Bierdeckel oder Roman?

Datum: Dienstag, 30. Oktober 2018 14:53


Wer zufrieden ist, empfiehlt seinen Berater gern weiter

Wie man den passenden Steuerberater findet, wann Ehepaare besser auf die gemeinsame Veranlagung verzichten und wie Familien ganz legal Steuern sparen können, erklärt Finanzexpertin Anja Hardenberg im Interview. Sie ist Redakteurin für die Zeitschrift Finanztest, die Steuerprogramme getestet hat. Welche besonders gut abgeschnitten haben, verrät Anja Hardenberg ebenfalls.

Familien kommen in der Regel nicht umhin, eine Steuererklärung abzugeben, braucht man dafür einen Fachmann oder können sie das auch selbst machen?

Auf Hilfe verzichten können Familien zum Beispiel, wenn beide angestellt arbeiten, jedes Jahr im Prinzip die gleichen Sachen wie Fahrtkosten zum Job, der Bildungsurlaub, Kinderbetreuungskosten oder mal Handwerkerrechnungen in die Steuererklärung kommen. Wer ein PC-Steuerprogramm hat, mit dem er gut zurechtkommt oder über Elster, dem Online-Portal der Finanzverwaltung bereits die letzten Jahre seine Daten eingegeben hatte, profitiert von weniger Aufwand, weil er einen Teil der Daten aus den letzten Jahren übernehmen kann.

Und wann sollte man sich Hilfe von einem Profi holen?

Externe Hilfe sollten Familien immer dann in Anspruch nehmen, wenn sie steuerlich komplizierte Sachverhalte haben, etwa selbstständig sind oder Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung haben. Oder aber sich in der Lebenssituation viel ändert: Elternzeiten, Arbeitslosigkeit oder die Pflege naher Angehöriger anstanden. Und natürlich auch, wenn man eine Steuererklärung neben dem Familienleben und der Arbeit einfach nicht allein hinbekommt, es zu aufwändig oder zu kompliziert erscheint.

Steuerberater oder Lohnsteuerhilfeverein – wo sind Familien besser aufgehoben?

Arbeitnehmer mit einfachen Einkommensteuererklärungen brauchen keinen Steuerberater. Sie können zu einem Lohnsteuerhilfeverein. Das ist in der Regel günstiger als der Steuerberater.   Die steuerliche Hilfe durch einen Lohnsteuerhilfeverein steht insbesondere Angestellten, Beamten sowie Rentnern und Pensionären zu. Daneben können sich Arbeitslose und Unterhaltsempfänger an die Vereine wenden. Gewerbetreibende, Freiberufler und andere Selbständige müssen sich dagegen an einen Steuerberater wenden. Lohnsteuerhilfevereine dürfen diese Berufsgruppen nicht beraten. Vorsicht: Hat eine Familie eine Solaranlage auf dem Dach ihres Einfamilienhauses und speist damit Strom ins Netz ein, wird auch ein Angestellter hier zum Gewerbetreibenden. Wer Hilfe bei einem Lohnsteuerhilfeverein sucht, muss Mitglied werden. Im Schnitt zahlen Mitglieder des größten Vereins, der Vereinigten Lohnsteuerhilfe e.V., 149 Euro für ihre Steuererklärung. Bei der Höhe gibt es regionale Unterschiede. Lassen sich Ehepartner nicht gemeinsam veranlagen, müssen beide die Gebühr nach der Höhe ihrer jeweiligen Jahreseinnahmen zahlen. Das kann teurer sein als die gemeinsame Steuererklärung.

Und wann sollte man besser zum Steuerberater gehen?

Ehepaare, die eine gemeinsame Steuererklärung machen und einer von beiden selbstständig ist, werden nicht beraten. Sie müssen zum Steuerberater. Aufteilen lässt sich die Steuererklärung nicht. Wer hohe Kapitaleinkünfte oder Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung hat, muss zum Steuerberater. Es gilt aber für Ehepaare folgende Grenze: Neben dem Gehalt dürfen die Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung oder Kapitalerträge bis zu 26 000 Euro pro Jahr betragen.

Wie viel sollte eine Lohnsteuerberatung bei einem Steuerberater in der Regel kosten? Gibt es dafür Richtwerte?

Was ein Steuerberater kostet, können Verbraucher nicht so leicht nachvollziehen. Einen Anhaltspunkt geben die Tabellen der Steuerberatervergütungsverordnung. Darin sind die Mindest- und Höchstgebühren festgelegt, die Steuerberater für Leistungen berechnen dürfen. Wie viel das im Einzelfall ist, hängt vom Aufwand ab. Klar ist, die Gebühren für einen Steuerberater sind in aller Regel höher als für den Lohnsteuerhilfeverein. Steuerberater dürfen aber nicht grundsätzlich den Maximalbetrag fordern, sondern je nach Sachverhalt und Aufwand nur anteilige Gebühren berechnen. Verlangt ein Steuerberater mehr als die mittlere Gebühr, muss er das begründen können. Je höher der Gegenstandswert, etwa die Höhe der Einkünfte und je komplexer der Fall, desto höher fällt auch die Rechnung aus. Übrigens: Verhandeln lohnt sich: Seit 2016 dürfen Steuerberater ihre Honorare frei bestimmen. Und auch eine gute Vorbereitung kann Geld sparen. Um den Aufwand des Steuerberaters und damit die Kosten klein zu halten, lohnt es sich, Unterlagen bereits gut vorsortiert dem Steuerberater zu übergeben.

Wie finden Familien den passenden Steuerberater?

Die Suche nach dem passenden Lohnsteuerhilfeverein geht am einfachsten im Internet – etwa über www.zvlonline.de Auf der Internetseite des Zertifizierungsverbands der Lohnsteuerhilfevereine können Vereine nach Ort oder Postleitzahl gesucht werden. Dort sehen sie auch, welcher Verein zertifiziert wurde. Zertifiziert sind Vereine, wenn

die Beratungsstelle gut erreichbar ist, Termine innerhalb von zwei Wochen angeboten werden, eine individuelle Beratung stattfindet, die Bearbeitung kurzfristig erfolgt und es eine schriftliche Berechnung der Steuererklärung gibt. Bei der Suche nach einem passenden Steuerberater kann ebenfalls das Internet helfen. Das Portal der Bundessteuerberaterkammer unter www.bstbk.de hilft. Auch der Deutsche Steuerberaterverband bietet eine Suche unter steuerberater-suchservice.de an. Hier lässt sich die Suche eingrenzen, etwa nach dem Spezialgebiet des Beraters. Oft lohnt es sich aber bei Kollegen, Freunden oder Bekannten umzuhören. Wer zufrieden ist, empfiehlt seinen Berater gern weiter.

Sie haben zuletzt im Frühjahr 2017 Steuersoftware getestet. Wer ist damit gut beraten, wann sollte man auf deren Hilfe besser verzichten?

Der Test hat gezeigt, dass Steuer-Laien es schwer haben: Wir haben nicht nur Experten ins Labor geschickt, zusätzlich haben 110 Laien einen sehr einfachen Steuerfall eingegeben.   Doch kein Programm konnte die Laien an die Hand nehmen und am Ende ein richtiges Ergebnis liefern. Zum Teil lagen sie Hunderte Euro daneben. Anfänger scheiterten bereits an der Frage „Haben Sie mehr als 1 000 Euro Werbungskosten gehabt?“ Die Frage kann nur beantworten, wer weiß, dass es sich dabei um berufliche Ausgaben wie Fahrtkosten handelt. Und nur für den, bei dem mehr als 1 000 Euro zusammenkommen, lohnt es sich, die Belege zusammenzutragen. Bleiben die Kosten unter dieser Werbungskostenpauschale, bringen sie steuerlich nichts.

Also keine Alternative für Familien?

Doch, denn wer sich bisschen mit Steuern auskennt, kann sich mithilfe der Steuerprogramme über Zeitersparnis und Bequemlichkeit gegenüber der Papiererklärung freuen. Im Test war eine breite Marktauswahl: Elf Steuerprogramme haben wir geprüft. Am besten schlugen sich die Programme von Buhl Data, sie bieten die meisten und nützlichsten Hilfen. Das Wiso Steuersparbuch teilt sich mit der Sparversion Tax den Spitzenplatz. Tax bietet einen ähnlichen Funktionsumfang an, kostet aber weniger als die Hälfte. Windows-Nutzer können bedenkenlos zur Billigvariante greifen, für den Mac gibt es nur den großen Bruder, das Steuersparbuch. Wer seine Steuererklärung lieber online im Browser erstellt, anstatt sie herunterzuladen, kann zur Onlinevariante Wiso Steuerweb greifen, die nur minimal schlechter abschneidet. Steuersparbuch und Steuerweb gibt es zusammen im Paket. Eine weitere Alternative mit guter Handhabung für den Browser ist Smartsteuer.

Gibt es typische „Fehler“, die Familien bei einer Steuererklärung machen?

Einige der Punkte, die oft außer Acht gelassen werden: Das Kindergeld wird nicht rechtzeitig beantragt, vor allem für Kinder über 18 Jahren. Das kann jetzt nur noch sechs Monate lang rückwirkend beantragt werden. Die Betreuungskosten für die Kinder werden nicht abgesetzt. Der Ausbildungsfreibetrag für auswärts studierende Kinder wird nicht geltend gemacht oder kein Unterhalt für erwachsene Kinder abgesetzt. Und Ehepaare, die etwa gleich viel verdienen, sollten mit einem Steuerprogramm durchrechnen, ob die Einzelveranlagung für sie ausnahmsweise günstiger als die übliche gemeinsame.

Wo können Familien Steuern und Geld sparen? Gibt es ein paar „legale Steuertricks“?

Sie können Kosten für die Unterbringung der Kinder in Hort, Krippe, Kindergarten, Tagesmutter, Erzieherin oder Au-pair dem Finanzamt in Rechnung stellen. Auch Ausgaben für die Hausaufgaben- oder Ganztagsbetreuung in der Schule werden anerkannt. Sogar Internatskosten hat das Finanzgericht Thüringen anerkannt (FG Thüringen, Az. 2 K 95/15). Wenn die Kinder auswärts leben, bekommen Eltern bis zu deren 25. Geburtstag zusätzlich 924 Euro Ausbildungsfreibetrag pro Jahr. Die Einkünfte Ihres Kindes spielen keine Rolle. Es muss nur ein Anspruch auf Kindergeld bestehen. Eltern, die kein Kindergeld mehr erhalten, ihren Nachwuchs aber finanziell unterstützen, können bis zu 9 000 (Stand 2018) Euro plus Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge als außergewöhnliche Belastungen absetzen. Unter bestimmten Voraussetzungen können Beiträge zur Krankenversicherung abgesetzt werden: Haben Eltern Anspruch auf Kindergeld und sind Versicherungsnehmer, können sie Beiträge zur Basisabsicherung ihres Kindes und Beiträge für Wahlleistungen oder eine Auslandsreisekrankenversicherung abrechnen. War ihr Kind Versicherungsnehmer, kann es seine Beiträge, auch wenn die Eltern diese gezahlt haben, in seiner Steuererklärung absetzen.

Wie ist es mit Kindergeld bzw. Kinderfreibetrag?

Das Kindergeld wird quasi als steuerfreie Vorauszahlung auf die Kinderfreibeträge geleistet. Eltern bekommen jedoch nur eines von beiden: entweder Kindergeld oder die Kinderfreibeträge. Das Finanzamt prüft automatisch, ob das Kindergeld oder die Freibeträge eine höhere Steuerersparnis bringen. Ist die Ersparnis durch die Freibeträge höher, wird das Kindergeld von der Steuerersparnis abgezogen und Eltern erhalten dann den Rest als Steuererstattung. Davon profitieren meist Gutverdienende. Bei zusammen veranlagten Eltern mit einem Kind wirkt sich der Vorteil der Freibeträge ab einem Einkommen von 63 995 Euro. Diesen Abzug nimmt das Finanzamt auch dann vor, wenn Eltern kein Kindergeld beantragt oder erhalten haben. Daher sollten Eltern immer Kindergeld bei ihrer Familienkasse beantragen, selbst wenn sie wissen, dass bei ihnen die Freibeträge steuerlich günstiger sind.

Stehen Familien eigentlich steuerlich günstiger oder ungünstiger da als Alleinstehende?

Ehepartner zahlen meist zusammen weniger Steuern als bei der Einzelveranlagung, wenn die beiden Einkommen unterschiedlich hoch sind. Zusätzlich gibt es steuerliche Entlastungen für die Kinder, etwa Kindergeld, Freibeträge für Erziehung, Ausbildungsfreibeträge und die Möglichkeit Betreuungskosten abzusetzen. Singles werden dagegen immer nach dem Grundtarif versteuert. Das ist in der Regel mehr. Dafür müssen sie natürlich auch nicht so hohe Lebensunterhaltungskosten wie Familien mit Kindern schultern.

Vielen Dank für das Gespräch.