Das sichere Kinderzimmer
Jeden Tag verunglücken Kinder zu Hause: Säuglinge fallen von der Wickelkommode, Krabbelkinder ziehen am Kabel des Bügeleisens, Kleinkinder an der Tischdecke mit dem heißen Tee und Vorschulkinder testen neugierig, ob die Zirkelspitze vom großen Bruder in die Steckdose passt. Glücklicherweise enden die meisten Unfälle harmlos, einige wenige aber auch tödlich. So starben im Jahr 2019 immerhin 33 Kinder im Alter bis 4 Jahre durch Sturz, Ertrinken, Ersticken oder Vergiftung daheim. Auch wenn die meisten Familien von häuslichen Unfällen verschont bleiben, lohnt es sich bei der Einrichtung des Kinderzimmers – aber auch der restlichen Zimmer – auf eine kindersichere Ausstattung zu achten.
Im Säuglingsalter ist die häufigste Unfallursache der Sturz von der Wickelkommode oder vom Sofa bzw. Bett. Die Eltern sind einen kurzen Moment unaufmerksam, holen eine frische Windel, holen das klingelnde Handy – und genau dann dreht sich das Baby zur Seite und stürzt. Die beste Prävention gegen Sturzunfälle: Babys nie unbeaufsichtigt erhöht liegen lassen, sondern entweder immer eine Hand am Kind lassen oder das Kind auf einer Decke auf dem Fußboden wickeln. Übrigens: Auch ein Sturz in einer vermeintlich schützenden Autoschale ist gefährlich, daher Babywippe oder Autoschale nur auf dem Boden abstellen, nie auf einem Tisch oder Sofa.
Bei Säuglingen können Stürze aus dieser Höhe dramatische Folgen haben: Sie enden oft mit schweren Kopfverletzungen wie Gehirnerschütterung oder Schädelbruch. Der Gang zum Kinderarzt reicht dann nicht mehr, stattdessen heißt es: Krankenhaus. 3 von 100 Kindern unter einem Jahr müssen im Schnitt jedes Jahr wegen einer Verletzung ins Krankenhaus, bei den über 5-Jährigen sind es nur noch halb so viele.
Für die Einrichtung des Kinderzimmers heißt das: Am besten auf die Wickelkommode verzichten und auf dem Boden wickeln, dann kann sich direkt ans Wickeln noch eine Spiel- und Kuschelstunde anschließen. Wer dennoch nicht auf die Wickelkommode verzichten möchte, sollte folgende Dinge beachten:
Sicher wickeln
- Den Wickeltisch in einer Zimmerecke aufstellen.
- Möglichst Wickeltisch mit Fallschutz verwenden.
- Ein möglichst breiter Wickeltisch verringert das Risiko, dass das Kind herunterfällt, wenn es sich doch einmal dreht.
- Kein Regal über dem Wickeltisch befestigen, da Gegenstände von dort aufs Kind fallen könnten.
- Auf ein Mobile über dem Wickeltisch verzichten, damit sich das Kind nicht danach ausstreckt.
- Alle Wickelutensilien (Windeln, Feuchttücher, Waschlappen, Creme, Wechselsachen) griffbereit haben.
- Babypuder nicht in Kindsnähe abstellen, um Einatmen zu verhindern.
- Wenn doch etwas geholt werden muss, das Kind mitnehmen oder solange auf dem Boden auf einer Decke ablegen.
Da die meisten Familien den Wickeltisch nur eine relativ kurze Zeit benötigen, selbst wenn sie zwei Kinder haben, sollte man ernsthaft überlegen, ob man dieses Möbel überhaupt braucht. Wer den Komfort des Wickelns in dieser Höhe nicht missen möchte, sollte darauf achten, dass der Tisch oder die Kommode umbaubar ist und sich nach der Windelzeit anderweitig nutzen lässt.
Eine weitere Gefahr im ersten Lebensjahr ist das Ersticken: Wenn Babys im Schlaf keine Luft bekommen, japsen sie nicht nach Luft, sondern ersticken lautlos. Daher schläft das Baby am besten im eigenen Gitterbett neben dem Elternbett. Auf niedliche Decken, Kissen, Nestchen und große Kuscheltiere sollten Eltern in den ersten Lebensmonaten besser verzichten. Hier besteht die Gefahr, dass sich das Kind diese nachts über das Gesicht zieht. Ein Schlafsack reicht aus. Ebenso sind Bernsteinketten und lange Schnullerketten wegen der Strangulierungsgefahr tabu.
Je älter und mobiler das Kind wird, desto mehr potenzielle Risiken kommen hinzu. Ganz gleich ob krabbelnd oder laufend – die Kleinen wollen jetzt die Welt erkunden und das sind zunächst die eigenen vier Wände. Daher sollte all das nicht für Kleinkinder erreichbar sein, was ihnen gefährlich werden kann: giftige Zimmerpflanzen, Kosmetika und Reinigungsmittel, Medikamente, heiße Getränke, Speisen und Elektrogeräte wie Bügeleisen oder Wasserkocher. Gibt es eine Treppe im Haus, dann sollte diese zunächst mit einem Gitter gesichert werden. Ebenso wichtig: Mit dem Kind frühzeitig das richtige und sichere Treppengehen üben. Steckdosen sollten mit einer Kindersicherung ausgestattet werden.
Fenster- und Balkontürgriffe müssen entweder verschlossen oder für das Kind nicht erreichbar sein. Dafür gibt es eigens abschließbare Griffe. Hier spielt der im Vergleich zu Erwachsenen veränderte Körperschwerpunkt von Kleinkindern eine Rolle. Durch den relativ großen Kopf fallen sie schneller kopfüber, wenn sie sich zu weit aus dem Fenster oder dem Bett lehnen. Das heißt auch: Ein Hochbett erst ab etwa sechs Jahren. Nutzen es jüngere Kinder, dann nur unter Aufsicht Erwachsener.
Da Kinder recht schnell das Klettern für sich entdecken und alles erklimmen, was für sie erreichbar ist, gilt es, Regale und Schränke in der Wohnung an der Wand zu befestigen. Tabu fürs Kinderzimmer ist ein Hochstuhl. Der sollte nur zu den Mahlzeiten unter Aufsicht der Eltern genutzt werden, da mobile Kinder gern allein aus ihm auszusteigen versuchen und dabei stürzen können.
Gänzlich ungeeignet sind Lauflernhilfen. Sicherheitsexperten und Ärzte warnen immer wieder vor deren Anschaffung. Kleine Kinder, die noch nicht oder gerade erst laufen können, sind dort sehr schnell unterwegs. Stürze an Teppichkanten, Treppen, Wänden und Türschwellen sind vorprogrammiert. Stürzt das Kind mit dem Gerät, kann es sich zudem einklemmen oder quetschen und nicht selbst befreien. Lauflernhilfen gelten daher als das gefährlichste „Verwahrgerät“ für Kleinkinder und Babys.
Aber einen hundertprozentigen Schutz vor Unfällen wird man nie erreichen – und das ist auch gar nicht wünschenswert. Kinder wollen nicht in Watte gepackt werden, Beulen und Schrammen gehören zu jeder Kindheit. Was Eltern aber sehr wohl leisten können und sollten: Kinder vor schweren Verletzungen schützen. Dabei gilt der Grundsatz: Zutrauen statt Überbehüten.
Sie schützen Ihre Kinder auch, indem Sie ihnen behutsam den richtigen Umgang mit Gefahrenquellen beibringen. Machen Sie früh auf mögliche Gefahrenstellen im Haus aufmerksam – hier gilt: Wiederholung prägt ein. Erklären Sie immer wieder: Beim Treppensteigen am Geländer festhalten. Klemm dir nicht die Finger ein, wenn du den Schrank zumachst. Der Herd ist heiß.
Sicheres Licht
Auch bei der Beleuchtung des Kinderzimmers sind einige Sicherheitsaspekte zu beachten: Kabel sollten für Kinder nicht erreichbar sein. Auch heiße Leuchten sollten nicht in Reichweite der Kinderhände sein. Wenn sie diese mit Tüchern oder dergleichen abdecken, kann es im schlimmsten Fall zu einem Brand kommen. Aufgrund der empfindlichen Augen von Kindern ist direktes, blendendes Licht in Kinderzimmern nicht zu empfehlen. Stattdessen sind indirektes Licht und verkleidete Lampen sinnvoll. Lampen und Lampenschirme aus Glas sind wegen der Bruchgefahr im Kinderzimmer tabu.
Sicheres Spielzeug
Spielzeug wird gerade in den ersten Lebensjahren gern in den Mund genommen. Daher sollte es möglichst wenig Schadstoffe enthalten. Als Orientierung dienen entsprechende Gütesiegel und der Geruchssinn. Was intensiv nach Chemie riecht, gehört weder ins Kinderzimmer noch in einen anderen Raum der Wohnung. Generell sind Spielsachen aus unbehandelten Naturmaterialien wie Baumwolle oder Holz eher seltener mit Schadstoffen belastet als Bausteine aus Plastik oder Plüschtiere aus Polyester. Auch bei Knete, Stiften, Farben und Kleber sollten Eltern auf schadstoffarme oder noch besser schadstofffreie Produkte achten.
Spielzeug sollte altersgerecht sein. Das heißt insbesondere: Kleinteiliges Spielzeug gehört nicht in die Hände von Kindern unter drei Jahren. Wenn sie kleine Dinge verschlucken, können sie ersticken oder sich innerlich verletzen – beispielsweise bei Knopfbatterien oder scharfen Gegenständen. Generell sollte Spielzeug keine scharfen Kanten oder spitzen Ecken haben. Manchmal entstehen diese, wenn ein Stück abbricht. Dann gilt: entweder reparieren oder entsorgen.