Seite 28 - lausebande_09-2013

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Titelthema :: Seite 28
mit Geld zu tun, das die Länder nicht mehr ausge-
ben wollen oder können und vom Bund benötigen.
Ein Blick in die jüngere Geschichte beweist aber
auch hier, dass mehr Verantwortung beim Bund kei-
ne Lösung der Probleme des Bildungssystems be-
deuten muss. Was wir in den Neuen Bundesländern
gar nicht registriert haben: Bereits Mitte der 1960er
Jahre wurde im Westen schon einmal die Bildungs-
katastrophe ausgerufen. Miserable Ergebnisse in
einem internationalen Vergleich führten zu vielen
Umbrüchen im westdeutschen Bildungssystem.
Der Bund sicherte sich über Jahrzehnte deutlich
mehr Einfluss – und nach Verbesserungen mün-
dete die Kompetenzverschiebung dennoch in den
katastrophalen PISA-Ergebnissen des Jahres 2000.
Erst im Jahr 2006 hat sich der Bund wieder klar aus
der Bildungspolitik der Länder zurückgezogen.
Wer heute also eine Zuständigkeit des Bundes und
eine Einheitlichkeit als Lösung für die Probleme in
unserem Bildungssystem fordert, der ignoriert re-
alistische und tatsächlichen Anforderungen und
Gegebenheiten.
und zu profitieren. Genau eine solche Transparenz
würde aber dazu führen, dass sich der Föderalismus
mit seinen dezentralen Strukturen und einem mög-
lichen Wettbewerb der Systeme als großer Vorteil
gestaltet. Stattdessen einigt man sich momentan
unter den Bundesländern auf Minimalstandards,
die alle mittragen – mit diesem Konsensprinzip
bestimmt immer der Langsamste das gemeinsame
Tempo. Das Kompetenzgerangel in der föderalen
Struktur verhindert auch viele Entwicklungen: In
den 16 Bundesländern werden 24 verschiedene
Tests zur Beurteilung der Sprachfähigkeit von Kin-
dern zur Einschulung eingesetzt, Grundschulzeiten
unterscheiden sich, Kriterien für Notengebung,
Unterrichtsinhalte – es geht soweit, dass ein Abitur-
kandidat in einem Bundesland zu den Besten gehö-
ren und in einem anderen nicht einmal zur Prüfung
zugelassen werden kann. Da die Bundesländer zu
sehr aneinander vorbei arbeiten, werden die Chan-
cen des föderalen Systems nicht genutzt, ein Vonei-
nanderlernen findet kaum statt.
Andererseits wünschen sich heute viele Akteure
im Bildungssystem, das schließt sicher auch das
Brandenburger Bildungsministerium ein, mehr Bil-
dungskompetenzen beim Bund. Das hat auch viel
In Deutschland beginnen jedes Jahr ca. 150 000
Jugendliche ihr Erwerbsleben ohne berufliche
Ausbildung oder Abitur. Gelänge es, diese Zahl
zu halbieren, würde der Staat pro Jahrgang ca.
1,5 Milliarden Euro an Folgekosten (entgangene
Lohnsteuern und Sozialversicherungsbeiträge
sowie Sozialleistungen und Arbeitslosengeld)
einsparen. Davon entfallen schätzungsweise 40
Prozent auf den Bund, 30 Prozent auf die Bundes-
länder und jeweils etwa 15 Prozent auf die Kom-
munen und die Bundesagentur für Arbeit.
Quelle: Schätzung Bertelsmann Stiftung
Folgekosten unzureichender Bildung als Summe
des bis zum jeweiligen Jahr entgangenen Brutto-
inlandsprodukt (BIP). Verglichen wird der heutige
Bildungsstand mit einem Szenario, bei dem die
Zahl der Risikoschüler bis 2020 um 90 Prozent re-
duziert wird.
Quelle: Berechnung Bertelsmann Stiftung
Folgekosten unzureichender Bildung
durch entgangenes Wirtschaftswachstum
Zuordnung der Folgekosten unzureichender
Bildung bei öffentlichen Haushalten auf die
föderalen Ebenen