Die wichtigsten familienpolitischen Leistungen in Deutschland im Überblick:
Kindergeld: Seit Jahresbeginn gibt es für das erste und zweite Kind monatlich 188 Euro, für das dritte Kind 194 Euro und für jedes weitere 219 Euro. 2016 werden die Beträge erneut um jeweils 2 Euro angehoben.
Elterngeld: Der Staat zahlt Eltern, die ihr Kind in den ersten 14 Monaten selbst zu Hause betreuen einen anteiligen Lohnausgleich, der etwa zwei Drittel des vorhergehenden Nettoeinkommens beträgt. Neu seit dem Sommer ist das ElterngeldPlus, mit dem Eltern unterstützt werden, die schnell wieder in den Beruf einsteigen und zunächst Teilzeit arbeiten. Entscheiden sich beide Elternteile für eine Teilzeitstelle, gibt es zusätzlich einen Partnerschaftsbous.
Kinderzuschlag: Seit 2005 können Eltern bei der Familienkasse der Agentur für Arbeit einen Kinderzuschlag beantragen. Darauf haben Eltern mit einem Mindesteinkommen von 900 Euro (600 Euro für Alleinerziehende) und einem individuell zu berechnenden Höchsteinkommen Anspruch. Der Kinderzuschlag beträgt derzeit maximal 140 Euro pro Monat und Kind, ab Juli 2016 steigt er auf 160 Euro. Vom Kinderzuschlag profitieren besonders oft Alleinerziehende und Kinderreiche. Wer Anspruch auf den Kinderzuschlag hat, erhält auf Antrag meist auch sogenannte „Leistungen auf Bildung und Teilhabe“. Das sind Zuschüsse für Klassenfahrten, Kitaessen oder Schulbus.
Rente: Bei der Rentenberechnung werden Kindererziehungszeiten (bis zu drei Jahre) angerechnet, so als hätten die Eltern in dieser Zeit gearbeitet und Rentenbeiträge eingezahlt. Die Erziehungszeit können nicht beide Partner gleichzeitig beanspruchen. Einen speziellen Bonus für Kinderreiche gibt es nicht.
Besteuerung: Bei der Einkommenssteuer werden Eltern mit dem Kinderfreibetrag (7.152 Euro pro Jahr und Kind) entlastet. Im Gegensatz zum Kindergeld wird der Kinderfreibetrag nicht ausgezahlt sondern ist ein Freibetrag, der vom zu versteuerndem Einkommen abgezogen wird und sich bei der Berechnung der Einkommensteuer steuermindernd auswirkt. Ob die Kindergeldzahlungen oder der Kinderfreibetrag für Steuerpflichtige vorteilhafter ist, prüft das Finanzamt automatisch mit der Steuererklärung. Eine steuerliche Entlastung speziell für Kinderreiche gibt es anders als in Frankreich nicht. Das umstrittene Ehegatten-Splitting bevorzugt verheiratete Paare, wovon insbesondere jene Paar mit klassischer Rollenverteilung profitieren: Der Mann hat ein hohes Einkommen, die Frau verdient nichts oder wenig. Derzeit wird die Abschaffung des Ehegatten-Splittings zugunsten eines Familien-Splittings diskutiert.
Der deutsche Staat unterstützt Familien also sehr wohl und erkennt ihre Leistung an, eine explizite Förderung für das Familienmodell „2plus“ gibt es bisher nicht. Dabei beklagen die meisten Mehrkind-Familien gerade die fehlende Anerkennung und Wertschätzung – nicht nur in finanzieller Hinsicht. Ob bei der Wohnungssuche, beim Museumseintritt, bei der Vereinbarkeit von Beruf und Familie - gerade mit Blick auf Länder wie Schweden oder Frankreich, haben wir in Deutschland noch Luft nach oben. Hier werden Großfamilien durchaus schief angesehen, wenn sie ins Restaurant gehen oder im Supermarkt einkaufen. Sie haben ein schlechtes Image, gelten als arm und verantwortungslos. Frauen, die zum vierten oder fünften Mal schwanger sind, müssen sich Kommentare anhören, die bis zu sexuellen Anspielungen reichen. Zuletzt hat selbst der Papst mit seinem Karnickel-Vergleich für Aufsehen gesorgt. Wenn wir uns in Deutschland tatsächlich mehr Kinder wünschen, dann müssen sich nicht nur mehr Paare überhaupt für Kinder entscheiden. Dann müssen sich mehr Paare für ein drittes oder viertes Kind entscheiden. Eine Willkommenskultur für dieses dritte oder vierte Kind wäre ein guter Anfang.
Angebote für (Groß-)Familien in Brandenburg und Sachsen
Der Familienpass Brandenburg bietet Familien jährlich Rabatte aus den Bereichen Freizeit, Bildung, Sport und Spaß, darunter ermäßigter Eintritt ins Schwimmbad oder in den Tierpark. Der Pass gilt vom 01.07. bis zum 30.06. für die ganze Familie (mind. ein Erwachsener und ein Kind bis zum vollendeten 18. Lebensjahr). Den Familienpass Brandenburg für 2015/2016 enthält 626 Rabatt-Angebote und kostet 3 Euro. Er ist übers Internet oder in Zeitschriftenläden erhältlich.
Der Familienpass Sachsen bietet Familien mit mindestens drei Kindern (oder mit einem schwerbehinderten Kind oder Alleinerziehenden mit zwei Kindern) freien Eintritt in etwa 30 Schlösser und Museen des Freistaates, u.a. ins Barockschloss Rammenau, ins Hygiene-Musuem Dresden, ins Grassi-Museum Leipzig. Den Familienpass erhält man unabhängig von Einkommen und Vermögen. Den Antrag stellt man bei der Kommune.
Interview: Familie Jäger aus Nürnberg mit fünf Kindern: 14 Jahre, 10, Jahre, 7 Jahre, 4 Jahre und 1 Jahr
Inwiefern macht der Alltag mit vielen Kindern Ihr Leben und das Ihrer Kinder reicher?
Jedes Kind bringt seine eigene Persönlichkeit mit. Es ist spannend, wenn so viele unterschiedliche Menschen zusammen leben. Die Kinder finden es (meistens) toll, dass immer jemand zum Spielen (und auch zum Streiten) da ist. Sie miteinander aufwachsen zu sehen und zu erleben, wie die Geschwisterbeziehungen sich entwickeln, ist einfach schön. Bei uns zu Hause ist es selten ruhig, häufig chaotisch, aber immer wird auch viel gelacht. Am meisten genießen wir es, gemeinsam als Familie Ausflüge und Urlaub zu machen.
Was sind die größten Herausforderungen, vor denen Sie als Familie mit vielen Kindern stehen?
Es ist nicht immer einfach, die Bedürfnisse von mehreren Kindern zwischen Baby- und Teenageralter unter einen Hut zu bekommen. Außerdem ist es eine Herausforderung, alle wichtigen Termine zu koordinieren. In Krankheitszeiten bricht die Logistik leicht einmal zusammen... Leider wohnen die Großeltern zu weit weg um uns im Alltag zu helfen, aber wir haben zum Glück ein gutes soziales Netz, das im Notfall greift.
Wenn Sie einen Wunsch frei hätten – was sollte sich für Familien in Deutschland ändern?
Ich wünsche mir mehr Anerkennung für Familien. Damit meine ich nicht nur finanzielle Aspekte, die zweifelsohne auch wichtig sind (z.B. bei den Themen Sozialversicherung und Rente). Ich wünsche mir vor allem, dass Kinder einfach willkommen sind und überall ganz selbstverständlich dazugehören.