Der Mensch neigt ja dazu, unangenehme Erinnerungen zu verdrängen. Wie das genau funktioniert und wo das seine Ursachen hat, haben Wissenschaftler allerdings noch nicht genau herausgefunden. Eine Vermutung ist, dass frühere Väter, die noch mit Holzspeer und Säbelzahntigerfell ausgerüstet den Steinzeitkühlschrank füllen mussten, unangenehme und lebensbedrohliche Erinnerungen an Jagdzwischenfälle mit großen Tieren schnell vergessen sollten, um beim nächsten Mal nicht angsterfüllt in der Höhle hocken zu bleiben. In den vergangenen Jahren hilft uns diese Errungenschaft der Evolution, erstaunlich schnell das suizidfördernde Wetter zum Jahresbeginn zu verdrängen. Leider wurde das in meinem Familienleben in diesem Jahr von einem Ereignis überlagert, das ein Verdrängen sehr schwierig gestaltet.
Erinnern Sie sich noch an Ostern im Schnee? Ja, das ist gerade ein paar Wochen her, bezeichnenderweise fiel der Ostermontag auf den 1. April. Als Naturfreunde wollten wir den Kleinen den Suchspaß im Freien nicht verderben – und zumindest im Hinterhof unserer Altbausiedlung einige Dinge hasenstark verstecken. Als ich nach dem Frühstück das Gelände schon mal besichtigte, um die besten Versteckmöglichkeiten zu finden, waren Nachbarn mit zwei kleinen Kindern schon am Suchen. Während die Eltern sich bei einem Junior darüber freuten, dass er ein buntes Osternest im Schneehügel entdeckt hatte (wahrscheinlich wollten sie schnell wieder in die warme Stube), hatten sie den zweiten, noch kleineren Junior aus den Augen verloren. Der freute sich einen Moment später über einen Schokoladenriegel und plapperte aufgeregt „Schoka, Mama, Papa, Schoka!“. Papa kam erst stolz wie Bolle angerannt und sah dann Schoka, eine halbgefrorene Hundewurst. Ich entschied spontan, dass wir unsere Suche in den Garten verlegen.
Wieder in der Wohnung angelangt, wurde den Kleinen also sofort erläutert, dass im Hof jetzt nur Hundekacke zu finden ist und der Osterhase deshalb durch unseren Garten hoppelt. Meiner Kleinen kamen sofort die Tränen: Bei dem Wetter kommt doch gar kein Osterhase, und schon gar nicht in den Garten. Mit wichtiger Miene erzählte ich ihr von Schneehasen, die sogar in der Antarktis Ostereier verteilen – da ist das bisschen Schnee für unseren Braunhasen auch ein Klacks. Als Superdaddy setzte ich noch eins drauf und versprach ihr, dass wir im Garten Osterhasenspuren entdecken werden und wir genau dann rausfahren, dass wir ihn sogar zu Gesicht bekommen. Im Internet recherchierte ich, wie Hasenspuren aussehen und besorgte von befreundeten Karnevalsfreaks deren Ganzkörper-Hasenkostüm. Dann fuhr ich voraus und machte hier und da im Garten supergroße Hasenspuren mithilfe der Tatzenabdrücke unserer größten Plüschtiere und versteckte die Geschenke. Dann zog ich schnell das Hasenkostüm an und als meine bessere Hälfte mit den Kleinen in Sicht kam, hoppelte ich auffällig aus dem Gartenweg heraus in den gegenüberliegenden Wald.
Ich war vollkommen durchgeschwitzt und hatte mir seit einer Stunde das Pinkeln verkniffen. Als die Familie im Garten war, nahm ich den Hasenkopf ab und markierte einen Baum am Wegesrand. Ich sah aus wie einer dieser besoffenen Billig-Osterhasen einer Promoaktion im Einkaufszentrum. Ausgerechnet in diesem Moment bog eine Familie in den Weg ein, der an unserem Garten vorbei zum benachbarten Reiterhof samt Gaststätte führte. Ich traumatisierte den Osterspaziergang der gesamten Familie – und bereute die drei Tassen Kaffee bei der Internet-Recherche am morgen, denn der Strahl wollte einfach nicht enden. Auf meiner Höhe erkannte ich dann auch noch meine Hausärztin in der Schar und hoffe seitdem, dass ich unerkannt geblieben bin und beim nächsten Arztbesuch nicht gleich eingewiesen werde. Meine Kleine war jedenfalls super glücklich – aber ich verbringe die nächsten weißen Ostern ganz sicher angsterfüllt in der heimischen Höhle. Das Verdrängen funktioniert leider doch nicht immer.
Euer lausitzDADDY
Weiße Ostern
Datum: Montag, 29. April 2013 11:24
Neela - Kolumna
Neela - Kolumna, die rasende Reporterin!