Ist gendergerechte Sprache feministische Sprachdiktatur von oben oder natürlicher Sprachwandel von unten? Foto: Vagengeym_Elena, istock
Droht uns eine Sprachdiktatur?
Die Menschen reden, wie sie es wollen und lassen sich nichts vorschreiben. Im Umkehrschluss heißt das: Niemand muss Angst davor haben, zum „Gender-Sprech“ gezwungen zu werden. Wenn aber immer mehr Menschen das von sich aus freiwillig tun, dann wird es sich mit der Zeit durchsetzen. Dann wird eine Gewöhnung einsetzen und wir werden die Genderpause in Bürger:innen vielleicht ganz automatisch mitsprechen.
Als der Duden in seiner Online-Ausgabe viele Nomen um die weibliche Bezeichnung ergänzte, wurde ebenfalls wieder das Argument der Sprachdiktatur von ober hervorgeholt. Gerade beim Duden ist es umgekehrt. Die Redaktion nimmt neue Wörter oder auch Grammatikregeln immer erst dann auf, wenn sie in der gesprochenen und geschriebenen Praxis immer häufiger vorkommen. Ebenso verschwinden solche Wörter, die ohnehin kaum Jemand noch nutzt. Hier ein paar Beispiele: Erstmals neu aufgenommen wurden im Jahr 2020: Geisterspiel, Gendersternchen, Klimakrise, Wiesn. Gestrichen wurden: Bäckerjunge, Lehrmädchen, Niethose, Lehrpfennig. Die Regel, dass auf das Wort „wegen“ immer der Genitiv folgt, hat der Duden mittlerweile aufgeweicht. Da die meisten Menschen sich nämlich nicht daran halten, und „wegen dir“ oder „wegen dem Wetter“ statt „deinetwegen“ oder „wegen des Wetters“ sagen, wird umgangssprachlich auch der Dativ toleriert.
Die Auswahl, welche Wörter gestrichen oder neu aufgenommen werden, erfolgt nicht willkürlich oder nach persönlichen Vorlieben der Duden-Redaktion. Stattdessen wird vor jeder Neuauflage eine riesige Datenmenge aus unzähligen Texten analysiert und dann geschaut, welche Wörter wann das erste Mal genutzt wurden und wie häufig sie verwendet werden.