„Nirgendwo anders entsteht gerade so viel Neues“

Datum: Montag, 27. März 2023 14:59

Interview mit Manja Schüle, Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg, zu Chancen junger Menschen im Lausitzer Wandel.

Kaum eine Brandenburger Ministerin ist derzeit so oft in der Lausitz wie Manja Schüle. In ihrer Verantwortung liegen u.a. die Wissenschaften – und damit Mega-Strukturwandelprojekte wie die Cottbuser Universitätsmedizin, der Lausitz Science Park und die vielen Ansiedlungen im Bereich der BTU. Allein diese Projekte könnten insgesamt rund 13.500 neue Arbeitsplätze schaffen – Gründe genug für ein Gespräch zu Chancen für junge Menschen in der Lausitz, die sich mit diesen Projekten verbinden. Unsere Junior-Reporterin Neela sprach mit Manja Schüle Anfang März am Rande der Eröffnung des DLR_School_Lab an der BTU – ein geniales Schülerlabor, in dem Schulklassen anhand von Mitmachexperimenten Einblicke in die Forschung erhalten.

Sie wollten als Kind mal Eisverkäuferin werden, ist das eine gute Voraussetzung, Ministerin zu werden?

Ja! Weil ich es damals aus Leidenschaft und Überzeugung machen wollte. Und weil ich schon damals gern mit Menschen ins Gespräch gekommen bin. Und genau das treibt mich auch noch heute an: Die Leidenschaft für ein Thema, die Überzeugung, dass Engagement sich lohnt und die Lust, Menschen kennenzulernen und zu verstehen. Auch wenn die Themen sich mit dem Alter geändert haben und ich heute eher für Zukunftsfragen rund um Wissenschaft, Forschung und Kultur als für Eis brenne.

Aktuell sind Sie sehr oft in der Lausitz, was gefällt Ihnen hier am besten?

Dass die Menschen hier nicht lange reden, sondern anpacken. Dass sie bodenständig und bescheiden sind. Und dass in der Lausitz gerade eine Aufbruchsstimmung herrscht, wie es sie so vielleicht noch nie gab. Nirgendwo anders in Deutschland entsteht gerade so viel Neues. Und zwar nicht im Sinne des Aufholens, sondern des Vorangehens. Hier wird mit einem der größten Bahnwerke künftig nicht nur die deutsche Zugflotte am Laufen gehalten. Hier erforschen wir die Zukunft des klimaneutralen Fliegens, hier erproben wir das digitale Gesundheitssystem von Morgen und hier entwickeln wir intelligente Sensoren, die Waldbrände frühzeitig erkennen können. Die Lausitz ist ein Labor. Und die Lausitzer sind die Macher, die Innovatoren, die Zukunftsgestalter in diesem Labor.

Bei Ihren Besuchen geht es um Universitätsmedizin, Lausitz Science Park, Lehrerstudium und etliche Wissenschaftsprojekte – wie sollen junge Menschen da den Überblick behalten?

Gegenfrage: Ob in den Sozialen Medien, in Streaming-Angeboten oder im Internet – die Auswahl ist unüberschaubar. Aber finden junge Menschen das schlimm? Nein. Sie sind es gewohnt und kommen damit klar. Ich glaube, wir sollten die jungen Leute nicht unterschätzen. Sie filtern sich die für sie relevanten Infos schon raus ...

Trotzdem wollen viele junge Lausitzer in die große Stadt, warum sollten sie lieber in der Lausitz bleiben?

Ich verstehe diese Ungeduld. Wenn man jung ist, will man dorthin, wo es schon brodelt und wo alle anderen sind. Aber: In der großen Stadt sind die Pfade oft vorgezeichnet und ausgetreten. Viel spannender ist es doch, sich auszuprobieren und was Neues aufzubauen: Hier in der Lausitz kann man Geschichte schreiben – in einer Region, die sich gerade neu erfindet! Hier kann man viele Regeln mitgestalten. Hier kann man anknüpfen an das, was vertraut ist – und es auf ein neues Level bringen, was Eigenes draus machen. Ich wüsste, was ich wählen würde …

An der BTU kommen 40 % der Studierenden aus dem Ausland, warum sind wir da so bekannt?

Ganz einfach – erstens: Deutsche Hochschulabschlüsse, gerade in den MINT-Fächern, sind weltweit sehr begehrt. Einerseits, weil Deutschland für seine Technik- und Ingenieurskunst bekannt ist. Andererseits, weil wir keine Studiengebühren erheben. Gerade für clevere Köpfe aus dem nicht-europäischen Ausland, die in ihren Heimatländern keine gebührenfreien Hochschulen haben, ist das attraktiv. Zweitens: Die BTU hat mit 14 englischsprachigen Studiengängen eine starke internationale Tradition und Ausrichtung und pflegt zudem viele enge Kooperationen mit Hochschulen im Ausland, bspw. in Australien, Ägypten, Polen oder Frankreich.

Für wen ist ein Studium in der Lausitz besonders geeignet – und kann man Studieren auch testen?

Kann man, zum Beispiel in den sogenannten „Summer Schools“, also Schnupperkursen in den Sommerferien. Oder beim Orientierungsstudium „College+“. Dort kann man in zwei Semestern einen Einblick in alle Bachelorstudiengänge erhalten. Das Gute daran: die Leistungen, die während des Orientierungsstudiums erbracht werden, können später angerechnet werden. Der Vorteil: Man bekommt Einblicke in die Vielfalt aller Bachelorstudiengänge der BTU und verliert keine Zeit. Die BTU ist für alle interessant, die sich für spannende Themen und zukunftsorientierte Berufsfelder interessieren, beispielsweise mit den Studiengängen Digitale Gesellschaft, Medizintechnik oder Power Engineering. Und besonders für technisch interessierte Frauen lohnt sich der Blick nach Cottbus: Der Anteil an studierenden Frauen liegt mit 37 Prozent für eine technische Universität sensationell hoch. Und: In ein paar Jahren kommt noch die Option des Medizin-Studiums dazu. Wir bauen gerade eine eigene Hochschule dafür auf. Spannend für Medizin-Interessierte: Sie werden nicht nur zur Ärztin, zum Arzt ausgebildet – sie können unter Laborbedingungen neue und digitale Versorgungsformen in einem bundesweit einmaligen Netzwerk ausprobieren.

Hand aufs Herz: würden Sie Ihrem Sohn ein Studium in der Lausitz empfehlen und wenn ja, welches?

Ein Studium in der Lausitz jederzeit. Einen Vorschlag für ein Studienfach niemals. Das wählt er selber, wenn er soweit ist. Und ganz ehrlich: Würde ich heute noch mal studieren, wäre Cottbus definitiv in der engeren Wahl. Ich finde die Lausitz ist ‘the place to be‘ – international, dynamisch, innovativ, bestens vernetzt, im Herzen Europas – kurz: einfach krass.

Danke für das Gespräch.

DLR_School_Lab Cottbus: Von der Schule ins Labor!

Das DLR_School_Lab in Cottbus ist das erste in Brandenburg. In neun faszinierenden Mitmachexperimenten lernen Schüler*innen aller Schultypen hier Spitzenforschung von elektrischem Fliegen bis zu CO2-armer Industrieproduktion kennen, die in Cottbus betrieben wird. Anmeldungen für Schulen sind ab sofort möglich unter: 

www.DLR.de/schoollab/cottbus