Von Vorsorge und To-Do-Listen

Datum: Donnerstag, 31. Oktober 2024 11:58

In dieser lausebande geht es um das wichtige Thema Vorsorge. Das Thema ist mir so wichtig, dass es mit Erscheinen dieser Ausgabe prompt ein Stück nach oben geklettert ist auf meiner To-do-Liste. Das Problem ist, dass es schon verdammt lange auf dieser To-do-Liste steht und dass diese Liste schon ohne den Anstrich „Vorsorgedokumente erstellen“ unverschämt lang ist. Dabei bin ich ein großer Fan solcher Listen.

Durch das Muttersein haben sie sich allerdings ein wenig verändert. Manche Dinge stehen immer noch darauf wie die jährliche Steuererklärung. Andere sind verschwunden: „Buch lesen“ habe ich für viele Jahre nicht mehr aufgeschrieben, weil es zu frustrierend war, dass ich diesen Punkt wieder nicht abstreichen konnte. Viel zu viele Dinge sind neu hinzugekommen. „Loch in der Hose nähen.“ Sobald ich das von meiner Liste streichen kann, muss ich es direkt wieder draufsetzen, weil das nächste Hosenknie der Beweglichkeit der Kinder zum Opfer gefallen ist. „Termin bei der Kinderärztin.“ Wer diese Kolumne regelmäßig liest, weiß, dass ich unsere Kinderärztin in der Säuglings- und Kleinkindphase öfter gesehen habe als meinen Chef und als meine beste Freundin. Mittlerweile sind wir nur noch sporadisch dort, meist zum Impfen – was ja auch wieder zum Thema Vorsorge passt. „Elternabend.“ Das ist ein weiterer Punkt, der gefühlt ständig auf der Liste steht, weil in Schule oder Hort oder Verein oder Musikschule wieder ganz wichtige Dinge mitgeteilt werden müssen. „Gedicht/ Lied/ Zellbestandteile/ Englischvokabeln abfragen“, wobei Ersteres beliebig ausgetauscht werden kann. Unsere Kinder sind in Schuldingen praktischerweise recht selbstständig, abfragen allerdings gehört zu unseren regelmäßigen Aufgaben. Ungünstiger Nebeneffekt: Je älter die Kinder werden, desto bestürzter bin ich, was ich aus meiner eigenen Schulzeit alles schon wieder vergessen habe. Ganz aktuell steht die Geburtstagsvorbereitung ziemlich weit oben auf der Liste – auch dieser Punkt kehrt regelmäßig, nämlich drei Mal im Jahr, als to-do zurück. Und so ahne ich, dass die Vorsorge-Thematik weiter hintenanstehen muss.

Dabei finde ich, dass ich als Mama ein echter Vorsorgeprofi geworden bin. Ich war jahrelang auf alle Eventualitäten vorbereitet. Bei Ausflügen, Wanderungen, Strandtagen wusste ich irgendwann, was alles auf die „das könnten wir vielleicht brauchen“-Liste gehört: Feuchttücher, Taschentücher, Lieblingskuscheltier, Nuckel, Windeln, Wechselsachen in allen relevanten Größen, Regenschirm oder Regencape, Sonnenmütze, Sonnencreme, Pflaster, Wundspray, Picknickdecke, Buddelzeug, Ball, Snacks, Wasser. Praktischerweise hatten wir in dem Alter, als die Kinder all diese Dinge mehr oder weniger regelmäßig brauchten, noch einen Kinderwagen dabei, wo wir all das verstauen konnten. Mittlerweile passen die relevanten Dinge in einen Rucksack. Wobei die Kinder nicht einmal den mitnehmen würden, denn für sie ist der einzige wichtigste Gebrauchsgegenstand das Handy.

Noch sind wir also fleißig am Üben, damit die Kinder das mit der Alltagsvorsorge irgendwann selbst schaffen. Die aktuelle tägliche Übung besteht darin, dass die Kinder morgens an all das denken, was sie in der Schule brauchen. Jedes unserer Kinder hat das nun schon zwischen 600 und 1.200 Mal geübt. Und trotzdem schaffen sie es gelegentlich, ohne Sporttasche, Trinkflasche oder Brotdose das Haus zu verlassen. An ganz schlechten Tagen bleibt alles drei zu Hause liegen. Meine schwerste Übung dabei: Den inneren Helikopter, der umgehend anspringt, abzuschalten und ihnen all das nicht mehr hinterherzubringen. Stattdessen widme ich mich nun – hoffentlich – einer nicht minder schweren Aufgabe: mit dem Verfassen der Vorsorgedokumente beginnen.

Kolumne von Anett Linke, Redakteurin der lausebande