Wenn Opa vergesslich wird – ein Ratgeber für den richtigen Umgang mit Demenz
Für viele Familien ist das Thema noch weit weg. Zumindest so lange, bis Opa oder Oma immer wieder den Schlüssel sucht oder die Brille nicht mehr finden kann. Dann stellt sich für die Familie die Frage: Ist das noch Altersschusseligkeit oder bereits krankhafte Demenz?
Wer im Familien- oder Bekanntenkreis Alzheimer erlebt hat, weiß: Das ist kein schönes Thema. Was die Krankheit Alzheimer aus einem liebgewonnenen Menschen machen kann, ist mitunter gruselig. Gleichwohl oder gerade deswegen ist es ein so wichtiges Thema.
Wer weiß, was Alzheimer bedeutet, wie die Krankheit verläuft, was sie mit dem Betroffenen macht, der kann besser damit umgehen, der ist gewappnet für das, was im Verlaufe der Krankheit auf viele Angehörige zukommt. Daher werden wir auf den kommenden Seiten die wichtigsten Informationen zu Demenz und ihrer häufigsten Form Alzheimer vorstellen und Unterstützungsmöglichkeiten für Angehörige aufzeigen.
Da Demenz eine typische Alterserkrankung ist und die Bevölkerung in Deutschland immer älter wird, steigt auch die Zahl der Alzheimer-Patienten. Die Deutsche Alzheimer Gesellschaft geht von aktuell 1,7 Mio. an Demenz erkrankten Menschen aus. Jährlich kommen 300.000 Neuerkrankungen hinzu. Je nachdem von welcher Bevölkerungsprognose man ausgeht, wird sich diese Zahl in den kommenden 40 bis 50 Jahren verdoppeln.
Begriffsklärung: Alzheimer = Demenz?
Schaut man sich die ursprüngliche Wortbedeutung an, heißt Demenz: ohne Verstand, verrückt. Tatsächlich beschreibt Demenz eine Reihe von Symptomen, die mit dem Verlust kognitiver Fähigkeiten einhergeht. Die Vergesslichkeit, also der Verlust der Gedächtnisleistung, ist nur eine davon, auch die Orientierung und die Konzentration, die Auffassungsgabe und die Sprache bereiten Menschen mit Demenz Schwierigkeiten. Alzheimer ist nur eine von vielen Ursachen für Demenz, allerdings die mit Abstand häufigste. Weitere, weniger bekannte Ursachen bzw. Formen von Demenz: die Lewy-Körperchen-Krankheit oder die Binswanger-Krankheit. Was fast allen Demenzerkrankungen gemein ist: Sie sind nicht heilbar. Und bis auf wenige Ausnahmen sind es alles Alterserkrankungen, die erst im Seniorenalter auftreten. Das Problem dabei: Für Angehörige ist zunächst nicht ganz einfach zu unterscheiden: Ist Opa nur ein bisschen vergesslich oder ist er ernsthaft krank?
Das Gehirn: Was bei Alzheimer im Kopf passiert
Lange bevor die oben beschriebenen Symptome auftreten, zeigt das Gehirn schon die ersten typischen Veränderungen. Das Erschreckende: Teilweise lassen sich diese Veränderungen schon ca. 20 Jahre vor Ausbruch der Krankheit beobachten. Bei Alzheimer sterben die Nervenzellen im Gehirn ab. Auch bei gesunden Menschen sterben Nervenzellen ab, aber nicht in der Geschwindigkeit und in der Größenordnung wie bei Alzheimer. Zudem „verstopfen“ die Synapsen. In der Folge können diese keine Informationen mehr übertragen und verarbeiten. Durch das Absterben der Nervenzellen schrumpft das Gehirn von Alzheimer-Patienten deutlich – um bis zu 20 Prozent. Beim betroffenen Menschen äußern sich diese Schädigungen zunächst durch Gedächtnislücken, später funktionieren auch die Sprache und das Erkennen von Gesichtern nicht mehr. Je weiter die Krankheit fortschreitet, desto mehr Nervenzellen sterben ab und desto offensichtlicher werden die geistigen und körperlichen Einschränkungen.
Von der Diagnose bis zur Therapie
Ärzte unterscheiden beim Verlauf der Alzheimer-Erkrankung drei Stadien bzw. Phasen. Die erste Phase zeichnet sich durch zunehmende Vergesslichkeit aus, Betroffene verlegen Dinge und finden sie nicht wieder, sie räumen bestimmte Sachen nicht mehr an den gewohnten Platz, sie vergessen Namen und Telefonnummern. Abstraktes Denken fällt ihnen schwer. Das Kurzzeitgedächtnis funktioniert nicht mehr. Eben Gehörtes wird wieder vergessen. Die zeitliche und räumliche Orientierung fällt schwerer. Schlafstörungen können auftreten. Die Betroffenen meiden fremde Umgebungen und neue Situationen, weil sie sich dort nicht zurechtfinden. Erste charakterliche Veränderungen werden wahrnehmbar. Die Betroffenen nehmen die zunehmende geistige Unfähigkeit oft noch selbst wahr und reagieren darauf je nach Situation depressiv, ängstlich, aggressiv. Sie versuchen möglichst lange die Fassade aufrecht zu erhalten und ihre Schwierigkeiten im Alltag vor Familie und Freunden zu verbergen. Das alles kann zu einer zunehmenden Vereinsamung und Isolierung führen.
Die Gefahr dabei: Die Veränderungen vollziehen sich schleichend und einige dieser Symptome treten auch bei gesunden Menschen im Alter auf. Sie werden vergesslicher, werden manchmal „komisch“, so dass es selbst engsten Angehörigen nicht immer ganz leichtfällt, zu unterscheiden, ob diese Veränderungen noch normal sind. In der Folge kann wertvolle Zeit vergehen, bis es zur Diagnose oder zum Ausschluss von Alzheimer kommt. Je früher die Diagnose gestellt wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Ärzte mit entsprechender Therapie den Krankheitsverlauf hinauszögern können. Im ersten, leichten Krankheitsstadium können Medikamente den geistigen Verfall noch verlangsamen. Zu diesem Zeitpunkt können auch noch Ergotherapie, Logopädie oder Gedächtnistraining sinnvoll sein. Ist die Krankheit bereits fortgeschritten, ist das nicht mehr möglich.
Daher sollten Angehörige bei ersten Anzeichen einer Demenz gemeinsam mit dem Betroffenen einen Arzt aufsuchen. Erster Ansprechpartner ist der Hausarzt, der dann ggf. an einen Neurologen überweist. Da für die sichere Diagnose von Alzheimer verschiedene Tests notwendig sind, ist unter Umständen ein kurzer stationärer Aufenthalt nötig.
Im weiteren Verlauf der Krankheit werden die Symptome immer schwerer und auch für Außenstehende immer offensichtlicher. Die an Demenz erkrankten können ihren Alltag – vom Essen bis zur Körperpflege – nicht mehr allein bewältigen. Sie erkennen enge Verwandte nicht mehr. Die Orientierung fällt ihnen immer schwerer, sie finden sich selbst in vertrauter Umgebung nicht mehr zurecht. Gedanken in Worte zu fassen, fällt ihnen immer schwerer. Wahnhafte Gedanken treten vermehrt auf. Der Tag-Nacht-Rhythmus kommt zunehmend abhanden.
In der letzten Phase kommen weitere geistige und körperliche Einschränkungen hinzu. Die Patienten können nicht mehr selbständig essen oder zur Toilette gehen, sie liegen viel. Oft sind es Begleiterkrankungen wie eine Lungenentzündung, die dann zum Tod führen.