Interview :: Seite 41
Kinder auch eine ganz große Chance. Aber das
kann auch manchmal richtig brutal sein. Im Sinne
des Spruchs: „Wenn Kinder klein sind, gebt ihnen
Wurzeln. Wenn Sie groß sind, gebt ihnen Flügel“
wünsche ich mir, dass alle Eltern die Möglichkeit
haben, ihre Kinder als einen Spiegel ihrer selbst
zu erkennen. Nur dann können sie Hand in Hand
mit ihnen auch ihre eigene Kindheit noch einmal
versöhnend erleben. Wenn das passiert, kann man
erkennen, dass diese Kinder auch selbstständi-
ge Menschen sind, aber auch ein Teil von einem
selbst. So entsteht ein Gefühl von Respekt. Und
wenn man Kindern respektvoller entgegen treten
würde, dann würde sich vieles ändern. Das wäre
mein Wunsch.
Das ist ja schon ein Stück Altersweisheit, Herr Jö-
cker ...
Meine Kinder sagen eher Altersmilde. Aber
es ist tatsächlich so: Ich gehe auf die 60 zu und sehe
und fühle die Endlichkeit meines Lebens. Aber ich
verstehe auch immer mehr die Gesetze und die Zu-
sammenhänge meines Lebens, denn in meinem
Lebenszyklus konzentriert das Bewusstsein seine
Kräfte auf eine Innenschau. Ich merke das auch an
der Auswahl der Bücher oder Gespräche oder der
Menschen, die ich kenne. Ich lache auch gerne. Ich
entdecke die Magie der Freundlichkeit. Als junger
Mensch bin ich auch mal ein Heißsporn gewesen,
aber heute bin ich viel entspannter. Die letzten 10
bis 20 gesunden Jahre, die möchte ich in Frieden
mit mir und meinen Mitmenschen erleben.
Danke für das Interview
gewidmet. Dann wurde ich aber ausgerechnet von
SuperRTL angesprochen, der seinerseits nicht zu
meinen Lieblingskindersendern gehörte, ob ich
mir vorstellen könnte, neue Lieder zu schreiben,
mit denen Kinder jeden Morgen um 6:50(!) Uhr sin-
gend geweckt und mit viel Bewegung fröhlich in
den Tag geschickt werden. Das hat mir als pädago-
gisches Konzept gut gefallen – und daraus wurden
26 Lieder und ein absoluter Quotenhit, da haben in
Spitzenzeiten tatsächlich210 000 Eltern und Kinder
zugeschaut.
Hören sie privat trotzdem auch mal so richtig lau-
te Rockmusik?
Ja natürlich. Die Foo Fighters liebe
ich. Ich liebe im Grunde jede Musik, die groovt. Ich
bin ein großer Fan von Toto und bin ganz früher
mit den Beatles groß geworden. Als Musiker hab
ich ja auch mal Theatermusik gespielt, Geigen-
musik, vor allem Bach und Vivaldi, finde ich auch
sehr schön. Es sind also ganz unterschiedliche Mu-
sikrichtungen – aber gut gespielte Rockmusik ge-
hört in jedem Fall auch dazu.
Sie sind ja derzeit wieder auf Tamusiland-Tour.
Was denken sie denn, wie lange sie noch so un-
beschwert mit den Kleinen toben und tanzen kön-
nen?
So lange mir das Freude macht und dem Pu-
blikum auch. Das klingt vielleicht abgedroschen,
aber es ist so. Manchmal werde ich auch gefragt,
wie oft ich schon „1,2,3 im Sauseschritt“ gesun-
gen habe, da steckt im Grunde die gleiche Frage
dahinter. Auf der aktuellen Tour haben wir knapp
100 Veranstaltungen in ca. 60 Städten – und trotz-
dem ist es jedes Mal anders. Ich singe zwar die Me-
lodie, aber ich variiere das Lied. Solange ich noch
aus dieser Quelle der Inspiration schöpfen und das
auch transportieren kann, gibt es für mich keinen
Grund, nicht auf der Bühne zu stehen.
Wenn sie für unsere Kinder ganz allgemein 3 Wün-
sche frei hätten, was würden Sie für sie verändern?
Wieso 3 Wünsche? Mir fällt da nur ein Wunsch
ein, der aber 3 Sachen beinhaltet. Ich erlebe oft,
das Eltern überfordert sind, mit einem Kind ändert
sich ja auch ganz viel. Da erkennen gerade junge
Eltern ihre Grenzen oder auch ihre Fähigkeiten,
liebesfähig zu sein. Ich bin davon überzeugt, dass
wir auf dieser Welt leben, um zu lieben. Da sind
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www.menschenkinder.de
Detlev Jöcker und seine vier „Jungs“
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