Elina Finkel, Hausregisseurin der neuen Bühne Senftenberg. Foto: Steffen Rasche
Wie ein System aus Gewalt Täter erzeugt – ein Spiegel unserer Zeit.
Am 14. Oktober feiert an der neuen Bühne einer der Literaturklassiker – Georg Büchners „Woyzeck“ – Premiere. Es ist eine altbekannte Geschichte neu betrachtet: Woyzeck dient als einfacher Soldat und muss seine junge Familie, Marie und den unehelichen Sohn Christian, ernähren. Um etwas Geld zu verdienen, rasiert er seinen Hauptmann und macht sich bei wissenschaftlichen Experimenten zum Versuchsobjekt. Psychisch und physisch gequält, steckt er die Erniedrigungen seiner gnadenlosen Umgebung ein. Doch als er erfährt, dass Marie eine Affäre mit dem Tambourmajor hat, brennen bei ihm alle Sicherungen durch. Woyzeck kauft sich ein Messer und tötet Marie …
Georg Büchners Fragment gebliebenes Theaterstück von 1836/37 gilt heute als eines der wichtigsten Dramen der deutschen Literaturgeschichte. Der Autor ließ sich von einem wahren Fall inspirieren, bei dem ein Soldat 1824 wegen Mordes zum Tode verurteilt wurde. Mit psychologischem Scharfsinn führt die Geschichte ein System der Gewalt vor Augen, in dem aus Angst und Hass ein Opfer zum Täter wird. Eine Spirale, aus der es scheinbar keinen Ausweg gibt. Doch dies kann nicht mehr länger als Rechtfertigung für einen Femizid dienen. Hausregisseurin Elina Finkel untersucht den Klassiker auf patriarchalisch geprägte Rollenbilder und geht den Ursachen für Gewalt gegen Frauen nach.
„Es wird immer nach unten getreten. Es geht immer gegen die sozial Schwachen. Und es findet sich immer noch ein Schwächerer als man selber. Im Falle von Woyzeck, der physisch und psychisch geschunden wird, ist es Marie, seine Frau. „Der Mensch ist dem Menschen ein Wolf“. Und diese Spirale der Gewalt, aus Angst geboren, lässt sich gerade wieder in vielen Gesellschaften beobachten. Es geht immer gegen den noch Schwächeren, den Andersdenkenden, den „Anderen“. Meistens sind es Männer, die Gewalt erfahren und auch Gewalt ausüben. Und diese patriarchale Welt hat leider nichts an Aktualität verloren, im Gegenteil, sie wird wieder stärker und präsenter. Diese Welt zeugen wir auf einer dystopisch anmutenden Bühne, die schön und kalt ist, und die Menschen darin sind auf ihr kreatürliches Dasein zurückgeworfen. Und gleichzeitig ist es auch eine Art Rock-Konzert, denn Matthias Manz unterlegt die Geschichte live auf dem Schlagzeug.“, so die Regisseurin Elina Finkel über ihre Inszenierung
Hausregisseurin Elina Finkel inszeniert im Bühnen- und Kostümbild von Olesia Golovach. Die aus der Ukraine geflüchtete Künstlerin arbeitet zum ersten Mal an der neuen Bühne Senftenberg. Live-Musik zur Inszenierung entwickelt und spielt Matthias Manz.