Die Pandemie hat unseren privaten Energieverbrauch erhöht. Auch neue Dienste wie Streaming haben Einfluss auf den persönlichen CO2-Fußabdruck. Wie Familien trotzdem Geld sparen und wann sich die Solaranlage auf dem Hausdach lohnt, darüber haben wir mit Alexander Steinfeldt gesprochen. Er ist Leiter Heizspiegel & Stromspiegel bei co2online, einem Onlineportal für Klimaschutz – mit kostenfreien Beratungs- und Vergleichsangeboten für Privathaushalte und Unternehmen.
Hinter uns liegen zwei Jahre Pandemie, in denen wir mehr Zeit zu Hause verbracht haben. Derzeit steigen die Preise für Strom und Gas. Inwiefern spiegeln sich diese Themen in einer veränderten Nachfrage nach den Angeboten von co2online wider?
Bei einer co2online-Umfrage im Mai 2021 gaben 38 Prozent der Befragten an, dass ihr Heizenergieverbrauch gestiegen ist. Aufgrund von Home-Office und den Kontaktbeschränkungen verbrachten sie mehr Zeit zu Hause und mussten so häufiger und länger heizen. Einen höheren Stromverbrauch haben sogar zwei Drittel der Befragten registriert – kein Wunder, wenn den ganzen Tag der Computer läuft, täglich zu Hause gekocht wird und abends Serien gestreamt werden. Das Interesse an Klimaschutz, Energie sparen und Modernisieren ist in dieser Zeit aber nicht abgerissen. Viele Menschen haben sich während dieser Zeit darüber Gedanken gemacht, wie sie zu Hause Energie sparen oder ihr Haus sanieren können. Rund 88 Prozent der Befragten gaben an, dass die Corona-Krise ihre Entscheidung für eine Sanierung nicht beeinflusst hat. Dabei sind Heizsysteme mit erneuerbaren Energien als Alternative zu einer neuen Gas- oder Ölheizung noch stärker in den Fokus gerückt. Die Menschen wollen erfahren, wie sie zum Klimaschutz beitragen können und wie sie dafür staatliche Fördermittel erhalten können.
Die Preiserhöhungen bei Energie treffen besonders Familien, die einen höheren Energieverbrauch haben als Single- oder Paarhaushalte. Was raten Sie Privathaushalten, um das Familienbudget nicht zu überlasten?
Heizung und Warmwasser ist für drei Viertel des Energieverbrauchs in der Wohnung verantwortlich. Es lohnt sich hier also besonders, sparsam mit der Energie umzugehen. Das muss aber nicht einen Komfortverlust bedeuten. Zum Beispiel kann man sich auf www.heizspiegel.de darüber informieren, wie man mit Thermostaten die richtige Heiztemperatur einstellt, warum man nicht „auf Kipp“ lüften sollte und wie viel ein einfacher Sparduschkopf spart. Auch beim Strom kann man natürlich sparen, zum Beispiel indem man keine Geräte auf Standby lässt, die alten Glühbirnen durch moderne LED-Lampen ersetzt oder beim Neukauf von Elektrogeräten die höchste Energieeffizienzklasse wählt. Weitere Tipps findet man auf www.stromspiegel.de.
Wie können Eltern ihre Kinder für das Thema Energiesparen und Klimaschutz sensibilisieren und sie zum Mitmachen motivieren?
Gerade in Schulen werden immer häufiger auch die Themen Klimaschutz und Energie behandelt – und das oft auch kreativ und interaktiv! Zusammen mit dem Bundesumweltministerium kürt co2online jedes Jahr den Energiesparmeister. Gesucht werden Schulklassen und Schulgruppen, die Klimaschutz-Projekte an ihrer Schule umgesetzt haben. Bis zum 29. März kann man sich auf www.energiesparmeister.de dafür bewerben. Wer noch Inspirationen für eigene Projekte sucht, wird bei den Gewinnern der Vorjahre mit Sicherheit fündig. Auch Eltern können ihre Kinder fürs Energiesparen und Klimaschutz motivieren, zum Beispiel können Kinder als Energie-Detektive im eigenen Zuhause auf die Suche nach Energiefressern gehen oder bereits selbstständig mit dem Bus zur Schule fahren, statt sich von den Eltern fahren zu lassen. Das Gute ist: Fast in jedem Alter kann man Kinder für Nachhaltigkeit und Klimaschutz begeistern, sei es dass man den Müll trennt und recycelt oder dass man eine eigene kleine Windkraftanlage bastelt.
Erneuerbare Energien werden immer häufiger auch von Hauseigentümern produziert und eingespeist. Für wen lohnt sich die Photovoltaikanlage auf dem Hausdach?
Erneuerbare Energien selbst zu produzieren, ist eine großartige Möglichkeit, Energiekosten zu sparen und den eigenen CO2-Fußabdruck zu senken. Die Nachfrage dazu steigt seit Jahren kontinuierlich. Die Preise für Photovoltaikanlagen sind in den letzten Jahren stark gesunken, aber auch die Einspeisevergütung ist zurückgegangen. Solarstrom lohnt sich daher vor allem dann, wenn man selbst viel Strom verbraucht, zum Beispiel weil man mit einer Wärmepumpe heizt oder ein E-Auto fährt. Ein Batteriespeicher hilft, überschüssigen Strom zu speichern. Eine eigene Ladestation lohnt sich vor allem dann, wenn man am Zielort, zum Beispiel auf Arbeit, sein Auto nicht aufladen kann.
Über eine thermische Solaranlage lässt sich Sonnenenergie in Wärme umwandeln. Für wen ist das die richtige Lösung?
Solarthermie, also Solarwärme, lohnt sich häufig in Kombination mit einer Gasheizung oder besser noch mit einer Holzpelletheizung. Bei der Wahl des richtigen Heizsystems sollte man sich auf jeden Fall von einem Energieberater einen Sanierungsfahrplan erstellen lassen, damit die eigenen Klimaschutzmaßnahmen wirken und der Energieverbrauch tatsächlich sinkt. Sowohl der Sanierungsfahrplan durch eine professionelle Energieberatung als auch Klimaschutzmaßnahmen am Gebäude, also zum Beispiel Heizungstausch oder Fassadendämmung, werden vom Staat gefördert. Auch sollte man regionale Förderprogramme prüfen. Staatliche und regionale Förderprogramme findet man unter www.co2online.de/foerdermittel.
In den zurückliegenden zwei Jahren haben mehr Menschen länger im Home-Office gearbeitet – macht sich das in der Energieabrechnung bemerkbar und wie lassen sich Kosten im Home-Office sparen?
Im Jahr 2020 stieg bei zwei Dritteln der Befragten einer co2online-Umfrage der Stromverbrauch. Grund Nummer eins war Home-Office. Die Sparmöglichkeiten sind aber begrenzt. Natürlich verbraucht ein einfacher Laptop weniger als ein großer PC. Aber wichtiger ist es wohl, in den Wintermonaten richtig zu lüften, also fünf Minuten bei heruntergedrehter Heizung stoßzulüften und die Temperaturen in den Zimmern herunterzudrehen, in denen man sich tagsüber nicht aufhält. Ob die eigenen Strom- bzw. Heizkosten zu hoch sind, kann man kostenlos auf www.stromspiegel.de bzw.
www.heizspiegel.de prüfen.
Eine immer größere Rolle spielt ebenfalls das Streaming. Gibt es hier Einsparmöglichkeiten – außer dem Verzicht auf Netflix und Co.?
Das Öko-Institut hat es genau ausgerechnet: Wer täglich 3,5 Stunden Videos streamt, verursacht dadurch 65 kg CO2 pro Jahr. Insgesamt veranschlagt das Öko-Institut einen Fußabdruck von 739 Kilogramm CO2 für eine Person in Deutschland, wenn sie digitale Geräte durchschnittlich nutzt. Das entspricht einem Anteil von etwa 7 Prozent am gesamten Fußabdruck. Menschen mit einer besonders intensiven Nutzung digitaler Geräte verursachen sogar 1 Tonne CO2-Emissionen, also gute 9 Prozent des Gesamtfußabdrucks. Wer seinen Datenverbrauch durch das Streamen von Videos und Musik senken will, kann Inhalte zum Beispiel lieber downloaden als streamen, wenn sie mehrfach konsumiert werden. Musik sollte man nicht über Videoportale hören, da Bewegtbilder mehr Daten verbrauchen als Audiodateien. In den Einstellungen verschiedener Streaming-Anbieter kann man geringere Dateiqualitäten auswählen. Die Darstellung auf dem Smartphone oder Tablet leidet darunter meist nicht. Und bei Gelegenheit kann man auch prüfen, welche Dienste man eigentlich überhaupt noch nutzt und sich von den anderen trennen.
Welche Punkte sind die wichtigsten, die Eigentümer vor dem Hausbau oder der Renovierung mit Blick auf Energieeffizienz beachten sollten?
Bevor Maßnahmen am Haus umgesetzt werden, sollte man sich von einem Energieberater umfangreich beraten lassen. Ein individueller Sanierungsfahrplan hilft dabei, die Reihenfolge der Maßnahmen nach den eigenen Möglichkeiten zu planen und die wirksamsten Entscheidungen zu treffen. Zum Beispiel sollte durch Dämmmaßnahmen und isolierte Fenster der Energieverbrauch des Gebäudes so weit wie möglich gesenkt werden, bevor man die Heizung austauschen lässt. Außerdem begleitet der Energieberater auch die Beantragung der Fördermittel und bei Bedarf auch die Umsetzung der Maßnahmen. Nach Umsetzung der Maßnahmen sollte man unbedingt prüfen, ob der Energieverbrauch auch tatsächlich gesunken ist. In einer Studie von co2online lagen die Einsparungen nach einem Heizungstausch zwischen nur 8 Prozent und guten 50 Prozent. Grund für die hohen Abweichungen beim Erfolg der Maßnahmen waren eine unzureichende Beratung, ein fehlender hydraulischer Abgleich und unentdeckte Fehler bei der Installation. Ein Monitoring deckt solche Fehler auf, die dann meist leicht behoben werden können. Bei wem derzeit keine größeren Sanierungsmaßnahmen anstehen, kann kleinere, aber trotzdem wirksame Maßnahmen umsetzen. Eine alte Heizungspumpe tauscht man am besten durch eine moderne Hocheffizienzpumpe aus, ein hydraulischer Abgleich sorgt für die gleichmäßige Verteilung des Heizungswassers und Heizungsrohre im unbeheizten Keller gehören unbedingt isoliert.
Mieter haben auf solche Themen kaum Einfluss. Welche Möglichkeiten haben sie für mehr Energieeffizienz und weniger Energiekosten?
Mieter haben in der Tat grundsätzliche keine oder weniger Möglichkeiten, die Energieeffizienz ihrer Wohnung zu erhöhen. Sie können meist nur ihren Stromverbrauch senken und ihr Heizverhalten anpassen, also zum Beispiel die Heiztemperatur gezielt regeln oder richtig lüften. Andererseits können sie sich auch freundlich an den Vermieter wenden und Sanierungsmaßnahmen vorschlagen. Mieter können nämlich auch von den gesunkenen Energiekosten profitieren, da Sanierungskosten nur begrenzt auf den Mieter umgelegt werden dürfen. Hilfe und Beratung zu solchen Themen finden Mieter auch bei den örtlichen Beratungsstellen des Deutschen Mieterbundes.