oder: warum Kanzlergattin Britta Ernst endlich zurücktreten sollte.
In den vergangenen zwei Jahren waren Kids und Eltern die klaren Verlierer. Foto: demarre, istock
Während der zwei Pandemiejahre waren es Eltern und ihre Kinder, denen das meiste abverlangt wurde. Corona stellte das Familienleben auf den Kopf. Isolation und Vereinsamung führte vor allem bei den Kleinen zu vermehrter Angst und Depression. Gleichzeitig litten Bildung und Lernerfolge unter dem Homeschooling. Für die Eltern führte die andauernde Doppelbelastung von Kinderbetreuung und Job wiederum zu Stress und dem zunehmenden Gefühl, den Anforderungen nur noch mit letzter Kraft gerecht zu werden.
Zahlreiche Studien belegen diese Belastung der Eltern und Kinder inzwischen ganz klar. Die Bundesregierung kündigte zuerst viel Hilfe für Familien und Kinder an, richtete ihren Fokus dann aber doch immer wieder anders aus: vor allem auf die Unterstützung der Wirtschaft. Hunderte Milliarden Euro flossen zur Coronazeit in die Überbrückungshilfen, um Unternehmen am Leben zu erhalten, in pandemiebedingtes Kurzarbeitergeld und weitere Wirtschaftshilfen. Die zusätzlichen Ausgaben für Kitas und Bildung seit 2020 sind hingegen ein kaum nennenswerter Bruchteil davon. 1,5 Milliarden Euro stehen durch Zusatzbausteine zum Digitalpakt zur Verfügung. Das Aktionsprogramm „Aufholen nach Corona“, um für Kinder im Homeschooling erlittene Defizite sowohl in der Schulbildung als auch in sozialen Kompetenzen auszugleichen, umfasst schlappe 70 Millionen Euro. Während die Wirtschaft weitestgehend mit einem blauen Auge davonkam und sich die Anzahl der Millionäre und Milliardäre und deren Vermögen auf der Welt und vor allem in Deutschland weiter erhöht haben, bleiben Familien und Kinder nachhaltig die klaren Verlierer der Pandemie.
Von Bildungsausgaben keine Spur
Kommt mit dem vorläufigen Ende von Corona nun das Ende der Leidenszeit? Leider nicht. Schon vor der Ukrainekrise stiegen die Energiepreise rasant an, was durch den Krieg nochmal deutlich verstärkt wurde. Check24 ermittelte die Mehrbelastung für einen Durchschnittshaushalt in Höhe von 80 Prozent im Vergleich zum April 2021. Leidtragende sind auch hier wiederum viel stärker Familien mit heranwachsenden Kindern, die stärker auf Energie angewiesen sind und im Haushalt auch mehr Energie verbrauchen als beispielsweise Kinderlose oder Seniorenpaare. Der Bund brachte hier immerhin ein Entlastungspaket auf den Weg, das Schätzungen zufolge 15 Milliarden Euro umfassen wird, aber wiederum auf alle Haushalte (selbst auf Millionäre) verteilt wurde. Ebenfalls im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg wurde im Eilverfahren die Finanzierung der Bundeswehr erhöht – zum einen per sogenanntem „Sondervermögen“ in Höhe von 100 Milliarden Euro – wobei kein Vermögen entsteht, sondern Schulden gemacht werden, die künftige Generationen abtragen müssen – zum anderen mit einer langfristigen Erhöhung des Budgets auf zwei Prozent des Bruttoinlandsproduktes (rund 20 Milliarden zusätzlich pro Jahr ab 2022, inzwischen werden sogar 50 Milliarden zusätzlich pro Jahr diskutiert). Den Dreiklang massiver zusätzlicher Geldausgaben komplettiert der Klimaschutz, für welchen Robert Habeck im März 2022 ankündigte, bis 2022 rund 200 Milliarden zusätzlich auszugeben, um unabhängiger von russischen Energieimporten zu werden. Nimmt man einmal alle Kosten zusammen, kann einem schwindlig werden. Die Kosten der Coronavirus-Pandemie sind dabei wohl am schwersten zu beziffern. Nimmt man hier auch die Beschaffung von Tests, Impfdosen, Masken etc. – allesamt für Maßnahmen, mit denen vor allem die vulnerablen, älteren Bevölkerungsgruppen geschützt werden sollten – zu den umfassenden Hilfen für die Wirtschaft hinzu, liegen die direkten bereits realisierten Kosten bzw. Schulden bei rund 500 Milliarden Euro. Die langfristigen Kosten der Pandemie werden inzwischen auf rund 1,5 Billionen Euro beziffert, gesteigert um 100 Milliarden für die Bundeswehr plus 20-50 Milliarden pro Jahr, 200 Milliarden für Klimaschutz – und all das bei vermindertem Wachstum und gar drohender Rezession und der großen Zukunftsfrage, ob sich unserer Lebensstil mit Blick auf den Klimawandel von Wachstum hin zu Verzicht ändern müsste.
Bei den Maßnahmen für Wirtschaft, Militär und Klimaschutz ist beeindruckend, wie schnell Politik über immense Milliardenbeträge entscheidet. Keine Rede ist seit Beginn der Legislaturperiode hingegen von der Bildung, von Kitas, von Sanierungsprogrammen für Schulen oder der notwendigen Akademisierung und Ausstattung für frühkindliche Bildung – also unser Kitawesen. Die Welt durchläuft viele Krisen – Corona, Krieg, Klima, auf die es Antworten braucht. Parallel steuert unser Land aber seit Jahren auf eine Bildungskrise zu, die sich nachhaltig noch schlimmer auswirken kann als die aktuellen Krisen. Denn alle globalen Probleme setzen voraus, dass künftige Generationen Lösungen entwickeln können, die die großen Probleme der Menschheit bewältigen. Die Voraussetzung dafür ist eine gute Bildung unserer Kinder. Jedes verpasste Schuljahr korrespondiert laut einer OECD-Studie mit 10% Minderung im Lebenserwerbseinkommen. Das bedeutet gleichzeitig, dass Bildungsdefizite nachhaltig die Wertschöpfung und Zukunftschancen eines Landes mindern. Dabei ist die Bildung unserer Kinder die Voraussetzung dafür, dass wir mit künftiger Wertschöpfung die aktuell gemachten Schulden zurückzahlen können – denn niemand anders als unsere Kinder muss die hunderten Milliarden erwirtschaften (und zudem die Renten der Zukunft, die nach unserem aktuellen System bereits heute fast ein Drittel und bereits 2040 die Hälfte des gesamten Bundeshaushalts betragen). Die aktuelle Bildungskrise wird also alle aktuellen und künftigen Krisen verstärken.
Vor diesem Hintergrund ist es vor allem im Land Brandenburg ein Vollkatastrophe, was Kanzlergattin und Brandenburgs Bildungsministerin Britta Ernst den Familien und Kindern zumutet. In den Schulen hat sich in zwei Jahren Pandemie nichts für die Sicherheit und zeitgemäße Bildung unserer Kinder verändert, nun wurde sogar die Kitarechtsreform verschoben. Wir bleiben Bildungsschlusslicht einer Nation, die ohnehin immer mehr zu den Bildungsverlierern im internationalen Kontext der entwickelten Industrieländer zählt. Eltern müssen sich im Interesse ihrer Kinder dringend besser organisieren und artikulieren, damit Politik mit Kita und Schule endlich in die Zukunft unserer Kinder investiert und ihnen die Chance gibt, einmal den gigantischen Schuldenberg abzutragen, mit dem wir heutige Probleme in die Zukunft verschieben. Ein erster Schritt könnte der Rücktritt von Britta Ernst sein und vor allem für uns Brandenburger eine Aufgabe des Föderalismus in der Bildung. Bis dahin sind es Aktivitäten wie die des Cottbuser Elternbeirats auf den folgenden Seiten, die dringend mehr Unterstützung seitens aller Eltern benötigen. Denn abseits von Pandemie und Krieg sind wir Eltern es unseren Kindern schuldig, dass sie bestmöglich auf ein Leben vorbereitet werden, dass leider nicht so sorglos wie die von uns erlebten und in vielen Bereichen verschlafenen letzten drei Jahrzehnte sein wird.