„Es ist vor allem dies: sich Zeit nehmen, zuhören ...“
Interview mit Dr. Simone Stolz, Oberärztin an der Kinder- und
Jugendklinik des Carl-Thiem-Klinikum Cottbus
Wann würden Sie einem Patienten Verfahren der Alternativmedizin empfehlen? In unserem Klinikalltag ist es oft so, dass die Fragen nach alternativen Therapieoptionen von den Eltern kommen. Wichtig ist für mich, dass die Eltern wissen, dass ich naturheilkundlichen Methoden prinzipiell offen gegenüber stehe und auch wissen möchte, welche ergänzenden Therapien das von mir behandelte Kind erhält. Viele Eltern setzen „pflanzlich“ mit „natürlich „ und „ungefährlich“ gleich, was leider nicht immer stimmt. Empfehlen würde ich naturheilkundliche Verfahren z.B. bei Erkältungskrankheiten, akuten oder chronischen Magen-Darm-Erkrankungen.
Gibt es etwas, was die Schulmedizin von der Alternativmedizin/Naturheilkunde lernen kann? Es ist vor allem dies: sich Zeit nehmen, zuhören und das immer wieder im Verlauf der Therapie. Im Gegensatz zur Erwachsenenmedizin gelingt uns Kinderärzten das sicher schon ganz gut, aber gerade im Klinikalltag nicht immer ausreichend. Aber auch Alternativmediziner sollten von der Schulmedizin lernen und z.B. ihre Mittel und Methoden wissenschaftlichen Tests unterziehen.
Würden Sie sich ein engeres Miteinander von Schulmedizin und Alternativmedizin wünschen? Ja, unbedingt. Der jahrzehntelange Streit von Schulmedizin gegen Alternativmedizin, Altbewährtem gegen Wissenschaft und Natur gegen Chemie sollte beigelegt werden. Wir in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin haben das deutlich gemacht, indem wir 2012 unseren jährlichen Fortbildungstag unter das Thema Alternativmedizin gestellt haben. Inzwischen gibt es auch erste Ambulanzen, in denen Naturheilkundler und Schulmediziner zusammenarbeiten. Ich selbst habe mehrmals mit Naturheilkundlern Kontakt aufgenommen, um von ihnen erstellte Therapiepläne zu hinterfragen. Leider habe ich bisher nie erlebt, dass ein Naturheilkundler sich mal bei mir zu einem Krankheitsbild erkundigt hat. Oft wird ja dargestellt, die Schulmediziner wollen von Naturheilkunde nichts wissen. Wir müssen da aufeinander zugehen: Schulmediziner und Naturheilkundler. Schulmediziner müssen offener und neugieriger auf die Naturheilkunde werden und die Alternativmediziner kompromissbereiter.
Was raten Sie als Schulmediziner bei ...
...Fieber: Natürlich sollte Fieber bei einem Kind immer Anlass sein, die Ursache zu ergründen, also eine Diagnostik durchzuführen. Fieber hat oft einen Sinn. So weiß man, dass Temperaturen über 38,5 °C bei viralen Infektionen zu einer Abtötung der Viren führen. Also ist es nicht immer sinnvoll, Fieber unbedingt zu senken. Dies sollte man nur tun, wenn es dem Kind dabei schlecht geht, z.B. kalte Hände und Füße schmerzen oder das Kind über Kopfschmerzen klagt oder insgesamt im Allgemeinzustand beeinträchtigt ist. Und da stehen auch für einen Schulmediziner physikalische Maßnahmen und nicht Medikamente an erster Stelle. Wadenwickel und Brustwickel (richtig angewandt), kalte Getränke, eine dem Fieber angepasste Bekleidung sind hier wichtig. Bei zusätzlichen Schmerzen und nicht ausreichendem Effekt natürlich auch Nurofen oder Paracetamol als fiebersenkende Medikamente.
... Neurodermitis: Chronische Hauterkrankungen wie Neurodermitis werden immer häufiger und sind oft schwer zu beeinflussen. Wichtig ist auch hier zunächst die Diagnostik: zum Beispiel die Suche nach Nahrungsmitteln, die als Auslöser fungieren oder zu einer Verschlimmerung der Symptome führen. Die Überlegung, ob seelische Konflikte beim Kind einen Neurodermitisschub ausgelöst haben. Zur Basispflege der Haut empfehlen wir feuchtigkeitsspendende, rückfettende Cremes, z.B. harnstoffhaltige Salben. Kühlende Umschläge z.B. mit schwarzem Tee bringen eine zusätzliche Linderung. Aber natürlich haben in der Therapie auch kortisonhaltige Salben als Kurzzeittherapie ihren Platz, wenn sich der Hautbefund nicht bessert, durch aufgekratzte Hautveränderungen die Gefahr der Infektion mit Bakterien steht oder das Kind durch den quälenden Juckreiz nicht mehr schlafen und sich in der Schule nicht konzentrieren kann. Auch Antihistaminika als medikamentöse Therapie gegen den Juckreiz sind Teil des Therapiekonzeptes. Zusätzlich empfohlen werden die Lichttherapie oder Therapie mit Nachtkerzenölkapseln.
Zahnungsbeschwerden
Das Zahnen kann bei Säuglingen und Kleinkindern Beschwerden wie Unruhe, Schlafstörung, lokale Schmerzen oder vermehrten Speichelfluss hervorrufen. Das Beißen auf harte Gegenstände z.B. einen Beißring ist Mittel der ersten Wahl. Besonders wirksam ist es, den Beißring vorher in den Kühlschrank zu legen. Auch das vorsichtige Massieren des Zahnfleisches mit einem sauberen Finger bringt Linderung. Pflanzliche Mundgele enthalten entzündungshemmende oder schmerzlindernde Pflanzenextrakte. Hier ist der Markt sehr groß und die Eltern sollten sich die Inhaltsstoffe genau ansehen und auch nach dem Alkohol- und Zuckergehalt sehen. Die Anwendung sollte nur über einen begrenzten Zeitraum erfolgen. Empfehlen würde ich z.B. Gele mit Kamillenextrakt. Schmerzmittel wie Ibuprofen oder Paracetamol sollten zurückhaltend und nur kurzfristig in der dem Gewicht angepassten Dosierung angewandt werden.
Puppen-Dr. Pille – Auf die sanfte Art
Datum: Dienstag, 05. Mai 2015 09:04
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