Seit einigen Wochen ist meine Tochter auf „Insta“ als Pferdeflüsterin unterwegs. Jeden Tag wird ein Bild gepostet und beim wöchentlichen Reitunterricht fühlt sich ihr Gaul wahrscheinlich schon wie ein Kandidat bei Gemanys Next Horse Model. Wem sie da all die Bilder schickt, wollte ich wissen. Kennen Sie den Blick, wenn pubertierende Mädels ihre Eltern für blöde halten? Ja, genau der: Augenrollen, Brauen hoch, dumpfes „Boah“ aus dem kreisrund geöffneten Mund. Mensch das ist Insta und Insta ist Instagram und für den „alten Herrn Vater“ sicher modernes Zauberzeugs. Meine Kleine Neunmalschlau erklärte mir das, als wäre sie Astrophysikerin und ich Abdeckergehilfe. Naja: tatsächlich habe ich keinen Dunst von Instagram gehabt, obwohl ich im Agenturjob gerade für einen Kunden eine groß angelegte Social Media-Strategie konzipieren sollte. Aber dazu hat man ja Geschäftsfreunde – so dachte ich zumindest bis zur Ansage meiner heimischen Instagram-Superinsiderin. Natürlich schaltete sich in meinem Oberstübchen wieder der Studiendirektor ein und beschloss, dem Töchterchen eine Lehre zu erteilen. Ich fragte kurz, wie viele Fans sie eigentlich hat – und holte mir die nächste Watsche ab. Bei Insta gibts keine Fans, aber sie hat knapp 400 Abonnenten, falls mir das weiter hilft ...
Und wie das half. Am nächsten Tag rief ich jenen Geschäftsfreund an, der die Social Media-Strategie für unseren Auftrag erstellte. Eine Stunde später hatte ich ein Instagram-Profil und mein erstes Bild gepostet. Eine niedliche Katze. Katzenbilder gehen immer, hatte Maurice (genau, der Typ mit dem Insta-Plan) mir gesagt. Er hatte mir gleich ein paar Bilder zugeschickt und am Abend des gleichen Tages hatte ich mir mit gerade einmal drei Bildern schon knapp 100 Abonnenten geangelt. Mein teuflischer Plan lief wie ein Uhrwerk. Auf meinen Ratgeber vertrauend, schrieb ich dann so kleine Kommentare zu den Bildern wie „Ich bin ein Katzentyp“ ... oder „Schnurr nur mein Tiger“ oder „Verrückte Pussycat“ bei einem Video mit einer durchgedrehten, rosa Perserkatze. Wussten Sie, das im Internet tatsächlich virtuelle Katzen Anlageobjekte mit Riesenrenditen sind? Eine sogenannte CryptoKitty wurde vor zwei Jahren für 180.000 Dollar versteigert. Ja, ich sah mich schon als CryptoKitty-King bei Insta durch die Decke gehen, während mein Töchterchen bewundernd zum väterlichen Social Media-Helden aufblickt. Ich sah, wie sie mich um Rat fragt, traurig wie ein Gaul schnaubend und hoffend auf Erleuchtung vom Godfather of Insta. Als mir mein Geheimkontakt einen coolen, schwarzen Kater mit Lackhalsband und mit einer goldenen Halskette samt den Buchstaben SM schickte und mir den Post „I‘m the King of SM“ dazu empfahl, explodierte meine digitale Gefolgsschar regelrecht. Er sagte mir, damit werde ich zum schwarzen Rächer, zum King of Social Media, wie es ja an der Halskette steht.
Zuhause präsentierte ich meiner Kleinen mit erhabenem Blick meine knapp 3.000 Abonnenten. Sie schaute, tippe, tippte nochmal, rollte die Augen und fragte schnippisch, ob ich meine Community mal mit zur Party bringen möchte. Als ahnungsloser Analogexperte sah ich erst jetzt die Homesite mit den Posts meiner neuen „Freunde“. SM stand dann wohl doch für Sado Maso und jener Geschäftsfreund hatte mich zum Senkrechtstarter der katzenliebenden Regenbogen-Community auf Instagram gemacht. Sie wollen nicht wissen, was für Bilder über mein Display rauschten. Meine Kleine fragte belustigt, ob sie dem Insta-Helden mit Bildern von einem stattlichen Hengst oder einem rosa Einhorn helfen könne? Als ich sie noch immer fassungslos anstarrte, folgte der trockene Kommentar: Was für ein Katzenjammer!
Wenigstens war die Präsentation der Social Media Strategie am Folgetag ein Riesenerfolg. Der Kunde sah mich die ganze Zeit verzückt an und offenbarte mir danach unter vier Augen mit einem Schultertätscheln, wie gern er mit seinem Mann meine Kätzchen anschaue. Hilfe, was für ein Kopfkino. Mit tiefer Stimme entgegenete ich, dass ich künftig nur noch maskuline Pferdebilder poste. Schnurr.
Euer lausitzDADDY