Interview mit Schauspielerin Sophie Schütt
Sophie Schütt zählt zu den bekanntesten Gesichtern im deutschen Fernsehen. Aktuell begegnet Sieuns auf vielen Großflächenplakaten zu einer Kampagne gegen Alkohol in der Schwangerschaft. Wir sprachen mit der TV-Schönen, die gerade selbst schwanger ist und zum Ende dieses Jahres ihr zweites Kind erwartet:
Hallo Frau Schütt, Ihr Motiv zur Kampagne gegen Alkohol in der Schwangerschaft ist aktuell mehr denn je zu sehen, erahnen Sie einen Grund dafür?
Ich freue mich sehr, dass Sie diesem Thema Aufmerksamkeit schenken. Ich finde es nach wie vor notwendig, dass die Kampagne sichtbar ist und für Aufklärung sorgt.
Mit Ihrer aktuellen Schwangerschaft hat das nichts zu tun?
Von der Seite habe ich das noch gar nicht betrachtet. Es kann aber durchaus sein, dass man den Promi-Bonus für noch mehr Aufmerksamkeit nutzt …
Die Kampagne wurde im Mai 2012 gestartet und zählt heute zu den 10 wichtigsten Kampagnen Deutschlands, warum?
Sie ist so wichtig, weil sie viel weiter greift und nicht nur mit schwangeren Frauen zu tun hat. Es geht um unsere Zukunft, um künftige Generationen, um die Menschen, die heranwachsen. Wir wollen den kleinen Menschen die bestmögliche Gesundheit mitgeben. Das geht nur, wenn wir die Frauen besonders in der Schwangerschaft unterstützen – und da geht es bei weitem nicht nur um soziale Problemfälle. Schwangere kommen gerade bei gesellschaftlichen Ereignissen oft in Erklärungsnot. Da sagen andere: „Komm, heute kannst du ein Gläschen trinken“, gerade wenn dieser oder jener Erfolg gefeiert wird oder aus einem anderen Grund ein besonderer Tag ist. Als Schwangere muss man sich oft rechtfertigen, wenn man nichts trinkt und steht damit allein. Dabei ist es für viele so schon schwer genug, sich an der Saftschorle festzuhalten, wenn alle anderen anstoßen. Umso wichtiger finde ich eine Kampagne, die einen anderen Umgang unterstützt. Man sollte jeder Schwangeren gleicht die tolle Saftschorle anbieten – oder besser noch, in solchen gesellschaftlichen Runden mit schwangeren Frauen gänzlich auf Alkohol verzichten.
Gab es für Sie auch persönliche Gründe, der Kampagne Ihr Gesicht zu geben?
Ich versuche in den Dingen, für die ich mich einsetze, authentisch zu bleiben. Ich habe selbst auf vielen Ereignissen erfahren, dass Alkohol immer positiv und gesellschaftstauglich dargestellt wird. Wenn eine schwangere Frau strikt auf Alkohol verzichtet, wird sie in manchen Situationen als langweilig abgetan. Das finde ich tragisch. Es halten sich auch überkommene Weisheiten, nach denen ein oder zwei Gläser die Woche sogar hilfreich sein sollen. Dem will ich etwas entgegen setzen.
Wie gehen Sie damit um, wenn eine schwangere Frau in Ihrem Umfeld Alkohol konsumiert?
Ich bin noch nicht in diese Situation gekommen. Es ist schwer zu sagen, wie ich mich verhalten würde. Es steht mir nicht zu, über einen anderen Menschen zu richten. Aber ich würde mir den Mut wünschen, sie in einer solchen Situation anzusprechen, wenn auch ganz liebevoll. Sie kann es ja genießen, aber vielleicht schaut sie sich einmal die Homepage unserer Kampagne an. Das Thema ist den Frauen nicht egal und wenn sie sich falsch verhalten, hat das in der Regel immer mit Unwissenheit zu tun. Deshalb ist Aufklärung so wichtig. Für mich ist ebenso wichtig, dabei nett und lieb mit den Menschen umzugehen und nicht den Moralfinger zu heben.
Hat die Kampagne in den gut zwei Jahren auch eine messbare Veränderung erreicht?
Ja, ich habe zumindest das Gefühl. Ich werde oft persönlich auf die Kampagne angesprochen. Sie erreicht viele Frauen, die vorher dachten, ein Gläschen ist schon okay. Diese Frauen lernen dazu. Momentan lebe ich in Südafrika und sehe die Probleme hier. Durch Unwissenheit und schlechte Schulbildung kennen die Frauen die Auswirkungen von Alkohol in der Schwangerschaft noch viel weniger. Ich habe viele geschädigte Babys in Krankenhäusern gesehen. Das ist furchtbar.
Hat sich diese Erfahrung auch auf Ihre Arbeit als Schauspielerin ausgewirkt, wird da statt Feiersekt auch mal eine Schütt-Schorle gereicht?
Ja, absolut. Das ist eigentlich auch unabhängig von der Branche. Wenn es um berufliche Treffen geht, sind Getränke meist kostenfrei. Dann neigen Menschen dazu, das ein oder andere Glas mehr zu trinken. Ich finde es falsch, dass man Alkohol in beruflichen Zusammenhängen für selbstverständlich hält, denn bei solchen Treffen handelt es sich schließlich um Arbeitsveranstaltungen.
Sehen Sie es als Widerspruch, dass die Kampagne vom Premiumspirituosenhersteller Pernod Ricard finanziert wird?
Ganz im Gegenteil. Viele wischen das vielleicht mit dem Modewort „green washing“ weg. Dabei nehmen sie eine große Verantwortung wahr. Sie verkaufen Alkohol, machen aber klar, dass sie ihn nicht an Minderjährige verkaufen und auch Schwangere davor schützen wollen. Sie unterstützen eine Bewusstseinsveränderung, die heute immer mehr greift. Ich finde das sehr gut und unterstütze das gern.
Sie sind seit wenigen Wochen schwanger, verbieten Sie sich tatsächlich bis zum Ende dieser Zeit selbst das kleinste Gläschen Sekt?
Ja. Ich finde es auch leichter, komplett zu verzichten. Viele Studien zeigen, dass man nie sagen kann, welche Schäden wann in der Schwangerschaft durch wieviel Alkohol ausgelöst werden können. Deshalb wird auch dazu geraten, komplett darauf zu verzichten, denn schon geringe Mengen können Schäden anrichten. Viele Frauen können in der Schwangerschaft auch bestimmte Sachen nicht riechen, ich finde z.B. den Geruch von Wein gerade ganz widerlich. Da hilft einem auch die Natur. Was ich aber mache: ich trinke Saftschorlen und andere Getränke aus schönen Weingläsern. Man muss ja nicht immer aus Kindergläsern trinken, nur weil man keinen Alkohol trinkt.
Bei der Geburt Ihrer ersten Tochter hatten Sie die Erfahrung der Kampagne noch nicht, waren Sie damals trotzdem schon so konsequent?
Ja, genauso. Die ersten drei Monate war mir jeden Tag übel, das war diesmal nicht anders. Da konnte ich den Geruch von vielen Dingen nicht ertragen, und dazu zählte auch Alkohol. Mein Instinkt hat mir aber auch gesagt, es wegzulassen. Ich würde Alkohol nie in die Babyflasche tun, dann gehört es auch nicht in meinen Körper, wenn das kleine Leben darin heranwächst.
Nach der Geburt Ihres ersten Kindes, sozusagen auf dem Höhepunkt Ihrer TV-Karriere, haben Sie eine lange Drehpause eingelegt. Wie schwer fällt so ein zeitweiliger Abschied von der großen Bühne?
Das war extrem einfach! Ich liebe meinen Beruf und hatte davor über lange Jahre sehr viel gearbeitet. Ich brauchte die Pause für mich, auch ganz unabhängig von dem neuen Lebensabschnitt als Mama. Für mich ist es aber auch unheimlich wichtig, mit dem eigenen Kind viel Zeit zu verbringen, wenn es noch so klein ist. Deshalb war es so einfach und hat mir auch sehr gut getan.
Was halten Sie eigentlich von Müttern, die nach wenigen Wochen vollkommen durchtrainiert wieder im Rampenlicht stehen?
Ich tue mich mit solchen Frauen sehr schwer. Wenn es für sie selber stimmig ist, dann ist es toll und ich wünsche ihnen auch viel Glück. Aber sie vermitteln, gerade weil sie in der Öffentlichkeit stehen, allen anderen Frauen ein schreckliches Gefühl. Mutter oder Vater zu werden, bedeutet einen großen Eingriff in das Leben eines Menschen. Die Mutter ist dabei mit der Geburt und dem Stillen natürlich viel stärker eingebunden. Mir liegt es eher am Herzen, dass Frauen sich diesen natürlichen Instinkten hingeben und sich die Zeit dafür zu nehmen. Viele Frauen setzen sich aber unter Druck und versuchen, das alles nebenbei zu machen. Sie wollen gut aussehen, Geld verdienen, Erfolg haben und nebenher auch noch gute Mutter sein. Sie kämpfen mit selbst auferlegten Ansprüchen, die durch falsche Vorbilder zu Stande kommen. Auch deshalb sind es oft die Frauen, die mit Depressionen kämpfen. Ich würde eher Frauen unterstützen, die sich Zeit für ihr Baby nehmen und die nicht zu viel von sich zu erwarten. Weder vom eigenen Körper, noch vom Baby, von der eigenen Mutterrolle oder der Beziehung. Eine Geburt verändert das Leben und das braucht seine Zeit. Es ist okay, wenn eine Frau drei Monate später eben nicht so aussieht, als müsse sie sich auf dem Laufsteg präsentieren.