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… vom Elternbeirat Cottbus und der lausebande
Das Jahr 2022 geht zu Ende – ein wahrlich bewegendes Jahr, nicht nur im Hinblick auf Klima, Krieg und Corona, sondern auch in Sachen Kita und Schule. In mehreren Ausgaben berichteten wir über aktuelle Geschehnisse, kritisierten das Corona-Aufholprogramm, mahnten zur Kita-Rechtsreform an, blickten auf Folgen der Inflation für Kindertagesstätten und wiesen auf einen künftig noch größeren Fachkräftemangel in Bildungseinrichtungen hin. Doch es gibt für das Jahr 2023 auch Gründe, optimistisch zu sein. Zeit für einen Rückblick aus Elternsicht – zusammen mit Ralf Schneider, Vorsitzender vom Elternbeirat Cottbus:
Nach zwei kräftezehrenden Jahren bestand die Hoffnung und vor allem der große Wunsch, es könnte alles wieder etwas entspannter und lockerer werden. Leider muss man sagen, wir wurden enttäuscht.
Corona lässt uns leider immer noch nicht los und sorgt zusammen mit den „normalen“ Krankheitswellen immer wieder dafür, dass das ohnehin knappe Personal in den Einrichtungen noch knapper und die Betreuung der Kinder zu einer zum Teil enormen Herausforderung wird.
Wir sind dankbar für die sehr engagierten Erzieherinnen und Erzieher, sowie Einrichtungsleitungen im Land. Sie arbeiten bis an die Belastungsgrenze, damit es unseren Kindern an nichts fehlt, und sie fröhlich und unbeschwert und bestens auf das Leben vorbereitet ihre Zeit in den Einrichtungen verbringen können. Vielen Dank!
Seit Februar haben wir wieder Krieg in Europa. Das ist verheerend, unmenschlich und eine große Katastrophe für die Menschen in der Ukraine, ganz besonders für die Kinder. Doch auch für uns hat der Krieg Konsequenzen. Das Leben wird teurer und insgesamt schwieriger und keiner kann vorhersagen, was noch kommt. Wir mussten Wege finden, um unseren Kindern zu erklären, was da eigentlich passiert, ohne sie noch mehr zu ängstigen. Verheimlichen war auf Dauer auch keine echte Option. Irgendwann kommt alles raus, dann am besten von uns Eltern in einer Sprache, die unsere Kinder verstehen.
Das große, geplatzte Wahlversprechen
Am 30. März verkündete Bildungsministerin Britta Ernst das Ende der groß angekündigten und im Koalitionsvertrag der Brandenburger Landesregierung verankerten Reform des 30 Jahre alten Kindertagesstättengesetz – der Kita-Rechtsreform. Zu diesem Zeitpunkt war bereits viel Zeit seitens der Träger, Bediensteter des Landes und der Kommunen sowie ehrenamtlicher Elternvertreter und Organisationen in die Vorbereitung der so wichtigen Reform geflossen. Und ja, es hat auch schon eine Menge Geld gekostet, welches nun nutzlos im Brandenburger Sand zu versickern droht. Schon wieder.
Hintergrund dieser Entscheidung sei ein Schreiben des Landkreistages an das Ministerium, in welchem dieser den Ausstieg aus diesem wichtigen Reformvorhaben erklärt. Gründe für den Ausstieg seien fehlende Ressourcen aufgrund von Corona und der Folgen des menschenverachtenden Krieges in der Ukraine, sowie finanzielle Risiken für die Landkreise. Die fehlenden Ressourcen, also die chronische Unterbesetzung in den Ämtern und Behörden, sind jedoch nicht erst seit der Coronakrise bekannt und für jeden spürbar, sondern schon seit einigen Jahren. Was die Sorgen der finanziellen Risiken angeht, so war hinter vorgehaltener Hand zu hören, dass das Land in der Vergangenheit zu oft seinen finanziellen Zusagen nicht fristgerecht nachgekommen ist.
Leider kam es in der Folge lediglich zu gegenseitigen Schuldzuweisungen und nicht zu substanziellen Gesprächen. Es schien, als wollte man das Thema einfach schnell loswerden. Diese Rechnung ging jedoch nicht auf. Träger, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Organisationen und Eltern sorgten mit gemeinsamen Aktionen für die nötige Öffentlichkeit und Druck auf die Politik. Auch eine Petition mit bislang mehr als 10.000 Unterschriften wurde ins Leben gerufen. Der Elternbeirat Cottbus organisierte gemeinsam mit vielen Trägern und Mitarbeitenden in den Einrichtungen Unterschriftensammelaktionen. So wurden unter anderem Umzugskartons von Kindern bemalt und mit Forderungen beklebt und öffentlich wirksam zur Pyramide aufgebaut. Zurzeit sind die Kartons noch auf einer Rundreise in Cottbuser Einrichtungen und in Südbrandenburg.
Aufgrund des Drucks beschloss die Landesregierung im September, dass geprüft werden solle, einzelne Punkte der Reform doch noch umzusetzen. Auf einen bestimmten Zeitpunkt wollte man sich jedoch nicht festlegen. Alles in allem bleibt man sehr vage und es bleibt abzuwarten, was wann wirklich kommt. Der Elternbeirat Cottbus wird gemeinsam mit den anderen Kreis-Elternbeiräten sowie den Trägern jedoch nicht nachlassen und weiter für die so wichtige Reform kämpfen. Die Petition läuft noch bis zum 31. März 2023, zu finden unter www.kita-ist-viel-mehr.de.
Die größte Petition 2022
Im Sommer wurde dann öffentlich, dass der Bund nicht plant, das Bundesprogramm Sprach-Kitas „Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ weiter zu finanzieren. Das Bundesprogramm solle künftig finanziert durch das Kita-Qualitätsgesetz in die Verantwortung und Finanzierung der Länder übergehen. Das Kita-Qualitätsgesetz ist jedoch für den Zweck, ein Länderprogramm „Sprach-Kitas“ mitzufinanzieren, viel zu unterfinanziert. Des Weiteren gibt es dann auch keine bundeseinheitlichen qualitativen Richtlinien mehr, wie jene im Bundesprogramm.
Zur Unterstützung organisierte der Elternbeirat Cottbus am 19. Oktober ein buntes Familienfest am Familienhaus Cottbus gemeinsam mit den Trägern und Beschäftigten aus den Einrichtungen. Unter anderem gab es eine Postkartenaktion sowie Kinderschminken, Bastelangebote, Zuckerwatte, eine musikalische Einlage von Kindern des Kindermusicals, Helium befüllte Luftballons und Fachkräfte, welche an praktischen Beispielen erklärten, was das Bundesprogramm Sprach-Kitas in der Praxis bisher bewirkt hat.
Die Petition zur Rettung der Sprach-Kitas unterschrieben 277.882 Menschen, sie war damit 2022 die erfolgreichste Bundespetition. Nicht zuletzt auch aufgrund des großen Drucks hat der Bund beschlossen, das Bundesprogramm noch bis Sommer 2023 weiter zu finanzieren. Der Elternbeirat wird sich weiterhin für den Fortbestand und die Verstetigung der Sprach-Kitas einsetzen.
Die große Entlastung für 2023
Im November hat die Brandenburger Landesregierung ein Entlastungspaket für Familien angekündigt, immerhin 150.000 von rund 190.000 Kindern sollen ab 1. Januar 2023 von Beitragsfreiheit oder Beitragsdeckel profitieren. Ein Schritt in die richtige Richtung. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Brandenburger Landesregierung für das Jahr 2023 vornimmt, all ihre Zusagen auch mal einzuhalten. Wir brauchen keine weiteren Verschiebungen, Aufschübe oder Auf-Eis-Legungen. Wir wollen vorankommen, denn die Kinder sind die Zukunft und kein Punkt, um den Rotstift anzusetzen!
Ein weiteres großes Thema 2022 waren die weiter und stärker steigenden Preise für das Essen in den Einrichtungen. Auch hier wird der Elternbeirat Cottbus weiter dranbleiben und auf deutliche Verbesserungen drängen. Wir hoffen, dass, wenn das Land zu träge agiert, wir mit dem neuen Cottbuser Oberbürgermeister Tobias Schick einen Verbündeten im Kampf für ein bezahlbares und gesundes Mittagessen für alle Cottbuser Kinder gewinnen können. Es wäre so wichtig für die Kinder.
Wir wollen positiv in die Zukunft schauen, vieles muss und kann besser werden. Wir sind dazu bereit und werden weiter aktiv für die Cottbuser Kinder und Eltern da sein.
Für ein Neudenken des Kitasystems: #KitaIstVielMehr
Machen Sie mit: Noch bis zum 31. März 2023 kann jedermann diese Petition per digitaler Unterschrift unterstützen.
Der Aufruf fordert:
- … die Aufwertung der Kita als Bildungsort
und die entsprechende Ausstattung. - … die Aufwertung der Erzieher*innen und
Anerkennung ihrer Leistung. - … kostenfreien Zugang zu bester Bildung.
Im Zuge der ebenfalls geforderten Kitarechtsreform sollen die finanziellen und strukturellen Rahmenbedingungen geschaffen werden, um die Forderungen zu ermöglichen. Die Petition geht noch weiter und verlangt die Etablierung eines Ehrenkodexes, der die frühkindliche Bildung über alle Parteien hinweg als Kernaufgabe der Gesellschaft versteht.