Vom Umgang mit kleinen Kostverächtern
Denn früher oder später fällt der Satz, den viele Eltern kennen und verfluchen: „Das will ich nicht essen.“ Es gibt Phasen, da wollen die Kinder nur Nudeln („aber ohne Soße“), Grünzeug wird auch gern vom Teller geschoben, dafür der Nachtisch gern dem Hauptgericht vorgezogen. Solche Phasen lassen sich nicht verhindern, aber ein Stück weit verkürzen und abschwächen. Um Kinder an Neues und Ungeliebtes zu gewöhnen, gilt: Vorbild sein und immer wieder anbieten – allerdings ohne Druck. Wenn der Junior sieht, dass seine Eltern und Geschwister immer wieder Paprika essen und diese ihnen offenbar wirklich schmeckt, wird er auch mal zugreifen.
Prinzipiell kann und sollte man Kindern alle Lebensmittel anbieten, die man selbst auch isst. Ausnahmen sind neben Alkohol scharfe Gewürze sowie rohe Eier, Fisch und Fleisch für Kleinkinder. Für sie ist wegen des noch nicht fertig ausgereiften Immunsystems eine Salmonellen-Erkrankung gefährlich. Scharfe und intensive Gewürze überfordern ganz kleine Kinder noch, bei größeren sollte man sie zunächst zurückhaltend verwenden, mit der Zeit aber durchaus das Spektrum erweitern. Alternativ bzw. ergänzend bieten sich Kräuter als Gewürze an.
Ansonsten sollte das Essensangebot möglichst vielfältig sein. Das heißt, es können zu den Kartoffeln ruhig zwei oder drei Gemüsesorten serviert werden, eine wird schon den Geschmack des Juniors treffen. Der Familienspeiseplan sollte zudem über einen längeren Zeitraum variieren. Jeden Samstag Nudeln mit Tomatensoße und jeden Sonntag Braten mit Rotkraut, das wäre auf Dauer zu einseitig. Dabei kann man sich am Saisonkalender für Obst und Gemüse orientieren und immer wieder neue Rezepte ausprobieren. So gibt es im Winter vielleicht viele Kohlgerichte, im Sommer häufiger frischen Salat und im Herbst Kürbissuppe und -kuchen.
Tipps für Mäkel-Phasen
- Seien Sie Vorbild. Essen Sie selbst vielfältig und gesund. Probieren Sie immer wieder verschiedene Lebensmittel aus.
- Beteiligen Sie die Kinder. Was die Kleinen selbst zubereitet haben, vielleicht sogar im Garten mit ausgesät haben, werden sie eher probieren, als das was man ihnen fertig zubereitet vor die Nase setzt. Ebenso das, was sie sich selbst auf den Teller auftun durften. Lassen Sie gelegentlich auch mitentscheiden, was auf den Tisch kommt.
- Vermeiden Sie Snacks. Zu viele Zwischenmahlzeiten und zu häufiges Naschen sind kontraproduktiv. Hungrige Kinder sind eher bereit, die angebotenen Speisen zu probieren.
- Lassen Sie die Wahl. Bieten Sie möglichst viele Speisen an und lassen die Kinder selbst auswählen, was sie sich auf den Teller tun.
- Bieten Sie Alternativen an: Vielleicht schmeckt die Paprika gekocht besser als roh oder das Mischbrot besser als Roggenbrot.
- Tricksen Sie. Wenn das alles nicht funktioniert, kann man durchaus versuchen, den Kindern das ungeliebte Gemüse über Umwege schmackhaft zu machen. So lässt sich Gemüse im Auflauf oder püriert in Soße, Suppe oder Kartoffelbrei „verstecken“. Wenn das Kind Möhren mag, bieten Sie beim nächsten Mal Möhren-Rote-Beete-Salat an oder Möhren-Zucchini-Auflauf.
- Haben Sie Geduld. Bieten Sie ungeliebte Lebensmittel immer mal wieder an. In manchen Phasen wird all das nicht helfen. Dann heißt es: warten. Zwingen Sie Ihr Kind nicht. Früher oder später wird das Kind auch wieder Soße zu den Nudeln wollen.
Einige Vorlieben sind uns angeboren: Wir haben eine natürliche Präferenz für Süßes und für Fleisch und Fett. An die Geschmacksrichtungen sauer und salzig müssen wir uns in den ersten Lebensjahren erst gewöhnen. Bittere Lebensmittel lehnen Kinder lange ab, der Körper verbindet damit Gefahr, da bittere Pflanzen oft giftig sind. Wer Kinder an bitteren Chicoree oder Rosenkohl gewöhnen will, braucht Geduld und Geschick.
Süßigkeiten
So wie der Rosenkohl nur mit Mühe in den Kindermund finden wird, so leicht haben es Schokolade und Gummibärchen. Die Lebensmittelindustrie investiert Milliarden-Beträge in Kinder-Werbung. Das erschwert es den Eltern natürlich, für gesunde Lebensmittel auf dem familiären Esstisch zu werben. Vom ersten Kind kann man Süßes noch recht lange fernhalten, bis die Kita, Freunde und Verwandte kommen, die dem Kind mit viel Süßigkeiten viel Freude bereiten wollen. Spätestens beim zweiten Kind müssen die guten Vorsätze der Süßigkeiten-freien Ernährung allzu schnell über Bord geworfen werden.
Süßigkeiten komplett verbieten funktioniert nicht. Da sind sich Experten einig. Das lässt sich kaum umsetzen und macht sie nur noch reizvoller. Schokolade und Co. sind nicht per se schlecht, die Menge macht es. Daher gilt: Ab und zu eine Süßigkeit ist in Ordnung. Empfohlen wird eine Portion am Tag. Als Richtwert dienen 50 Gramm bzw. 150 kcal pro Tag.
Schwer umsetzbar, aber immer wieder von Erziehungsexperten empfohlen: Süßigkeiten nicht als Belohnung oder Trostpflaster einsetzen. Wer bei Kummer immer wieder ein Gummibärchen bekommt, prägt sich das ein, was langfristig zu Kummerspeck führen kann. Wenn Süßes als Trostspender oder Belohnung dient oder nur zu besonderen Anlässen erlaubt wird, wie Familienfeiern oder der Eiscafé-Besuch zur Zeugnisausgabe, besteht die Gefahr, dass es aufgewertet wird.
Da es ohne Süßigkeiten also in der Regel früher oder später nicht gehen wird, müssen Regeln her, an die sich alle Familienmitglieder halten – also auch beide Elternteile. Stellen Sie die Regeln gemeinsam mit den Kindern auf, folgend einige Vorschläge.
Naschregeln
- Genascht wird nur am Tisch, nicht auf dem Spielplatz oder im Kinderzimmer.
- Es gibt nur nach den Hauptmahlzeiten/ nach einer Hauptmahlzeit etwas Süßes.
- Nach dem Naschen Zähne putzen.
- Wer darüber hinaus Süßes will, darf frisches oder getrocknetes Obst naschen.
Bitten Sie Omas und Opas, Tanten und Onkel, wenig Süßes zu schenken. An Geburtstagen, Ostern und Weihnachten werden sich die Schokoladenfiguren und Smartiespackungen dennoch anhäufen. Sammeln Sie diese in einer Dose und rationieren Sie – je nach Gesamtmenge – für die nächsten Tage bzw. Wochen.
Kindern ab etwa drei Jahren kann man erklären, warum zu viel Schokolade ungesund ist, dass sie die Zähne kaputt und den Bauch dick macht. Dann akzeptieren die Kinder vielleicht auch besser die Süßigkeiten-Rationierung. Ab der Vorschule oder Grundschule können sich Kinder ihre Süßigkeitenration für eine Woche selbst einteilen: Naschen sie alles an einem Tag oder verteilen sie es über sieben Tage, bleibt ihnen überlassen. Ähnlich wie beim Taschengeld, lernen sie so selbständig zu werden. Zum Portionieren kann man z.B. eine leere Eierpackung nehmen und diese entweder für zehn Tage füllen oder für eine Woche und drei Bonusfächer für besondere Situationen lassen.
Wer all diese Tipps beherzigt und täglich in Familie einübt, der kann auch guten Gewissens und ohne Sorge vor kleinen Katastrophen mit den Kindern ins Restaurant. Das ist für die Kleinen ein besonderes Erlebnis, was sie nicht jeden Tag haben. Worauf Eltern dabei achten sollten, steht im folgenden Experten-Interview.