Seit ich Mama bin, gibt es einige Dinge, die ich vermisse und gern zurückhätte. Hier ein paar Beispiele: Entspannte Touren durch den Supermarkt, ohne dass an jedem zweiten Regal eine Kinderstimme säuselt: „Kann ich das haben? Bitte?“ Nachts durchschlafen und morgens ausschlafen. Einen Wohnzimmerboden ohne Legosteine, Würfel, Matchboxautos, Barbieschuhe und Puzzleteile. Stundenlang mit meiner besten Freundin telefonieren, ohne dass ihr oder mein Nachwuchs uns unterbricht. Ein Candle-Light-Dinner mit meinem Mann. Eine lange Autofahrt ohne Angst vor ausufernder Reiseübelkeit, ohne halbstündige Pipi-Pausen und ohne die vielfache Variation der Frage „Wann sind wir endlich da??“ Einen Urlaubstag, den ich komplett in ein Buch vertieft am Stand verbringen kann, ohne dass ich Sandburgen bauen, Muscheln suchen, Luftmatratzen anschieben oder Wasserbälle werfen muss. Eine Erkältungssaison, in der uns nicht drei Virenschleudern ihre Erreger aus ihrer Betreuungseinrichtung mit nach Hause bringen und hier gleichmäßig auf alle Familienmitglieder verteilen. Einen dezent dekorierten Weihnachtsbaum, der nicht so kunterbunt überladen ist wie der unsrige.
In wenigen Wochen werden wir uns wieder auf die Suche machen nach einer Tanne, die unsere Stube für ein paar Wochen mit ihrem Duft und ihrem Anblick in Weihnachtsstimmung versetzt. Vorher müssen wir noch im Familienrat ausdiskutieren, ob wir die Tanne selbst schlagen oder im Baumarkt unseres Vertrauens nach dem passenden Exemplar suchen.
Schon abgeschlossen ist die Suche nach Adventskalendern. Ich hatte vor einem Jahr an selber Stelle über mein Leid mit den Adventskalendern geklagt, die bei uns zu Hause in den vergangenen Jahren immer größer und zahlreicher geworden sind. Mitte November haben bereits neun (!) Adventskalender Einzug gehalten, obwohl wir nur zu fünft sind, die Haustiere nicht mitgezählt (und nein, zumindest die bekommen bei uns bisher keinen eigenen Kalender). Immerhin scheinen wir damit nicht allein zu sein, wenn ich mir die seit September prall gefüllten Einkaufsregale anschaue. Sechs der neun heimischen Kalender sind mit Dingen gefüllt, die in der Ernährungspyramide, die bei uns gut sichtbar am Kühlschrank hängt, fast gar nicht vorkommen.
Ich überlege noch, welche Konsequenz die passende wäre: Dieses Jahr keine Plätzchen backen (schon zu spät)? Auf die Stolle verzichten (scheitert an mir)? Die Kinder animieren, ihre Türcheninhalte mit ihren Freunden zu teilen (Erfolgsaussichten eher gering)? Auf die Weihnachtsgeschenke verzichten (kollidiert mit dem Glauben an den Weihnachtsmann)? Ein paar der Süßigkeiten verschwinden lassen und es dem Weihnachtswichtel in die Schuhe schieben (geht auch nicht, denn dem neuesten Adventstrend verweigere ich mich noch standhaft)?
Immerhin sind zwei der Adventskalender zum (Vor-)Lesen. Mein persönlicher Favorit ist aber der selbst gebastelte. Vor ein paar Jahren schon hat unser Großer die Tradition eingeführt, uns Eltern jedes Jahr einen Adventskalender zu gestalten – hinter jedem Türchen verbirgt sich ein selbst gemaltes Bildchen. Das ist eine der vielen neuen Traditionen, die es bei uns erst gibt, seit wir Kinder haben und die uns hoffentlich noch ein paar Jahre begleiten. Dafür nehme ich auch sehr gern belegte Fußböden und verstopfte Nasen in Kauf. In diesem Sinne: Fröhliche Weihnachten!
Kolumne von Anett Linke, Redakteurin der lausebande