Mit Milliarden und Team-Spirit zur Modellregion

Datum: Montag, 07. März 2022 13:38

Oder: wie kleine Werkstätten in der brandenburgischen Lausitz eine große Zukunft für Familien schaffen

Die Diskussion um Kohleausstieg und wirtschaftlichen Ausgleich beschäftigt uns Lausitzer schon lange. In den Wirren von zwei Jahren Pandemie ist dabei oft untergegangen, welche Dynamik der Prozess nun entwickelt hat. Dabei sollten gerade Familien genauer hinschauen, denn sie zählen zu den Gewinnern. Etliche Zukunftsprojekte sind angeschoben, die nicht nur das Leben und Arbeiten in der Lausitz enorm aufwerten werden, sondern auch den Kindern völlig neue Perspektiven in der Heimat eröffnen. Anders als in den 1990er-Jahren kommen wir diesmal in einen Aufbruch, der insbesondere den jüngeren Generationen jede Menge Chancen zu bieten hat und Familien diesmal zusammenhalten kann. Dabei hat der Brandenburger Teil der Lausitz die Nase deutlich vorn, hier sind erste Erfolge wirklich schon sichtbar. Ein wichtiger Baustein in diesem Prozess sind kleine Werkstätten, die sehr viel mit großen Hoffnungen für Familien zu tun haben.

Die Grundlagen des Aufbruchs

Wussten Sie, dass die Lausitz tatsächlich auf dem Weg zur Europas Modellregion für Nachhaltigkeit, Klimaschutz und Wachstum ist? So steht es nicht nur auf dem Papier, tatsächlich schaut die ganze EU genau zu, ob bei uns der Transfer aus einer fossilen Ära in eine moderne, nachhaltige Energie-, Wissens- und Technologieregion gelingt. Die Lausitz wird als Vorbild für 40 weitere Kohleregionen in Europa gesehen, denn nirgends sonst sind die Rahmenbedingungen so gut – immerhin investiert unser Land rund 17 Milliarden Euro in diesen Umbau. Deutschlands Entscheidung, fürs Klima aus der Kohle auszusteigen, ist diesmal für die Lausitz ein Segen. Sie erhält nicht nur einen Ausgleich, sondern echte Zukunft und internationale Aufmerksamkeit.

Die rund 17 Milliarden Euro für neue Zukunftsprojekte fließen auf zwei Wegen in die Region. Zum einen direkt über den Staat, über den sogenannten „Bundesarm“. So werden neue Straßen und Schienenwege gebaut – wie eine ICE-Schnellzugtrasse, die unsere Lausitz künftig mit Berlin und Breslau verknüpft. Oder Europas modernstes Bahnwerk in Cottbus, dessen Bau bereits gestartet wurde und dessen erster Teil schon in gut zwei Jahren an den Start geht. Auch bei uns geht Tesla-Geschwindigkeit! An den Lausitzer Hochschulen wurden unzählige Projekte und Institute angeschoben, meist geht es darum, Klima und Energie in Einklang zu bringen. Eine Universitätsmedizin soll als Pionier für Deutschland digitale Pflege und Medizin erforschen und anwenden. Für all das ist der Staat zuständig und hilft direkt.

Auf dem zweiten Weg stellt der Staat den Ländern Geld zur Verfügung. Über den sogenannten „Landesarm“ werden Projekte der Kommunen oder des jeweiligen Landes finanziert. Hier gibt es in jedem betroffenen Bundesland eigene Verfahren. Nur in Brandenburgs Lausitz wurde dabei ein Prozess erfunden, der aus der Region heraus von unten nach oben und erstaunlich unkompliziert gestaltet wird. Hier hat sich auch in den Köpfen viel verändert. Galt Brandenburg bei Großprojekten lange als weniger erfolgreich und wir Preußen sowieso eher als bürokratieverliebt, so folgt dem Sprint beim Bau der Tesla-Fabrik nun in unserer Lausitz ein zweiter Sprint hin zur schnellen Umsetzung von Megaprojekten. Und der beginnt in jenen innovativen Werkstätten – die inzwischen ebenso als Modell für die regionale Umsetzung europäischer Wandelprozesse gehandelt werden.

 

Brandenburgs Werkstattprozess

Zu einer Bewertung der Geschwindigkeit muss man wissen, dass der Prozess in den Regionen selbst erst vor einem guten Jahr gestartet werden konnte. Auch wenn das Thema Kohleausstieg schon ein „alter Hut“ scheint, wurden die grundlegenden Gesetze erst im Spätsommer 2020 verabschiedet, erst dann erfolgten Gespräche zwischen Bund und Ländern und schließlich die regionale Anbindung und Ausgestaltung des Landesarms.

In die südliche zu Sachsen zählende Lausitz fließen über diesen Landesarm rund 2,4 Milliarden Euro. Dort holpert es nach einem Jahr mächtig zwischen Landesebene und Lausitzer Kommunen. In die nördliche zu Brandenburg zählende Lausitz fließen mit 3,7 Milliarden Euro weitaus mehr Mittel. Und genau hier wurden innovative Werkstätten ins Leben gerufen, die in nur einem Jahr in enger Kooperation zwischen Region und Land Projekte im Volumen von einer Milliarde Euro angeschoben haben. Die Geschwindigkeit sollte uns Brandenburger echt stolz machen. Dabei hat die Region trotz des Sprints ein gehöriges Wort mitzureden. Das Management übernimmt eine in Cottbus ansässige Entwicklungsgesellschaft, an der sowohl das Land Brandenburg als auch die Südbrandenburger Landkreise und die Stadt Cottbus beteiligt sind. Dort wurden zum Jahresende 2020 fünf Werkstätten zu unterschiedlichen Themen von Wirtschaft über Digitalisierung bis zur Lebensqualität ins Leben gerufen, in denen seitdem Zukunftsprojekte für die Brandenburger Lausitz diskutiert und empfohlen werden.

Genau diese Werkstätten stehen für einen neuen Brandenburger Spirit. Obwohl sie die Grundlage für die richtige Investition der rund 3,7 Milliarden Euro über den Landesarm schaffen, haben sie nicht einmal eine Geschäftsordnung. Es gibt auch keine komplexen Abstimmungsverfahren. Hier heißt es: Gemeinsam Perspektiven schaffen – und: einfach mal Machen! Dabei wird jede Werkstatt von einem waschechten Lausitzer als Sprecher geleitet. Die Werkstätten arbeiten als runde Tische, mit Vertretern der Lausitzer Kommunen, der Wirtschaft, der Wissenschaft und der Zivilgesellschaft. Jeder Platz am Tisch steht so immer für ganz viele Kommunen, Unternehmen oder Bürger. Auch Vertreter des Landes haben hier ihren Platz. Die Arbeit ist transparent. Alle Mitglieder erhalten rechtzeitig Informationen zu aktuellen Projektideen. Sie können diese in ihrem Netzwerk besprechen. So sind alle Kommunen, Unternehmen, Kulturtreibende oder Wissenschaftseinrichtungen einbezogen. In den Sitzungen werden die Projektideen dann besprochen und auf Effekte für den Lausitzer Wandel geprüft. Drei Prioritäten für die Veränderung der Lausitz stehen im Mittelpunkt:

  • Stärkung & Entwicklung der Wettbewerbsfähigkeit
  • Bildung und Fachkräfteentwicklung
  • Stärkung und Entwicklung von Lebensqualität & Vielfalt


So werden gemeinsam Ideen für Zukunftsprojekte qualifiziert und nur, wenn sie einvernehmlich befürwortet werden, zur Umsetzung empfohlen. Kampfabstimmungen und Kompetenzgerangel gibt es nicht. Das wirkt fast schon wie eine ritterliche Tafelrunde zum Wohl der Gemeinschaft. Die Werkstätten treffen sich regelmäßig und lassen sich natürlich von Experten beraten, schließlich geht es meist um Investitionen im Millionenbereich. Insgesamt wurde aus der Region heraus ein hochdemokratischer Prozess installiert – von unten nach oben. Das nennt sich auch Bottom-Up-Prinzip – und genau solche Verfahren stehen für den europäische Gedanken.

Zukunftsprojekt

Brandenburgs Landeskampagne unter dem Motto „Es kann so einfach sein“ scheint für den gesamten Prozess das Vorbild zu sein. Ein einfacher Steckbrief mit rund zwei Seiten Umfang reicht aus, um Projektideen in den Werkstattprozess einzubringen. Keine gute Idee soll verloren gehen. Da sämtliche Kommunen einbezogen sind, können Bürger ihre Ideen auch beim Bürgermeister oder den Gemeindevertretungen einbringen. So kann in der Brandenburger Lausitz wirklich jeder mitmachen. Diese unkomplizierten Verfahren und die gelebte Zusammenarbeit aller Akteure in den Werkstätten haben zu einem echten Team-Spirit geführt. Allein im ersten Jahr konnten rund 50 Projekte im Volumen von fast 1 Milliarde Euro angeschoben werden. Sie reichen vom nachhaltigen Nahverkehr mit Wasserstoff über die Entwicklung von Gewerbe- und Industriegebieten bis zum international einzigartigen Forschungsprojekt für hybrid-elektrisches Fliegen. Im Vergleich zu Sachsen macht Brandenburg hier den Unterschied für einen tatsächlichen Transfer der Region. Die Projektliste verbindet mit klarer Priorität Effekte für Wirtschaft, Beschäftigung und gutes Leben. Unsere Region schreibt ihre eigene Zukunft, nicht „die da oben“.


Die Werkstätten arbeiten wie ein runder Tisch – mit Vertretern von Region und Land.

Das Haus des Strukturwandels

Aus diesem innovativen Miteinander von Region und Land wurde ein echtes Haus gebaut. So hat das Land Brandenburg in der Cottbuser Stadtmitte ein „Haus des Strukturwandels“ errichtet. Hier arbeiten der Lausitzbeauftragte als Teil der Landesregierung, Vertreter von Landesbank und Wirtschaftsförderung und die Lausitzer Entwicklungsgesellschaft Hand in Hand. Sie alle begleiten nicht nur den Werkstattprozess, sondern sind beständig vor Ort unterwegs und ansprechbar. Auch diese Bindeglieder sorgen dafür, dass keine Idee verloren geht und von Anfang an alle Kompetenzen verfügbar und gebündelt sind und somit mehr Geschwindigkeit ermöglicht wird.

Sprint, Marathon und Aufbruch!

Wie wichtig die Geschwindigkeit der Werkstätten für die Zukunft unserer Familien und Kinder ist, zeigt ein Blick auf die Zeitachse. Denn am Ende ist der Transfer der Lausitz ein echter Marathon. Wenn Projekte durch Region und Land (beim Land macht das die sogenannte IMAG – eine Interministerielle Arbeitsgruppe) bestätigt werden, folgen oft langjährige Planungs-, Genehmigungs- und Finanzierungsverfahren. Bis 2038 ist der Prozess schließlich angelegt und wird diese Zeit auch benötigen. Manches Projekt wird erst in vielen Jahren Wirklichkeit. Nicht selten widmen sich erste bestätigte Projekte auch Vorbereitungsmaßnahmen für größere Megaprojekte. Die Signale sind aber klar: Zukunft wird sichtbar, das Geld ist eingeplant, der Aufbruch ist da. Wir sollten neuen Stolz auf unsere Modellregion entwickeln. Hier passiert etwas, das für ganz Europa beispielgebend ist und gerade im Bereich Klima und Energie eine der größten Herausforderungen unserer Zeit lösen hilft. In der Lausitz lässt sich tatsächlich noch die Welt verändern – das sollten wir unseren Kindern mit auf den Weg geben. Wir sind wichtig, innovativ und schnell – und nicht selten beginnen solche großen Veränderungen eben in kleinen Werkstätten. Insofern können auch Familien von jenen runden Tischen lernen und ruhig einmal ihre Ideen für eine Zukunft in der Lausitz gemeinsam diskutieren – und so ganz in Familie Teil des Aufbruchs werden.

Weitere Informationen:

www.wirtschaftsregion-lausitz.de