Väter sollten sich nie, wirklich nie mit verklärter Melancholie bei aktuellen Trendspielzeugen ihrer Kids einmischen! Zumindest nicht, wenn sich diese der vorpubertären Phase nähern und der einstige Superdad immer mehr zum peinlichen Anhängsel wird, das beim Abliefern an der Schule möglichst weit weg parken soll. Ich habe es trotzdem versucht und bin gnadenlos gescheitert.
Schuld sind diese sogenannten Fidget Spinner, die wie einst die Tamagotchis und jüngst Pokemon Go wie aus dem Nichts die Kids überschwemmt haben. Auch meine Kleine musste unbedingt so ein Ding haben. Einige in der Klasse hatten schon eine ganze Sammlung, in ihren Schilderungen klang das, als würden die Eltern anderer Kids diese morgens mit einer ganzen LKW-Ladung Drehdinger auf dem Schulhof abladen. Also dackelte ich mit ihr in die Stadt und ließ mich beraten. Ich wolle so ein Drehding, einen „Fiji-Spinner“. Oh man war das meiner Tochter peinlich. „Mensch Papa, meinste die kommen von den Fiji-Inseln? Die heißen Fidget-Spinner!“. Die ältere Verkäuferin schob sich die Brille auf der Nase hoch, bis sie in den Druckstellen beiderseits des Nasenansatzes einrastete, und sagte mit klugem Blick: „Ach, Sie meinen sicher die Handkreisel?“. Wir einigten uns auf Handkreisel und kauften das teuerste Teil, mit Totenkopf als Mittelteil und Knochen als kreisenden Flügeln. Das Wort Handkreisel ließ mich nicht mehr los.
Zuhause fiel mir dann auch ein, warum. Ich erinnerte mich, wie ich als kleines Kind noch einen Holzkreisel hatte, den man immer mit einer Peitsche über den Boden treiben musste. Von wegen neu und absoluter Trend, dachte ich mir, mit so einem Peitschenkreisel kann man vor der neumodischen Drehdings-Fangemeinde sicher richtig Eindruck machen. Die guten alten Peitschenkreisel gibts auch tatsächlich ganz zeitgemäß im Internet zu bestellen, für nur 5 Euro.
Zwei Tage später traf mein kleiner Holzfreund samt Peitsche zu Hause ein. Ich übte ein bisschen und hatte den Dreh recht schnell wieder raus. Bei einer Vorführung verdrehte meine Tochter die Augen ... naja, Papa ist in erster Linie sowieso immer peinlich, selbst beim Kartoffelschälen. Ich schilderte ihr aber, wie pädagogisch wertvoll dieser gute alte Kreisel für die Motorik sei, dass man damit sogar zusammen spielen und ihn im Team antreiben kann, sich tolle Spiele mit Strecken und Hindernissen ausdenken kann. Am nächsten Tag wollte ich ihr beweisen, wie cool das die anderen Kids finden.
Als ich sie früh an der Schule ablieferte, wo „ihre Mädels“ schon warteten, holte ich meinen oldschool Holzkreisel aus der Tasche, wickelte die Peitschenschnur um den Kegel, zog einmal kräftig und ließ den Kreisel über den Asphalt des Schulhofs tanzen. Die Mädels staunten. Wie ein Zirkusdompteur holte ich aus und präsentierte meinen Mega-Spinner, wie ich ihn nannte. Im Übereifer schwang ich die Peitsche mit einer Geschwindigkeit, die eine Scheibe und mir das Genick brechen sollte. Die Peitschenschnur verfing sich nämlich am Kreisel und schleuderte diesen mit Karacho durch die Luft. Vier Meter entfernt schlug er durch die Scheibe des Lehrerzimmers ein. Die Mädelsrunde meiner Kleinen war früh morgens noch nie so ruhig wie in diesem Moment. Verdammt. Früher wäre ich einfach weggerannt, aber als pädagogisch wertvoller Vater musste ich ins Lehrerzimmer dackeln.
Als Ergebnis kostete mich mein Kreiselchen knapp 200 Euro für die Fensterreparatur und die Schulleitung hatte endlich ihr Argument, „all diese gefährlichen Kreisel“ zu verbieten. „Ihr seht ja, was mit solchen Drehdingern passieren kann“, meinte sie. Statt das Comebacks als cooler Superdaddy wurde ich zum Feindbild aller Mitschüler, Codename „der Mega-Spinner“, leider deutsch gesprochen.
Nun darf ich noch ein bisschen weiter um die Ecke parken und nicht mehr bis zum Schulhof mitkommen. Tja, das Leben von uns Vätern, die am Ball ... ähm Kreisel bleiben wollen, ist schon eine harte Nuss.
Euer lausitzDADDY