Zappelsuse & Traumphillip

Datum: Mittwoch, 29. Februar 2012 23:12



Hinweise bei fehlender Hyperaktivität:
Erziehungsfragen troestenBeim ADS-Träumerchen fehlen viele der gerade sichtbaren Merkmale, deshalb wird es oft nicht erkannt.
Als Babys sind Kinder mit ADS ausgesprochen fröhlich, wenn auch manchmal sehr eigenwillig. Sie schlafen beim Essen ein, entwickeln eigenartige Vorlieben, wollen nur bestimmte Nahrungsmittel und lehnen andere strikt ab. Als Kleinkind haben sie viele Ideen, einen ausgeprägten Dickkopf und lernen wie bei Hyperaktiven kaum aus Erfahrungen. Erkennt man ihre Ideen und Wünsche nicht an, reagieren sie verzweifelt, teils mit starkem Brüllen. Sie sind stark an eine Bezugsperson gebunden und hören im Vorschulalter immer wieder dieselben Lieder oder Geschichten. Sie brauchen für alles etwas länger, ob beim Schleife binden oder bei den Hausaufgaben. Sie können ganz in ihre Welt versinken und reagieren dann sehr erschrocken auf Ansprachen. Sie bekommen meist nur die Hälfte mit oder vergessen ganz viel – können aber in Dingen, die sie interessieren, eine enorme Leistungsfähigkeit entwickeln und sich diese auch verinnerlichen. Auch aus diesem Grund ist es für Eltern schwer, diese Beeinträchtigung zu erkennen. In Sachen Schreibstil und Ordnungssinn stehen sie den Hyperaktiven im Chaos nicht nach. Sie sind oft sehr sensibel. Gerade bei Schulaufgaben hat das Träumerchen Probleme mit Regeln, selbst stundenlanges Üben kann zu Nichts führen. Über ihren Schulalltag befragt, haben sie oft das meiste vergessen. Das Hauptproblem beim ADS-Kind liegt in der zu geringen Kurzspeicherkapazität, Stimmungslabilität sowie der stark wechselnden inneren Wachheit. ADS-Kinder sind sehr liebevoll und haben eine ausgeprägte Tierliebe, sie können auch bei Dingen, die sie interessieren, plötzlich sehr kreativ und phantasievoll mitarbeiten. Einen ADHS-Schnelltest gibt es nicht. Es gibt schon spezielle Fragebögen und Tests, doch bedarf es zudem der klinischen Anschauung durch einen qualifizierten Diagnostiker, nach Möglichkeit mit Kenntnis der Familie sowie des weiteren soziokulturellen Hintergrunds des Kindes (am besten ist da der Kinderarzt, wenn regelmäßig derselbe aufgesucht wird). Im nebenstehenden Kasten befinden sich allerdings Merkmale, die Eltern helfen, eine Vermutung zu bestätigen und ihrem Kind eine umfangreiche Diagnose schnell zu ermöglichen. Die Hinweise machen klar, dass spätestens mit dem Schulalter die Probleme deutlich sichtbar werden. Es ist heute eine Tatsache, dass bei einigen Ärzten oder Schuluntersuchungen vorschnell ADHS als Ursache für Verhaltensauffälligkeiten vermutet wird. Auch sind Ärzte schnell beim Medikament und viele Eltern dann froh über den vermeintlichen Segen, das Kind „endlich ruhig“ zu sehen. Nur dem Kind ist damit nicht nachhaltig geholfen. Komplexe Ursachen verlangen eben nach einer komplexen Diagnose und ebenso komplexen Hilfen. Fürsorgliche Eltern sollten deshalb auf eine Diagnostik wert legen, die folgende Bereiche umfasst:

Anamnese (Vorgeschichte und familiäre Situation): Familiensituation inklusive Erkrankungen, Verhaltensauffälligkeiten, Lern-Leistungs-Karriere-Besonderheiten, Schwangerschaft, Geburt, Entwicklung, Beschwerden, Befragung der Eltern sowie Erzieher und Lehrer zu Sozial-, Lern-, und Leistungsverhalten, Persönlichkeitsstruktur, Fremdbeurteilung von Sozial- und Lernverhalten, Leistungen durch Zeugnisse. Dieser Bereich ist die wichtigste diagnostische Maßnahme und unverzichtbar, um Symptome der ADHS und evtl. weiterer Störungen und deren Entwicklung und Auswirkungen in der Biografie zu erkennen. Einen Arzt, der hier oberflächlich arbeitet, sollten Eltern im Interesse ihres Kindes wechseln!


Klinische Untersuchung: Ganzkörperuntersuchung, neurologische und motoskopische Untersuchungen, Beurteilung des Hör- und Sehvermögens. Die klinische Untersuchung ist ebenfalls für eine kompetente Diagnose unverzichtbar.

Verhaltensbeobachtung: Intensive Beobachtung des Kindes während aller Untersuchungen

ADS-spezifische Fragebögen:
Hier gibt es verschiedene Methoden, wichtig ist, dass sowohl Eltern als auch Erzieher bzw. Lehrer befragt werden. Die Fragebögen können zusätzliche Erkenntnisse bringen, eine gründliche Anamnese aber nicht ersetzen!

Testpsychologische Untersuchungen: Entwicklungs-, Intelligenztests, Aufmerksamkeitstests, Rückgriff auf Vorbefunde aus Schule oder Fördereinrichtungen. Diese Untersuchungen werden empfohlen, um ADHS-Symptome klar von anderen bereits bekannten Leistungs- oder Verhaltensstörungen abzugrenzen.

Apparative Diagnostik: EEG oder bildgebende Verfahren. Diese Untersuchung erfolgt in der Regel nur bei Verdacht auf Anfallsleiden. An der Vielschichtigkeit der Diagnose ist zu ersehen, dass diese nicht vom betreuenden Kinderarzt allein gestellt werden kann. Wer beim Kinderarzt keine kompetente Hilfe erfährt, dem stehen natürlich weitere Wege offen.

Hilfe bei Verdacht auf ADHS
Betroffenen stehen für eine Diagnose bzw. Behandlung verschiedene Wege offen – allerdings sollte der erste Weg aus beschriebenen Gründen
immer zum Hausarzt führen. Allgemein können folgende Experten bei ADHS weiter helfen:

Niedergelassene Ärzte, Psychotherapeuten und andere Fachtherapeuten: Eine ambulante Behandlung wird von Fachärzten für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, Kinder und Jugendlichenpsychotherapeuten, Psychologischen Psychotherapeuten mit Zusatzqualifikation
für Kinder und Jugendliche oder durch Kinderärzte (Fachärzte für Kinder- und Jugendmedizin) mit entsprechender Qualifikation angeboten. Bei den
Psychotherapeuten wird zwischen den Fachrichtungen tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie und Verhaltenstherapie unterschieden. Die
meisten wissenschaftlich fundierten Leitlinien empfehlen die Durchführung von Verhaltenstherapie bei der Behandlung von ADHS. Andere Fachtherapeuten, wie zum Beispiel Ergo- und Sprachtherapeuten, Motopäden oder auch Heilpädagogen bieten die Behandlung von einzelnen Problembereichen oder Funktionsbeeinträchtigungen an, die Teil eines umfassenden Behandlungsangebots sein können.

Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters: In Kliniken für Psychiatrie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters ist ADHS im Behandlungsspektrum der Institutsambulanzen inbegriffen. 

Sozialpädiatrische Zentren (SPZ): Außerdem bieten sozialpädiatrische Zentren (SPZ), die häufig an Kinderkliniken angeschlossen sind, ebenfalls Behandlungsmöglichkeiten.

Beratungsstellen und schulpsychologischer Dienst: Beratungs- und teilweise auch Behandlungsmöglichkeiten gibt es außerdem bei psychologischen Beratungsstellen, Erziehungsberatungsstellen und schulpsychologischen Diensten.

Eine gute Diagnose von ADHS ist ab dem Alter von etwa sechs Jahren möglich, aber auch schon im Kindergartenalter kann die Diagnose bei Auftreten typischer Auffälligkeiten wie schlechter Steuerung der Motorik und Koordination, sozialen Interaktionsproblemen, mangelnder Impulskontrolle oder Auftreten von Aggressivität, Ungehorsam, sozialer Isolation sowie Aufmerksamkeits- und Konzentrationsproblemen gestellt werden. Allerdings bestehen im Alter zwischen vier und sechs Jahren gewisse Unsicherheiten, da eine Abgrenzung zu Störungen mit ähnlichen Symptomen sehr schwer ist, vor allem wenn die Auffälligkeiten nicht besonders stark ausgeprägt sind. In den ersten Lebensjahren sollte man daher eher von Risikofaktoren sprechen, da diese nicht nur Vorboten einer ADHS, sondern einer Vielzahl anderer psychischer Störungen sein können. Ab sechs Jahren lassen sich bei Kindern mit ADHS bestimmte strukturelle und funktionelle Auffälligkeiten des Gehirns, die nicht durch andere Faktoren erklärt werden können, recht sicher feststellen.

Die Behandlungen beim Kinderarzt und beim Kinder- und Jugendpsychiater werden von den Krankenkassen übernommen. Die Behandlungen beim Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten und beim Psychologischen Psychotherapeuten können auf Antrag ebenfalls von den Krankenkassen übernommen werden. Die Angebote der Beratungsstellen sind in der Regel für Eltern kostenfrei.

Leider ist für unsere Region wie für das gesamte Land Brandenburg nur schwer zu ermitteln, welche Anlaufstellen hier über Kompetenz verfügen. In vielen Regionen Deutschlands arbeiten regionale ADHS-Netze (siehe www.zentrales-adhs-netz.de), hier ist unsere Region leider ein weißer Fleck.