Forderungen & Folgen der Selbstanzeige des Kitaträgers.
Ein Paukenschlag in der Brandenburger Kita-Landschaft: Die Fröbel-Gruppe zeigte sich im April selbst an. Der Kitaträger, der in sechs Senftenberger und elf Cottbuser Einrichtungen über 1.500 Kinder betreut, sieht sich nicht mehr in der Lage, den vorgegebenen Betreuungsschlüssel unter den aktuellen Bedingungen einzuhalten, in denen das Land Betreuungszeiten über 7,5 Stunden nicht entsprechend finanziert. Der Empfänger des Schreibens, das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport, prüft aktuell die Einrichtungen. Ein Statement der Bildungsministerin Britta Ernst gegenüber der Fröbel-Gruppe steht noch aus.
Laut dem öffentlichen Schreiben der Fröbel-Gruppe gehen die Folgen der momentanen Situation sogar noch weit über einen schlechten Betreuungsschlüssel hinaus: Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stoßen an ihre Grenzen, die regelmäßigen Überbelastungen führen zu einem hohen Krankenstand und einer Abwanderung der Fachkräfte in Einrichtungen mit besserem Personalschlüssel. In Folge dessen kündigte die Fröbel-Gruppe an, Betreuungsverhältnisse über 7,5 Stunden zukünftig nur noch bei entsprechender personeller Ausstattung zuzulassen. Eine Lösung für dieses Problem wäre, den laut Kita-Gesetz vorgeschriebenen Betreuungsstandard für bis zu zehn statt nur 7,5 Stunden umzusetzen, wie auch Fröbel-Geschäftsführer Stefan Spieker fordert. Dies könnte gleich im Zuge der notwendigen Änderung des Kitagesetzes für das beitragsfreie Vorschuljahr geschehen. Wir sprachen mit Stefan Spieker über Reaktionen anderer Träger zur Selbstanzeige und erfuhren, wie Eltern die Fröbel-Gruppe in ihren Forderungen unterstützen können.
Gab es Reaktionen anderer brandenb. Kitaträger?
Wir stehen mit den anderen Trägern in engem Austausch. Wir planen aktuell z.B. mit dem AWO-Bezirksverband und dem Paritätischen gemeinsame Aktionstage am 25. und 30. Mai 2018, um noch einmal für die 3. Betreuungszeitstufe (Betreuung über 8 Stunden) zu werben. Am 25. Mai werden wir brandenburgweit die Kitas nur für 7,5 Stunden öffnen – genau die Zeit, die vom Land und den Kommunen finanziert wird. Am 30. Mai planen wir zudem, gemeinsam vor den Landtag in Potsdam zu ziehen. Ein konsequenter Schritt wäre nun, dass sich auch andere Kitaträger selbst anzeigen.
Müssen Eltern mit Kindern in Fröbel-Kitas befürchten, dass der Fröbel-Gruppe die Betriebserlaubnis entzogen wird und sie eine neue Kita suchen müssen?
Das halten wir für unwahrscheinlich. Wenn das Ministerium wirklich entscheiden sollte, unsere Einrichtungen zu schließen, müsste es praktisch allen Kindertagesbetreuungseinrichtungen im Land Brandenburg die Betriebserlaubnis entziehen. Denn alle Träger, die mehr als die derzeit finanzierten 7,5 Betreuungsstunden anbieten, können den Personalschlüssel faktisch nicht einhalten. Der Entzug der Betriebserlaubnis kann also nicht der Weg sein – sondern eher, die Kitas endlich in die Lage zu versetzen, den Rechtsanspruch der Eltern auch bei längeren Betreuungszeiten angemessen qualitativ sicherzustellen.
Wie können Eltern die Fröbel-Gruppe in ihren Forderungen unterstützen?
Wir haben für die Eltern in unseren Kitas Postkarten vorbereitet, die sie direkt ans Ministerium schicken können. Darin fordern wir gemeinsam mit den Eltern das Recht auf gute Bildung und Betreuung ein. Viele Eltern haben diese Karten bereits unterschrieben und verschickt. Zusätzlich können sich die Eltern an ihre lokalen Landtagsabgeordneten wenden. Die Landesregierung will ja aktuell das bestehende Kitagesetz ändern und um die Elternbeitragsbefreiung für das letzte Kitajahr ergänzen. Im Zuge dessen muss auch der Paragraf 10 nachgebessert werden – dieser legt den erforderlichen Personalschlüssel fest. Ziel muss es sein, dass die Abgeordneten dann auch die Finanzierung des Personals für Betreuungszeiten bis zu zehn Stunden berücksichtigen.
Autor: Jonas Köhler