Bewegung in den ersten Lebensmonaten
Die Sportpädagogin Prof. Dr. Renate Zimmer plädiert für regelmäßige Bewegung ab dem ersten Lebenstag (s. Interview). Das heißt nicht, dass Eltern täglich eine Sporteinheit auf der Wickelkommode organisieren müssen. Es heißt: Schon die Kleinsten wollen sich bewegen und brauchen dafür genügend Freiraum. Babys haben sich zwar schon in Mamas Bauch ordentlich bewegt. Dank des Fruchtwassers war aber die Schwerkraft nicht im Weg. Daher haben Neugeborene eine nur schwach ausgeprägte Muskulatur, sie können ihren Kopf beispielsweise nicht allein halten. Einmal aus dem Bauch heraus, holen sie aber ganz schnell auf, indem sie sich bewegen – zunächst einmal heißt das: kräftig strampeln.
Deswegen gehören Babys so selten wie möglich in die Babywippe. Das schränkt ihren Bewegungsradius zu stark ein. Zudem ist das Liegen auf einer geraden Unterlage besser für die winzige, zum Zeitpunkt der Geburt noch gerade Wirbelsäule. Auch sollten die Kleinen nicht länger als nötig in der Babyschale des Autos verbringen. Sonst steigt die Gefahr für spätere Haltungsschäden. Daher: Babys auf die Strampeldecke. Auch von da können die Kleinen die Welt wunderbar erkunden und Mama im Blick behalten. Sie können frei strampeln, versuchen das Köpfchen zu heben und sich auf die Unterarme zu stützen, später werden sie sich drehen und robben. Eltern können die Kleinsten einerseits mit einfachen Übungen dabei unterstützen: Sie können über die Fußsohlen ihres Babys streicheln oder sanft dagegen drücken. Sie können ihr Baby mit dem Rücken an ihren Bauch halten und sich nach vorn beugen, das stärkt die Halsmuskulatur. Eine Massage nach dem Waschen oder das Tragen auf dem Arm bzw. im Tragetuch/-rucksack unterstützt seine motorische Entwicklung. Wer sich und das Baby bewegen will, findet Kursangebote schon für die Kleinsten: Babyschwimmen, PeKiP-Kurse oder Babymassage. Da können bereits wenige Wochen alte Babys mitmachen. Pluspunkt: Mama (oder Papa) und Kind kommen unter andere Leute. Andererseits kann falscher Ehrgeiz schaden: Ein Kind, das noch nicht allein sitzen kann, gehört nicht in einen Hochstuhl oder Buggy. Eine Lauflernhilfe wird mehr schaden als nutzen. Eltern sollten ihrem Nachwuchs also die Zeit geben, die er braucht, um krabbeln, sitzen und laufen zu erlernen. Aber dann kann es losgehen.
Bewegung für Kleinkinder
Wird der Nachwuchs ab dem zweiten Lebenshalbjahr mobiler, können Eltern weitere spielerische Bewegungsanreize schaffen – zu Hause oder im Kurs. Zu den Kursangeboten auch in kleineren Städten gehören Krabbelgruppen und das Kinderturnen, auch einige Tanzsportvereine bieten schon Kurse für ganz kleine Tanzmäuse an. Der Vorteile solcher Angebote: Die Kinder lernen vielfältige Bewegungsformen unter professioneller Anleitung kennen. Die Kinder bewegen sich gemeinsam mit Gleichaltrigen, Eltern können Kontakte zu Gleichgesinnten knüpfen. Wer einen Sportkurs besucht oder sich im Verein anmeldet, setzt sich auch einen gewissen Druck aus, der keine Ausreden zulässt. Wer Geld dafür bezahlt, wird regelmäßig zum Sport gehen. Wer sich und den Nachwuchs nicht schon in diesem frühen Alter dem Termindruck aussetzen will, hat weitere Möglichkeiten: Besucht das Kind bereits eine Kindertagesstätte, wird es sich dort viel bewegen – beim Singen, Tanzen und Hüpfen im Morgenkreis, beim Spielen. Auch zu Hause im Kinderzimmer können Eltern für Bewegung sorgen: Bälle bieten eine große Auswahl an Spielmöglichkeiten. Aus Kissen, leeren Kartons ohne Boden oder ans Sofa gelehnten Bügelbrettern lassen sich wunderbare Krabbel- und Kletterlandschaften bauen. Auch Mama und Papa eignen sich hervorragend, um an ihnen hochzuklettern oder über sie hinweg zu krabbeln. Um die Wette krabbeln oder das Kind fangen, macht die Kleinen nicht nur mobil sondern auch quietschvergnügt. Mit etwa anderthalb bis zwei Jahren kann sich der Nachwuchs auf dem Dreirad oder Laufrad versuchen. Das schult den Gleichgewichtssinn und bietet eine gute Grundlage, um später das Radfahren zu erlernen. Draußen sollten die Knirpse die Welt jetzt öfter zu Fuß statt im Buggy erkunden können. Beim Waldspaziergang oder schon auf dem Weg zum Bäcker gibt es für kleine Forscher viele Schätze zu entdecken und zu bergen. Je mobiler und sicherer sie werden, desto öfter werden sie nicht nur laufen, sondern Mauern erklimmen, auf Bordsteinkanten balancieren, Stöcke überspringen.
Sport im Kindergartenalter
Wird der Nachwuchs größer, werden auch die zu bewältigenden Hindernisse größer. Auf dem Spielplatz sind Klettergerüst und Rutsche jetzt spannender als der Sandkasten. Auf der Treppe wird getestet, von welcher Stufe der Absprung ohne Sturz gelingt. Bäume werden erklommen und das Laufrad gegen ein Fahrrad getauscht. Manche Kinder lernen schon mit drei Jahren Fahrradfahren, andere später. Hilfreich ist es, wenn die Kleinen zuvor sicher Laufrad fahren konnten und wenn die Eltern auf Stützräder verzichten. Nur so lernen die Kleinen, das Gleichgewicht zu halten. Und die meisten lernen es recht schnell. Eltern können jetzt zunehmend Bewegung in den Alltag einbauen. Ab diesem Alter sollten sich Kinder täglich etwa zwei Stunden bewegen, dazu gehört das Laufen zur Kita oder zum Supermarkt ebenso wie das Auspowern beim Fußball oder Fangespiel. Für Eltern heißt das: Zu Fuß oder mit dem Rad zur Kita und zurück statt mit dem Auto. Die Strecken, die der Nachwuchs zu Fuß zurücklegt, sollten stetig ausgedehnt werden. Das trainiert die Ausdauer. Fürs Wochenende Ausflüge mit ausreichend Gelegenheit zur Bewegung planen: Waldspaziergang, Wandern, Baden, Zum See radeln. Im Kindergarten bewegt sich der Nachwuchs beim Spielen drinnen und draußen. Zudem bietet fast jede Kita wenigstens eine Sportstunde pro Woche an. Die Kinder können jetzt auch ohne Eltern zum Sportverein. Spezieller Kindersport mit unterschiedlichen Bewegungselementen ist in diesem Alter am besten geeignet, da die Kleinen hier verschiedene Sportformen kennenlernen und so ihre Stärken und Vorlieben austesten können, bevor sie sich auf eine Sportart spezialisieren.
„Um sich gesund zu entwickeln, müssen Kinder sich bewegen. Um zu lernen und Herausforderungen zu meistern, müssen sie rennen, toben, mit Mama und Papa oder den Geschwistern raufen. Der Kontakt zu Gleichaltrigen schafft Nähe und Vertrauen, welche die Grundlagen für unsere Beziehungen zu anderen sind. Durch das gemeinsame Sporttreiben im Verein sollen Spaß und Freude an der Bewegung vermittelt werden, damit diese ganz selbstverständlich wird. Bewegung ist der Schlüssel zu ihrem Selbst.“
Jana Schirmer, Kinderleicht Cottbus e.V.