Ich muss zugeben: gerade als Kuchenfan ist das Vatersein manchmal ein harter Job. Man will ja in Sachen gesunder Ernährung selbst Vorbild sein und mit gutem Beispiel vorangehen. Seit Jahren kämpfe ich gegen meine Kuchensucht und befleißige mich, vor den Kindern doch öfter in knackiges Obst statt knackiger Streusel zu beißen. Obwohl mir hier schon beim Schreiben bei der zweiten Sache das Wasser im Mund zusammenläuft. Völlig daneben kann so etwas dann aber gehen, wenn man im eigentlich unbekannten Terrain gesunder Ernährung auch noch anderen Kindern etwas vorturnen will. Ich muss es wissen, denn ich habe es probiert.
Anlass war der Geburtstag meiner Kleinen. Es ist eine gute Tradition in ihrer Klasse, dass jedes Kind zu seinem Geburtstag eine (süße) Überraschung mit in die Schule bringt. Aufgrund meiner meist abendlichen Abwesenheit als Überstundenkönig hatte sich bislang immer meine bessere Hälfte darum gekümmert. In diesem Jahr gab sie mir zu verstehen, dass ich mich da auch einmal einbringen könne. Meine Kleine stand daneben und rollte schon mit den Augen. Spontan warf ich mich in die Brust, stieg auf den Stuhl und tönte: Superdaddy wird das Geburtstagsritual an der Schule revolutionieren. Mit gesundem Naschen werde ich die Kinderherzen erobern und einen wertvollen Beitrag zur Ernährungserziehung leisten. Mit Obstspießen wird der Geburtstagsritter den Kuchendrachen erlegen. Der Applaus blieb aus, der weibliche Familienpart schaute mich gemeinsam wie einen der Klapsmühle Entflohenen an. Aber ich war mir sicher, dass man Kinder mit leckeren und exotischen Obstspießen viel mehr beeindrucken kann und machte einen Plan. Am Folgetag enterte ich die Obst- und Gemüseabteilung des besten Supermarkts der Stadt. Haben Sie sich schon einmal genau umgesehen, was es dort alles gibt? Sternfrüchte und Avocados kann ich ja noch enttarnen, aber kennen Sie Bergamotte, Cherimoya, Drachenfrucht oder Kaki (ja, Kaki gibt es tatsächlich, und ich verspreche Ihnen, es ist kein braunes Häufchen). An meinem Gesundheitsshoppingtag hatte der Supermarkt gerade Thailand-Wochen – und so schnappte ich mir auch eine sogenannte Durianfrucht mit abenteuerlich stacheliger Schale.
Zuhause schälte ich drei Stunden was das Zeug hielt, schnitt allerlei Obstsorten klein, die ich zur Hälfte nicht kannte, und kreierte abenteuerlich bunte Obstspieße. Als ich fertig wurde, lief im Radio der Song „Hero“ von Family of the Year. Mehr Zeichen ging nicht. Lauthals sang ich mit und verstaute die Obstspieße in einem großen Behältnis.
Am nächsten Tag hatte meine Kleine ihren großen Tag. Kurz vor dem Mittag sollte in der Schule die Geburtstagssause starten und ich fuhr meinen Triumph zur Schule. Ich schwebte in die Klasse und öffnete nicht einfach meine Großtat, sondern hielt vor den Kids erst einmal einen flammenden Vortrag über gesundes Naschen und die Macht des Obstes. Ich hatte extra einen Rekorder eingepackt und ließ im Hintergrund Psycho-Musik aus dem Supermarkt laufen, die glücklich und hungrig machen soll. Dazu hielt ich ein Bild nach dem anderen von sündhaft lecker aussehendem Obst in die Höhe. Mir selbst lief schon das Wasser im Mund zusammen. Schließlich öffnete ich die Schatztruhe, die drei dicksten Jungs der Klasse langten gleich zu, stopften die Fruchtstücke in sich hinein – und kotzten fast im selben Moment in die erste Reihe. Ich weiß jetzt, dass Durian übersetzt „Kotzfrucht“ heißt und man einen Behälter mit Obstspießen nicht einen ganzen Vormittag in der Sonne parken sollte. Ich raste sofort zum Billigmarkt um die Ecke und holte Putzzeug und drei Kisten Donuts. „Ja, die gaaanz Süßen“. Mein flammender Vortrag war in Kotze untergegangen, nur eine Armee Donuts konnte mich noch vor den Eltern der drei dicken Jungs retten. Revolutioniert habe ich das Ritual trotzdem: denn per Rundschreiben wurden alle Eltern gebeten, ab sofort doch auf das Mitbringen von Speisen zu verzichten. Man kann eben nicht alles haben.
Euer lausitzDADDY