„Im Sinne des Kindes“

Datum: Dienstag, 04. November 2014 09:22


Neue Partner für ein oder beide Elternteile sind oft Gründe, getrennte Wege zu gehen. Was sollte dann im Umgang mit den Kindern beachtet werden?

Neue Partner/innen sollten sich hüten, vorschnell eine Elternrolle einzunehmen. Natürlich übernehmen sie im Alltag eine gewisse Verantwortung und Versorgung, aber am Anfang sollte die Rolle der Freundin/des Freundes des Elternteils im Vordergrund stehen. Hier sollte eine längere Übergangszeit eingehalten werden. Nicht immer entsteht eine tiefe Beziehung zwischen Stiefelternteil und Kind. Wichtig ist vor allem, dass beide leiblichen Eltern weiterhin wertgeschätzt werden, egal was passiert ist. Neu hinzukommende Geschwister sind ein weiterer Aspekt. Oft ist das Geschwisterverhältnis kompliziert. Denn Geschwister haben ja generell ein sehr zwiespältiges Verhältnis zueinander. Man sollte seinen Kindern dann sagen, dass sie durchaus eine gewisse Distanz haben können, sie haben sich ja schließlich nicht ausgesucht. Die Erwartungen sollten nicht zu hoch gehängt werden. Nicht jede neue Beziehung ist gleich eine neue Familie. Auch das Kind trauert für sich nach einer Trennung. Trauer ist aber keine Krankheit und sie braucht Zeit. Glücklicherweise bleibt nur ein kleiner Teil der Kinder in diesem Trauerprozess stecken. Plötzliches Wiedereinnässen zum Beispiel oder große Leistungsabfälle in der Schule sind Zeichen dafür, dass das Kind Unterstützung braucht.

Welche Rolle spielen Freunde und Verwandte, aber auch Lehrer im Trennungsprozess?
Eltern müssen hier Verantwortung übernehmen. Bestimmte Personen wie nahe Verwandte, Klassenlehrer oder die Bezugserzieherin der Kita sollten die Eltern persönlich informieren, am besten gemeinsam. Mit dem Kind kann auch darüber gesprochen werden, wen das Kind selbst informieren will und wen vielleicht nicht. Verantwortungsübernahme der Eltern, aber auch Partizipation des Kindes sind hier wichtig. Bei Gesprächen mit der Klassenlehrerin über zukünftige Regelungen, zum Beispiel den Elternsprechtag betreffend, ist es völlig in Ordnung, wenn das Kind mit dabei ist und es merkt, dass die Lehrerin informiert ist und Verständnis zeigt.

Wie sollten Eltern sich in Erziehungsfragen nach einer Trennung verhalten?
Kinder können durchaus unterscheiden, was sie bei dem einen Elternteil  dürfen und was bei dem anderen. Eltern müssen sich in grundlegenden Fragen wie zum Beispiel bei der Auswahl der Schule einigen, nicht jedoch in sämtlichen Alltagsfragen. Wichtig ist natürlich, dass auch beide Elternteile ein Interesse hieran zeigen, insbesondere in Bezug auf Schule und Lernen. Ein Grundvertrauen in die Erziehungsfähigkeit des anderen sollte jedoch gegeben sein.
Eltern können weitgehend selbst entscheiden, was Erziehungsentscheidungen im Alltag angeht. Es muss nicht immer ein Konsens bestehen. Unterschiede können durchaus bereichernd sein, auch wenn dies für Eltern manchmal nicht ganz einfach ist.
Elternteile, die ihr Kind nur in der 14-Tages Regel oder seltener sehen, wollen es ihrem Kind oft besonders schön machen. Der hauptbetreuende Elternteil ärgert sich dann häufig, da die Alltagsprobleme an ihm hängen bleiben. Hier spielt teilweise ein Stück Hilflosigkeit eine Rolle, dennoch sollte darauf geachtet werden, nicht nur von Highlight zu Highlight zu rennen.Manchmal ist es für das Kind besonders schön, einfach mit einem Elternteil zusammen sein.
Kinder wissen durchaus zu unterscheiden, dass der Kinobesuch oder der Fastfoodabstechernicht das ganze Leben sind, sie schätzen auch die Alltagssituationen. Aus Kindessicht haben „Goldeselpapas“ auf Dauer meist nicht die besten Chancen. Eltern brauchen sich nicht so verrückt machen, da das Kind eben unterscheiden und bewerten kann.“

Wie problematisch ist das Verbünden gegen ein Elternteil?
Bei Loyalitätskonflikten wird das Kinder zum Opfer des Elternstreits. Wenn sich Eltern über das Kind bekriegen, haben Kinder keine Chance den Konflikt zu lösen, sondern können damit nur irgendwie umgehen. Zumeist gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder reden sie bei den jeweiligen Elternteilen jeweils nach deren Mund, was negative psychosomatische Auswirkungen haben kann. Oder aber sie schlagen sich auf eine Seite und wollen den anderen Elternteil nicht mehr sehen. Da bringt es dann auch nichts, den Kontakt erzwingen zu wollen. Der Wille des Kindes sollte respektiert werden. Alles andere wäre noch problematischer. Erzwungene Kontakte verschärfen die Situation nur noch weiter. Es ist schrecklich für das Elternteil welches von einer Entfremdung betroffen ist, aber hier sollte man im Sinne des Kindeswohls loslassen. Es zeigt sich, dass viele Kinder nach einer gewissen Zeit wieder Kontakt aufnehmen. Die Ursache der Entfremdung des Kindes liegt im Konflikt der Eltern und diese sollten alles tun, ihre Elternrolle weiter wahrzunehmen und persönliche Empfindungen hinten an zu stellen.

Sind Scheidungskinder die großen Verlierer?
Nein, die meisten Kinder und übrigens auch die Eltern kommen nach einer gewissen Übergangszeit gut mit der Situation klar und leben glücklich weiter. Es gibt Erleichterungen zur vorherigen Situation und der Prozess kann sogar eine Stärkung des Kindes hervorbringen. Generell kann man guten Gewissens sagen, das die meisten Kinder keine nachhaltigen negativen Folgen zeigen. Für diejenigen, die dauerhaft Probleme haben, gibt es Beratungsstellen oder auch therapeutische Hilfen, die auch ohne falsche Scheu in Anspruch genommen werden sollten.