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Datum: Donnerstag, 02. April 2015 09:50

 

Fragwürdige Ratgeber


Es gibt viele Ratgeber, die sich leider alle schwer beurteilen lassen. Selbst Vorzeigeprojekte mit öffentlich-rechtlicher Beteiligung wie „Schau Hin“ oder Projekte zum sicheren Internet für Kids sollten Eltern hinterfragen. Zu schnell wird die vermeintliche Sicherheit zur Ausrede und man überlässt Kinder guten Glaubens den Medien. Viele Ratgeber werden auch von Medien gemacht, die sich selbst kaum infrage stellen können. Selbst die Politik steht der Entwicklung scheinbar hilflos gegenüber. Anders ist kaum zu erklären, dass vor wenigen Jahren eine vom Bundestag mitgetragene Jury das Ego-Shooter Computerspiel „Crysis 2“ mit dem Deutschen Computerspielepreis auszeichnete. In vielen Bildungsministerien wird davon gesprochen, Schülern zu mehr Medienkompetenz auch bei der Kultur des Computerspiels zu verhelfen. Das ist schlichtweg Quatsch, Computerspiele tragen nicht zur geistigen und körperlichen Entwicklung bei. Insofern verzichten wir an dieser Stelle auf den sonst üblichen Rat, welche Mediennutzung in welchem Alter und in welchem Ausmaß angemessen ist. Vor dem Schreiben dieses Artikels hatten wir bereits in unserem Familienmedium die Initiative www.schau-hin.info als Orientierung empfohlen. Auch hier steht die Politik in Form des Bundesministeriums für Familien dahinter, mit ARD, ZDF und TV Spielfilm aber Partner aus dem Medienbereich und mit Vodafone ein Konzern, der mit der Nutzung digitaler Endgeräte sein Geld verdient. Insofern müssen sich Eltern heute wohl leider selbst ein Bild machen.

Altes & Neues

Das Gewalt in Computerspielen abstumpft und Spieler von Ego-Shootern tatsächlich emotional beeinflusst werden, wissen Eltern. Studien haben das längst untermauert. Da mögen Spielebranche und Spieler immer beteuern, das wäre nicht so. Nicht von ungefähr zählen Amokläufer und Gewalttäter oft zu diesem Spielerkreis, auch wenn diese wiederum die schreckliche Ausnahme in einer großen Gemeinschaft sein mögen.
Was in sozialen Netzwerken heute in ist, kann hingegen morgen schon wieder out sein. Dass Eltern darauf achten sollten, was die Kids in facebook, youtube, Instagram & Co. so alles teilen, ist ebenso längst bekannt. Dazu gehört sicher auch, die Nutzung der sozialen Netzwerke durch die Kids ständig zu hinterfragen. So werden alle Nase lang die Nutzungsbestimmungen geändert, um noch besser an die persönlichen Daten der Nutzer zu gelangen, facebook hat das z.B. gerade zum Jahresbeginn getan. Im Bereich der sozialen Netzwerke gibt es aber immer neue Entwicklungen. Viele angeblich kindgerechte Chats waren bereits wegen pädophiler Umtriebe in der Kritik. Wie weit die mediale Gefährdung der Kids gehen kann, zeigt jetzt aber die Trendplattform YouNow. Hier senden Kinder direkt aus dem Kinderzimmer, live und per Video. Dazu können andere User live im Chat kommunizieren. Wer die meisten User in seinem Chat hat, der ist angesagt. Die Gefahren liegen auf der Hand: Inhalte werden hier ohne Bedenkzeit live gesendet, jeder kann in Kontakt treten und gerade Kinder können zu fragwürdigen Aktionen mit entsprechender Resonanz verleitet werden, um in der digitalen Beliebtheit aufzusteigen. Jeder kann das eigene Kind dort sehen, bis hin zum pädophilen Chatpartner, wenn Eltern dies dem Selbstlauf überlassen.
Viele Eltern wissen auch nicht, dass Kinder in Computerspielen beständig mit Anderen in Kontakt treten. Chats sind in vielen Spielen mit gemeinschaftlichen Strukturen (wie COC) fester Bestandteil. Hier kann sich jeder frei bewegen und Kinder sind in spielerischen Situationen auch auskunftswilliger. Ein Bereich, der entgegen der bekannten Warnungen bei sozialen Netzwerken kaum beachtet wird.

Fazit

Ursprünglich war dieses Thema als klarer Ratgeber gedacht, wie Eltern ihre Kinder an digitale Medien heranführen können. Leider führte eine gründliche Auseinandersetzung mit dem Thema dazu, dass ein sachlicher und kompetenter Rat kaum möglich scheint. Wir leben in einer Welt digitaler Medien und uns Erwachsenen bietet sie auch unzählige Vorteile. Sie vereinfacht nicht nur unser Leben, sondern erschließt uns Wissen und Informationen. Die Dynamik des digitalen Wandels wird sicher weiter zunehmen, und es ist schlichtweg unrealistisch, Kinder von dieser Welt auszunehmen. Die Hinweise dieses Beitrags können vielleicht helfen, einen sinnvollen Weg zu hinterfragen. Sie sind nicht der Rat eines Experten, sondern ein elterlicher Denkanstoß und das Ergebnis einer Recherche, bei der andere Eltern auch zu anderen Ergebnissen kommen mögen. Wer seinem Kind ein verlässlicher Partner bei der Entdeckung digitaler Medien sein möchte, der muss sich selbst ein Urteil bilden. Informationen zum Thema gibt es viele. Dabei sollte man aber immer darauf achten, wer den Rat gibt. Oft sind es Medienwissenschaftler oder Medienpädagogen, die ihre persönliche Nähe schon im Namen tragen. Nicht selten sind es Angebote kommerzieller oder öffentlich-rechtlicher Anbieter aus der Medienbranche, deren Interessen ebenso klar sein dürften.

Folgende Literaturhinweise und Internetseiten können bei einer ersten Orientierung helfen:

Digitale Demenz – Wie wir uns
und unsere Kinder um den
Verstand bringen
Manfred Spitzer
368 Seiten, 19,99 EUR
Unsere Empfehlung: Für einen differenzierten Blick auf das Thema unbedingt lesen! Eine fundamentale Kritik an den Auswirkungen digitaler Medien auf unsere Kinder, die man nicht immer teilen muss, die aber auf jeden Fall das Bewusstsein schärft.

Vorsicht Bildschirm
Manfred Spitzer
320 Seiten, 9,90 EUR
Bereits vor dem Buch „Digitale Demenz“ schilderte Manfred Spitzer als einer der populärsten deutschen Hirnforscher die schädlichen Auswirkungen von Fernsehen, Video- und Computerspielen, Gameboy und stundenlangem Surfen im Internet für unsere Kinder.

www.schau-hin.info
Ratgeber, wie Eltern mit ihren Kindern Medien gemeinsam entdecken können – mit Empfehlungen nach Altersstufen und praktischen Tipps für den ganz normalen Alltag.

www.fragfinn.de
Kindersuchmaschine mit einem sicheren Surfraum für Kinder von 6 bis 12 Jahren. Hier sind ausschließlich für Kinder unbedenkliche Seiten zugelassen, die von Medienpädagogen redaktionell geprüft werden. Die Liste kindersicherer Internetseiten wird täglich aktualisiert, ergänzt und geprüft.

www.klicksafe.de
Eine EU-Initiative für mehr Sicherheit im Netz, ebenfalls mit einem geschützten Surfraum für Kinder und vielen Hinweisen und Anregungen, wie Kinder das Internet entdecken und nutzen können.

www.sicher-online-gehen.de
Initiative von Bund, Ländern und Wirtschaft für ein sicheres Internet für Kinder und Jugendliche mit Hinweisen für Eltern und zu bestehender Jugendschutzsoftware wie den oben ausgeführten Angeboten.