lausitzDADDY 12/2019

Datum: Dienstag, 03. Dezember 2019 15:51


Ich liebe Kekse. Schon mein Leben lang. Als Knirps waren es die runden Grabower, teka-Kekse mit Zucker drauf oder Kakaokekse namens Othello, die auf dem Heimweg vom Fußballtraining vernascht wurden. Bis vor Kurzem waren es Cottbuser Kekse (das nennt sich wohl regionaler Wirtschaftskreislauf). Zum Training komme ich heute zwar vor lauter Arbeit nicht mehr, aber nach dem Büro auf dem Sofa lümmeln und einfach mal Faulenzen ist ohne ein kleines Krümelabenteuer nur halb so schön. Meine Kleine nannte mich deshalb immer liebevoll das KRÜMELmonster. Irgendwie war ich auch für alle anderen das Alibi: das Knistern beim Öffnen der Keks-packung hatte einen kollektiven Familienreflex zur Folge. Sofort versammelten sich alle Kids und meine bessere Hälfte auf dem Sofa und plünderten das Süssigkeitenfach. Mit der Bemerkung: „Na du KRÜMELmonster“ langten dann auch alle mit gutem Gewissen zu, ich war ja bereits als Opfer für den dunklen Kalorienteufel gekennzeichnet. Im Schatten meines Zuckerkonsums fühlte sich meine Kleine beim Verdrücken einer halben Haribotüte sicher. Mein Goldbärchen. Bis vor einem Monat funktionierte dieses Rollenspiel wunderbar. Dann entdeckte meine Kleine auf ihrem Handy gaaaanz tolle Workout-Videos.

Seitdem hat es sich ausgeknistert. Die Frühpubertät geht bei Mädchen offensichtlich mit abrupten Verhaltensänderungen einher. Als ich an einem grauen Novemberabend aus dem Büro kam und meine Keks-packung öffnete, kam Miss Fitness mit Leggins und Stirnband an, entrollte ihre Gymnastikmatte und verbrachte eine Dreiviertelstunde bei Situps, Brückenbau und Flügelschlägen. Mir wurde schon beim Zuschauen schwindlig. Binnen zwei Wochen wurde aus meinem Goldbärchen Miss Sporty Spice. Wenn ich an meiner Kekspackung fummelte, kam sie sofort um die Ecke gesprintet und rief: Ah, das krümelMONSTER. Sie merken schon, aus Papa Krümelchen wurde eine Schreckensfigur und ein Negativbeispiel für die Familie. Während Sie am Boden rotierte, knabberte ich verlegen am halben sonst üblichen Keksumsatz. Ich sprach entschuldigend von regionalen Wirtschaftskreisläufen und dass viele Kinder von armen Cottbuser Keksarbeiterinnen ohne meine Heldenkrümelei am Hungertuch nagen müssten. Haben Sie eine Ahnung, wie schnell Kids uns heute entlarven können? Die scheinen ja schon Bestandteil des Internets zu sein. Keine Minute nach meiner Schutzbehauptung hielt mir Miss Sporty Spice ihr Handy mit einem Video entgegen, in dem über die vollautomatische Produktion von Cottbuser Keks bei einem großen Unternehmen im fernen Wittenberg berichtet wurde. Vielleicht solle ich mir meine Kekse dort abholen, das würde den väterlichen Sofasurfer wenigstens ein bisschen in Schwung bringen ... Sie ahnen schon, wer das sagte. Tatsächlich war meine Kleine in kurzer Zeit vom Goldbärchen zum durchtrainierten Goldhalm geworden.

Ich trat die Flucht nach vor an und googelte mir ein männliches Workout zusammen. Das Motto lautete: erst Training, dann Kekse; wie früher. Als Miss Perfect ihre Gymnastikmatte entrollte, startete ich mit Trizeps-Dips, Bauchpressen, Liegestützen samt Drehung und seitlichen Planken. Als einstiger Leistungssportler war ich absolut überzeugt, mein Körper würde sich schon an seine frühere Leistungsfähigkeit erinnern und meine kleine Krümelwampe ruckzuck in die ewigen Keksgründe verbannen. Leider waren 25 Jahre Pause wohl zu lang für das Erinnerungsvermögen, bei der dritten Runde Trizeps-Dips durchfuhr ein stechender Schmerz meinen Rücken. Während meine Kleine wie der Duracellhase weiter wirbelte, war mein Akku erschöpft. Zum Glück bemerkte sie meine Verzweiflung. Am nächsten Tag stand eine Packung Leibniz-Minis mit dem Schildchen „Krümel-Workout“ auf dem Sofatisch – und mein Goldhalm sagte liebevoll: Papa, kleinere Kekse können auch eine Lösung sein. Manchmal ist kindliche Logik doch einfach zum Verlieben!

Euer lausitzDADDY