Jetzt wird es heiß!

Datum: Dienstag, 07. Juli 2020 15:25


„Sonnenbrand bei Kindern ist extrem gefährlich“

Interview mit dem Hautarzt Dr. Gerd Kautz vom Berufsverband der Deutschen Dermatologen über den richtigen Sonnenschutz für Kinderhaut.

Braucht Kinderhaut einen anderen Sonnenschutz als erwachsene Haut?

Ja, unbedingt! Die Pigmentzellen der Haut von Kindern sind noch nicht voll entwickelt. Das hauteigene Schutzsystem muss sich im Lauf der Kindheit erst aufbauen. Deswegen ist es so wichtig, Kinder vor übermäßiger Sonneneinstrahlung zu schützen. Das ist durchaus möglich. Meine beiden mittlerweile erwachsenen Söhne beispielsweise hatten noch nie in ihrem Leben einen Sonnenbrand.

Wie schützen Eltern die Haut ihrer Kinder am besten?

Das gelingt, indem Familien ihren Tagesablauf anpassen und nie in der prallen Sonne baden gehen, sondern entweder vor 10 oder am späten Nachmittag. Die Zeit dazwischen sollte im Sommer für eine Siesta genutzt werden. Auch ein Sonnenschirm schützt nicht, da durch Sand und Wasser die Sonne reflektiert wird. Sehr wichtig ist zusätzlicher Sonnenschutz durch spezielle UV-Schutz-Kleidung, die auch im Wasser getragen werden kann und ein Sonnenhut. Bei der Sonnencreme sollten Eltern Lichtschutzfaktor 50 wählen.

Können Eltern und Kinder die gleiche Sonnencreme nutzen?

Bei Babys und kleinen Kindern würde ich tendenziell eher zu einem physikalischen Filter raten. Ab einem Alter von etwa fünf Jahren muss man da keinen Unterschied mehr machen. In den letzten Jahren hat sich die Qualität von Sonnenschutzcremes deutlich verbessert. Heute bekommt man auch für wenig Geld guten Sonnenschutz. Noch wichtiger ist ohnehin die UV-Schutz-Kleidung.
Laufe ich nicht Gefahr, dass mein Körper durch „zu viel“ Sonnenschutz zu wenig Vitamin-D bildet? Die Sorge ist unbegründet. Untersuchungen belegen, dass gesunde Menschen schon durch minimale Sonneneinstrahlung ausreichend Vitamin D produzieren – auch mit Sonnenschutz.

Wir haben es immer öfter mit einem „Hitzesommer“ zu tun – was heißt das für Familien?

Wir haben dieses Jahr bereits wieder deutlich mehr Sonnentage als üblich. Das lockt die Menschen natürlich nach draußen. Umso wichtiger ist es, die anfangs genannten Verhaltensregeln zu beachten. Sonst wird diese Entwicklung langfristig zu mehr Hautkrebs führen.

Wie haben sich denn die Zahlen in den letzten Jahren entwickelt?

Die Zahlen sind exponentiell angestiegen. Heute operieren wir in unserer Hautklinik 10 bis 15 Patienten pro Tag wegen Hautkrebs. Früher hatten wir in der Uniklinik so viele Patienten in einer Woche. Wir haben heute die Generationen auf dem OP-Tisch liegen, die sich vor Jahren regelrecht in der Sonne gegrillt haben.

Es gibt die Redewendung „Die Haut vergisst nie.“ Was heißt das aus dermatologischer Sicht?

Ich will das mal bildhaft erläutern: Jedes Mal, wenn wir an der Sonne sind, wird unsere DNA geschädigt, bestimmte Mechanismen aus einem großen Tank reparieren das. Aber irgendwann ist der Tank aufgebraucht. Je öfter ich in die Sonne gehe, desto eher passiert das – also vielleicht schon mit 30 oder 40 Jahren und nicht erst mit 80 Jahren. Man kann es auch mit einer Filmrolle vergleichen. Wird die einmal überbelichtet – eben durch einen Sonnenbrand – ist der Tank sehr schnell geleert. Deswegen müssen Sonnenbrände im Kindesalter unbedingt vermieden werden, sie sind extrem gefährlich.

Was mache ich, wenn es doch zu einem Sonnenbrand gekommen ist?

Zunächst einmal sollte man die Haut kühlen. Dafür eignen sich Hausmittel wie feuchte, kühle Handtücher oder Quarkwickel. Auch Creme, mit Aloe Vera oder Panthenol oder After Sun Lotion eignen sich gut. Ein sehr starker Sonnenbrand kann mit leicht cortisonhaltiger Creme versorgt werden, ggf. muss man einen Arzt aufsuchen, wenn die Haut beispielsweise Blasen wirft. Auf jeden Fall sollte man die Sonne meiden, bis der Sonnenbrand verheilt ist.