Ja, ich bin oft ein etwas verkopfter Büromensch. Am Schreibtisch kenne ich mich aus, hier gehört mir die Welt. Am Wochenende entdecke ich hingegen immer wieder unbekannte Universen, in denen ich als Teilzeitgast mal besser, mal schlechter funktioniere. Ein solches ist unser Garten, der mehr ein großer Spielplatz als ein Pflanzkulturgebiet ist. Ich dachte immer, das würde die Gartenarbeit auch leichter machen – überall Wiese und keine Radieschen oder Möhren, die man vereinzeln oder entunkrauten muss. Allerdings beschenkte uns unser Nachbar in diesem Jahr mit einem Beutel Rasendünger, den er irgendwo abgestaubt hatte. Seitdem habe ich den Glauben an pflegeleichten Rasen verloren. Wahrscheinlich handelte es sich bei dem Dünger um Wachstumshormone für schnellwachsenden Bambus, die 25 Jahre in einer Lagerhalle neben dem Reaktor Tschernobyls vor sich hinmutierten. Jedenfalls wurde aus jedem einzelnen Grashalm unserer Spielsteppe ein wahrer Hulk der Pfanzenwelt. Als wir nach einem Kurzurlaub von nur einer Woche zehn Tage nach der Düngung den Garten betraten, kam mir beim Blick in den Garten jedenfalls der Gedanke, an Ort und Stelle ein Biomassekraftwerk zu errichten. Mein einziger Gedanke war: Ein Glück, dass wir vier Kinder haben. Und das in unterschiedlichsten Größenverhältnissen, passend für jede Gartenecke. Doch dann präsentierte mir meine bessere Hälfte stolz unseren neuen Rasenmäher. Zwar von der Topmarke „Gardena“, aber ein Teil mit Handbetrieb. Ich dachte, die Dinger wären im Osten ausgestorben. Jetzt verstehe ich auch den Slogan von Gardena: „Erlebe deinen Garten“. Ja, ich durfte ihn das ganze Wochenende erleben, denn bei Handbetrieb kam nur Papa durch. Wie Achilles kämpfte ich mich mit der rotierenden Gardena-Rolle durch die grasgewordenen Hulks. Zentimeter für Zentimeter wurde ich zum Superdaddy der Landgewinnung. Nur meine Kleine sorgte für Unterstützung und klackerte mit ihrem kleinen Plaste-Spielzeugrasenmäher in der von mir gemähten Spurrinne hinter mir her. Als ich nach zwei Stunden schweißüberströmt nach Luft schnappte, schaute sie mich ganz verwundert an. „Das geht doch pipelpopelleicht, Papa“ – so der Kommentar der Tochter des Handrasenmähermanns. So schuftete ich mich durchs Wochenende und machte erst am Folgetag eine Pause, als der erlegte Rasen zu mehreren Riesenhaufen aufgeschichtet war, die man selbst vom Mond aus neben der Chinesichen Mauer betrachten konnte. Eigentlich wollte ich die Arbeit erst beenden und die Haufen auf unserem Abhang hinterm Garten entsorgen. Aber Kaffee und Kuchen waren stärker – und ich war ja auch fast fertig. Nach einstündiger Pause mit zwei Folgetassen Ausrede-Kaffee (Sie wissen schon: Kaffee, den man noch hinterher trinkt, um eine Ausrede für wartende Arbeit zu haben) wurde ich für meine fehlende Konsequenz von unserer Kinderschar abgestraft. Die Grashaufen hatten nämlich zwischenzeitlich als Hüpfburgen, Fluglametta und für wahre Rasenschlachten gedient. Einer von den großen Jungs hatte seine helle Freude daran, wie unser Laubbläser die Luft ringsum mit Gras grünte. Überall war Gras. Überglücklich strahlte mich meine Kleine an und dankte mir für den großen Spaß, den ich allen ein ganzes Wochenende mit dem Machen der Riesenhaufen vorbereitet habe. Ich sei doch der beste Papa der Welt. Wie machen Kinder das nur – auf der Stelle war die Wut weg und butterweich machte ich mich ans Aufräumen. Na ja, nächstes Jahr kaufen wir Schafe!
Euer lausitzDADDY