachsene entdecken viele den Reiz des gemeinsamen Brettspiels wieder. Die Spieleentwickler und Verlage verschließen sich digitalen Trends aber keineswegs. Zum einen gibt es viele Brettspiele auch als App oder PC-Spiel. Zum anderen gibt es mittlerweile sogenannte Hybrid-Spiele, bei denen klassische Brettspiele mit elektronischen oder digitalen Elementen aufgepeppt werden, häufig sprechende Figuren, auch eine Kopplung mit dem Smartphone über eine eigene App ist machbar. Die Digitalisierung des Brettspiels kann, wenn sie gut gemacht ist, mehr Abwechslung bringen, weil je nach Mechanismus jede Spielrunde anders verläuft. Beispiele für erfolgreiche Kinderspiele mit elektronischem Anteil: „Schnappt Hubi!“ und „Wer war`s?“