Early Shopping Queen

Datum: Dienstag, 02. Mai 2017 09:13

Was man bei Kindertextilien beachten sollte.

Eltern sind dank ihrer Kinder die besseren Erwachsenen – so zumindest das Lob von Greenpeace mit Blick auf den Kleiderkauf. Während es für die Großen meistens die Teile aus der neuesten Kollektion sein müssen, tragen Kinder (zumindest bis zu einem bestimmten Alter) ohne Murren gebrauchte Kleidung. Wer sich etwas näher mit dem schmutzigen Geheimnis von Kleidung befasst, der kommt schnell zu dem Schluss: Gebrauchte Kleidung ist tatsächlich die bessere Wahl. Sie kostet wenig, sie ist nachhaltiger als jedes neugekaufte Öko-Teil und sie ist dank vieler Waschmaschinengänge frei von Schadstoffen. Wer gebraucht kauft, ist also in mehrfacher Hinsicht auf der sicheren Seite. Doch ganz gleich ob aus erster oder zweiter Hand, mit oder ohne Siegel: Saubere Kleidung gibt es nicht.

Selbst Greenpeace sagt: Es gibt kein optimales Öko-Siegel, irgendwas ist immer zu beanstanden. Wer mit einem ökologisch reinen Gewissen Kleidung kaufen möchte, hat ein Problem. Egal ob vom Discounter oder aus der Edelboutique: Jedes T-Shirt, jede Hose, hat auf dem Weg vom Baumwoll-Feld zum Kleiderständer Unmengen an Wasser verbraucht, tausender Chemikalien Giftstoffe wurden eingesetzt, die Fabrikabwässer verschmutzen die Seen, Flüsse und Meere. Die Arbeiter werden nicht nur mies bezahlt, sondern auch schlecht vor den giftigen Stoffen geschützt, mit denen sie täglich zu tun haben. Der Preis eines T-Shirts berechnet sich nicht nach den Realkosten, die seine Produktion verursacht, sondern nach dem, was wir bereit sind zu zahlen.

Beispielhaft der Weg eines T-Shirts mit samt seinen negativen Folgen für Mensch und Umwelt: Die Baumwolle stammt aus Usbekistan, wo sie von Kinderhänden gepflückt wird, Pestizide und Salz belasten Boden und Wasser. In Pakistan erfolgt das Spinnen und Weben der Baumwolle. Durch den Baumwollstaub und die Gifte werden die Atemwege der Arbeiter gereizt. In der Folge leiden sie am sogenannten Weberhusten. In Bangladesh wird das Shirt genäht und gefärbt, die Schwermetalle aus der Farbe belasten die Abwässer, welche ungefiltert in die Flüsse geleitet werden. In China beispielsweise gelten über 60 Prozent der Trinkwasserreserven der großen Städte bereits als verschmutzt. Durch die Wasserverschmutzung leiden die Anwohner an Durchfall- und Hauterkrankungen. Bis das Shirt bei uns im Laden hängt, hat es durchschnittlich 11.000 Kilometer Weg zurückgelegt und gut 2.000 Liter Wasser verbraucht. Zur erschreckenden Bilanz gehören ebenfalls 800 g Chemie und 10 kg CO2-Ausstoß.

Die Arbeiter entlang der Textilkette werden nicht nur schlecht bezahlt, sondern setzen auch ihre Gesundheit aufs Spiel: Färber, Weber, Näher arbeiten oft ohne Schutzkleidung, wie Handschuhe oder Atemmasken, die Folge: Haut- und Atemwegserkrankungen, Krebs, Unfruchtbarkeit. Die drastischen Folgen für die Umwelt lassen sich beispielhaft am Aralsee veranschaulichen. Einst einer der größten Seen der Erde, ist er heute fast völlig ausgetrocknet. Grund ist der wasser- und pestizid-intensive Baumwollanbau in der Region. Die Folgen für Klima, Umwelt und Gesundheit spüren die Menschen dort bis heute. Experten sprechen von einer ökologischen Tragödie, gar einem stillen Tschernobyl.

Die wichtigsten Produktionsstätten für Kleidung liegen in China, Kambodscha, Bangladesh, Indien, Indonesien oder Vietnam. In Europa stehen in der Türkei und in Rumänien Nähereien.

Der Preis eines Kleidungsstücks lässt keinesfalls auf die Arbeitsbedingungen schließen, unter denen es hergestellt wurde. Die Gewinnmarge für den Handel ist groß, beim Arbeiter kommt nur ein Bruchteil des Verkaufspreises an, egal ob das Shirt 10 oder 50 Euro kostet. Auch Luxuslabels und teure Marken lassen häufig in Billigländern mit miserablen Arbeitsbedingungen produzieren.


Arbeitsbedingungen in  einzelnen Produktionsländern:

China ist der größte Textilproduzent der Welt. Trotzdem verlagert sich die Produktion immer mehr in andere asiatische Länder, in denen Textilien noch günstiger produziert werden können. Versammlungsfreiheit und Streikrecht sind in China stark eingeschränkt. Auch die Kinderarbeit nimmt zu. Der Mindestlohn in China beträgt etwa 122 €, die Lebenshaltungskosten betragen aber knapp 300 €. Dieser Mindestlohn wird ohnehin nicht immer bezahlt.

Bangladesh ist nach China der zweitgrößte Textilproduzent weltweit. Eine durchschnittliche Näherin arbeitet 70 Stunden an 7 Tagen der Woche und verdient dabei 10-20 € im Monat. Einige Unternehmen brüsten sich damit, dass sie den gesetzlichen Mindestlohn zahlen. Das stimmt zwar, allerdings lassen sich die Lebenshaltungskosten damit nicht decken, sodass ein Großteil der Arbeiter in Armut leben muss. Wer gegen die aktuelle Situation demonstriert, wird entlassen oder sogar festgenommen. Immer wieder kommt es zu Bränden oder Einstürzen von Gebäuden, wobei viele Menschen ums Leben kommen.

Die Menschen in Kambodscha arbeiten zu Niedriglöhnen, Gewerkschaften sind nicht erlaubt. Regelmäßig werden die Arbeiter und Arbeiterinnen in den Fabriken durch Unterernährung oder Erschöpfung ohnmächtig.

Obwohl die Türkei fast noch zu Europa gehört, sind auch dort die Arbeitsbedingungen in der Textilindustrie miserabel. Arbeitsschutzbestimmungen sind oft nicht vorhanden oder werden nicht eingehalten und auch die Löhne decken häufig nicht die nötigen Lebenshaltungskosten. Das kommt vor allem daher, dass die Preise für Lebensmittel in den letzten Jahren gestiegen sind, der Mindestlohn jedoch gleichgeblieben ist. Gewerkschaftliche Tätigkeiten werden regelmäßig unterdrückt oder behindert.

Quelle: www.bonsum.de


Schadstoffe

Laut Greenpeace werden in der Kleiderproduktion etwa 7.000 Giftstoffe eingesetzt, das beginnt beim Spritzen von Pestiziden auf Baumwoll-Feldern und geht weiter mit dem Färben der Stoffe, endet beim Imprägnieren der Regenjacke. Wo 100 Prozent Baumwolle draufsteht, sind teilweise nur 75 Prozent drin, der giftige Rest sind Farb- und Imprägniermittel. Die eingesetzten Stoffe sorgen u.a. dafür, dass Schuhe oder Sportsachen auch beim Schwitzen nicht unangenehm riechen, dass Kleidung nicht leicht entflammbar ist, dass die Farbe am Stoff hält, dass Kleidung wasserdicht ist, dass die Rückstände bestimmter Chemikalien reduziert werden. Die Folgen für die Gesundheit reichen von der Schädigung des zentralen Nervensystems über Unfruchtbarkeit bis hin zu Krebs. Die WHO geht von jährlich 20.000 Toten allein durch den Pestizideinsatz in der Baumwollproduktion aus. Bei uns Kunden kommt nur noch ein winziger Rest an und der ist nicht akut gesundheitsschädlich. Dennoch verrät schon der Aufdruck „separat waschen“ oder „vor dem ersten Tragen waschen“ im Etikett, dass man sich oft genug schmutzige Wäsche ins Haus holt.

Doch wer trägt die Verantwortung für die unmenschlichen und ungesunden Bedingungen in der Textilproduktion? Das lässt sich so einfach nicht beantworten. Die Politik ebenso wie die Modeketten und wir Kunden. Die Politik kann durch Gesetze, Richtlinien und Grenzwerte die notwendigen Rahmenbedingungen schaffen. Da sind nicht nur die Produktionsländer in der Pflicht. Wenn in Deutschland nur ein bestimmter Maximalwert an nachweisbaren Schadstoffen in der Kleidung zugelassen ist, dann muss der Einsatz derselben schon in der Produktion verringert werden. Einige der Produktionsländer wie China haben bereits gute Gesetze, es scheitert oft genug an der Kontrolle der Einhaltung selbiger. Die Modeketten wiederum können ein Stück weit Druck auf die Produzenten und Lieferanten ausüben und Transparenz einfordern. Angestoßen durch die Detox-Kampagne von Greenpeace haben sich einige Modemarken bereits dazu verpflichtet, künftig nur noch schadstofffrei zu produzieren.

Schlussendlich können auch wir Kunden ein Stück weit Einfluss nehmen darauf, wie die Textilindustrie arbeitet. Unsere stete Nachfrage nach günstigen Sachen befeuert den Kreislauf. Wer ein T-Shirt für 2 Euro kauft, kann sich ziemlich sicher sein, dass es nicht unter menschenwürdigen Bedingungen hergestellt wurde. Wenngleich auch hohe Preise nicht immer eine Garantie für hohe Umwelt- und Sozialstandards sind.