Titelthema :: Seite 28
Schreibschrift fordert das Gehirn
Als Argumente für die Schreibschrift werden oft
pädagogische Aspekte genannt. So fördere diese
in hohem Maße die Entwicklung der Kinder zur
Persönlichkeit. Wer die Schreibschrift abschafft,
gibt demnach nicht nur ein wertvolles Kulturgut
auf, sondern auch eines der wirksamsten Instru-
mente der Pädagogik. Durch die Schreibschrift
würden besonders auch motorische Fähigkeiten,
ästhetisches Bewusstsein und damit auch flüssiges
Denken erworben. Wer nur eine Druckschrift lernt,
schreibe in der Regel langsamer, wenig leserlich
und müsse sich stärker anstrengen. Schreibschrift
ist so gesehen eine Denkschrift. Die Form entsteht
im Kopf und die Hand setzt sie aufs Papier. Man
schreibt zuerst nach Vorlage, aber dann kommen
Schnelligkeit, Rhythmus und Material dazu, die das
Schriftbild verändern. Die ständige Rückkoppelung
zwischen Hand, Auge und Gehirn trainiert die Fein-
motorik. Unsere Finger, die tausende Tastkörper
und freie Nervenenden besitzen, sind am besten mit
dem Gehirn vernetzt. Darin gründet auch das „Be-
greifen“. Eine schlechte Schrift hemmt das Denken:
Wenn das Gehirn hauptsächlich damit beschäftigt
ist, die Wörter zusammenzusetzen, bleibt für den
Inhalt nicht mehr viel Energie. Je flüssiger jemand
schreiben kann, desto besser kann er auch denken.
Schreiben oder Tippen?
Während des Lesens sind genau die Hirnregionen
aktiv, die auch beim Schreiben per Hand aktiv
sind – die motorische Bewegung wird also im Hirn
gespeichert. Beim Tippen reduziert sich diese aller-
dings auf das gleichförmige Drücken einer Taste.
Neueste wissenschaftliche Untersuchungen belegen
einen Zusammenhang zwischen dem Schreiben und
dem Lesen lernen. Kinder ab vier Jahren, die mit der
Hand schreiben lernen, lernen demnach deutlich
Heute schreibe ich fast ausschließlich auf einer Tastatur. Angesichts meiner Handschrift ist das auch gut
so. Ich erinnere mich an einen Vorfall in der dritten Klasse. Damals schaute mir die Lehrerin beim Diktat
über die Schulter und fragte, wie lange ich denn schon so eine Sauklaue habe. Kurz danach stand ich vor
der Klassentür und durfte über mein Verhalten nachdenken. Ähnelte meine Schreibschrift etwa zu sehr
der Lateinischen Ausgangsschrift des Klassenfeindes? Vielleicht fand sie aber auch meine durchaus ehr-
liche Antwort: „Seit der dritten Klasse“ nicht sonderlich lustig. Schließlich war gerade sie seitdem unsere
neue Klassenlehrerin. Mein kurzfristiger Verweis aus dem Lernkollektiv wird wohl für immer ein Rätsel
bleiben, wie auch meine immer noch unleserliche Handschrift.
Erinnerungen des Autors
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