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Kolumne :: Seite 62
lausitzDADDY
Innenansichten eines verzweifelten Vaters
einmal ernsthaft erkrankt war. In der örtlichen Shirt-
druckerei ließ ich mir T-Shirts mit den Aufdrucken
„Mr. Dauergesund“, „Antivirenman“ und als klares
Zeichen meiner Unsterblichkeit mit „Daddy Wolveri-
ne“ anfertigen. Ich vertilgte Vitamine wie sonst meine
geliebten Kekse und mied Ostdeutschlands größtes
Bazillenbad im Cottbuser Karnevalsumzug sowie an-
dere Menschenansammlungen mit närrischen Nies-
nasen. Alles machte ich richtig, bis der Tod in mein
Leben trat. Es war am Samstagvormittag, als ich den
Familieneinkauf übernahm und allein in den Super-
markt düste. Wie immer überforderte mich die Odys-
see durch ein Labyrinth, das sich nur der weiblichen
Intuition erschließt. Durchschwitzt aber glücklich
packte ich die Ware schließlich an der Kasse aufs
Band. Und dann sah ich SIE vorn hinter der Kasse
sitzen. Eine verschnupfte und hustende Kassiererin
mit tiefen, schwarzen Augenringen. Ich wollte so-
fort einpacken und die Kasse wechseln, aber hinter
mir hatten schon mürrische Rentner eingeparkt. Die
motzten bereits, weil ich vergessen hatte, diesen Plas-
te-Trennklotz aufs Band zu packen. Ichwar Miss Trief-
nase ausgeliefert. Dann sah ich ihren Nachnamen auf
dem Schildchen, Frau Tod. Nur 45 Menschen tragen
in Deutschland diesen Namen, ich habe recherchiert.
Und ausgerechnet hinter meiner Kasse sitzt der Tod.
Meine letzte Hoffnung galt der halbvollen Packung
Desinfektionstücher in meiner Jackentasche. Als der
Tod die Waren durchzog, wischte ich wie ein Beses-
sener alles mit den Tüchern nach. Ich sah den Sieg
vor Augen und bezahlte schon, als ich bemerkte, dass
Miss Tod in ihrer Benommenheit meine geliebte To-
blerone mit so einem Trennklotz verwechselt und in
die Schiene neben das Warenband platziert hatte. Ich
sagte ihr das leider – und mit einem kräftigen Niesen
drückte sie mir die Packung direkt in die Hand. Der
Gipfel des Genusses wurde für mich zumVirenberg.
Jetzt liege ich mit dicker Nase, Halsschmerzen und
Fieber imBett. Die Kids besuchen mich Todgeweihten
regelmäßig und bereiten sich nun mit Zombie-Papa
wieder spielerisch auf die Zeit „danach“ vor. Meine
Kleine ging gestern als Skelett zur Faschingsparty und
als wir gemeinsam „The Addams Family“ schauten,
sah sie mich zuversichtlich an: „Siehst du Papa, die
haben das auch geschafft!“. In diesem Sinne: hoffent-
lich bis zum nächsten Mal.
Euer lausitzDADDY
Wie in jedem Jahr haben wir auch in diesem
Winter den Familienkampf mit der Grippewelle
aufgenommen. Meine bessere Hälfte hatte schon zum
Jahresbeginn die Wohnung hochgerüstet: Sagrotan-
Seifenspender mit vollautomatischer Lichtschranke
hier, Desinfektionsmittel da, Feuchtigskeitstücher
zur Reinigung von Türgriffen, Einkaufswagengriff-
stangen oder Tastaturen in allen Jackentaschen so-
wie beständige Appelle zum Händewaschen und
entsprechende Klebezettel an allen Nassbereichen.
Fiese Viren hatten bei uns keine Chance. Bereits im
vergangenen Herbst fand der obligatorische familiäre
Impftermin statt, den ich aber wegen eines kurzfris-
tigen Geschäftstermins nicht schaffte. Dann habe ich
das immer wieder verschoben und irgendwann war
das Jahr vorbei. Ausgerechnet ich, der immer auf die
impfmüden Strickmuttis schimpft. Na ja, immer wenn
das Gespräch in den folgenden Wochen auf meinen
versäumten Impftermin kam, sahen meine Kids mich
ganz besorgt an. Ganz so wie sie im Fernsehen bei ei-
ner Tiersendung schauen, kurz bevor das unrettbare
Meerschweinchen oder das Hündchen eingeschläfert
werden muss. Nach Übereinkunft der Kids standen
Daddys Chancen zum Beginn dieses Jahres schlecht,
diesen Winter heil zu überstehen. Besonders, als sich
dann im Januar die ersten Grippefälle häuften. Zwei-
mal erwischte ich sie beim Spiel mit Playmobilfigu-
ren, in dem die etwas demolierte Figur mit fehlendem
Arm und ohne Plastehaaraufsatz als „Zombie-Papa“
die Hauptrolle spielte. Immerhin: es gab für mich
scheinbar auch eine Zeit nach der Grippe.
Jedenfalls wurde ich daraufhin nicht müde, auf meine
unverwüstliche Gesundheit zu verweisen. Ich wusste
gar nicht, wann ich in den letzten Jahren überhaupt
Noch nicht genug gelacht?
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