Gute Gründe für das Trinken während des Unterrichts
Kinder trinken tendenziell zu wenig. Um Schüler zu motivieren, mehr zu trinken, haben die Informationszentrale Deutsches Mineralwasser (IDM) und der Verband Deutscher Mineralbrunnen e.V. (VDM) 2004 die Initiative „Trinken im Unterricht“ ins Leben gerufen. Wir sprachen mit Wibke Spießbach, VDM, über Ziele und Erreichtes der Initiative.
Sie haben mit einer Studie die Auswirkungen von Flüssigkeitsmangel auf Schüler untersuchen lassen. Was sind die wichtigsten Ergebnisse?
Die Studie der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd und der Informationszentrale Deutsches Mineralwasser aus dem Jahr 2012, in der mit 270 Schülern von weiterführenden Schulen der Zusammenhang zwischen einer ausreichenden Flüssigkeitsversorgung und geistigem und körperlichem Wohlbefinden untersucht wurde, hat ergeben: Die Konzentrationsleistung der an der Studie teilnehmenden Schüler war umso höher, je mehr sie während der Unterrichtszeit getrunken hatten und je kürzer das letzte Trinken zurücklag. Die Ergebnisse haben gezeigt, dass sich das Trinkverhalten der Schüler verbesserte, nachdem ihnen die Möglichkeit gegeben wurde, im Unterricht Mineralwasser zu trinken. Im Verlauf der Untersuchung nahmen die Schüler nicht nur während, sondern auch außerhalb der Schulzeiten mehr Flüssigkeit zu sich.
Warum ist Trinken gerade auch für Schüler so wichtig?
Eine ausreichende Flüssigkeitsversorgung ist Voraussetzung für die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit. Bei Wassermangel wird das Gehirn nicht mehr optimal mit Nährstoffen versorgt. Müdigkeit, verlängerte Reaktionszeiten und eine verminderte Konzentrationsfähigkeit sind die Folgen.* Insgesamt lässt sich durch die Trinkerlaubnis im Unterricht die Flüssigkeitsaufnahme von Schülern verbessern und somit die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit positiv beeinflussen.
Warum trinken Schüler überhaupt zu wenig?
Der Ernährungsbericht 2008 der Deutschen Gesellschaft für Ernährung belegt, dass rund die Hälfte der Kinder unter 12 Jahren die Richtwerte für die Flüssigkeitszufuhr nicht erreicht.** Nicht alle Schüler dürfen während des Unterrichtes trinken, und zwischen den Schulstunden ist die Zeit sehr kurz: Die Kinder müssen den Klassenraum wechseln oder zur Toilette gehen. In den Pausen sind vielen Schülern das Spielen auf dem Schulhof oder Gespräche mit Klassenkameraden vermutlich wichtiger als das Trinken.
Was müsste sich ändern, damit Schulkinder mehr trinken?
Gute Gründe sprechen dafür, das Trinken während des Unterrichts zu erlauben und anzuregen. Darum sollte eine ausgewogene Ernährung nicht nur theoretisch behandelt, sondern im Schulalltag auch praktiziert werden. Durch die Trinkerlaubnis und die aktive Aufforderung zur regelmäßigen Flüssigkeitsaufnahme gewöhnen sich die Schüler ein ausgewogenes Trinkverhalten an. Mit großer Wahrscheinlichkeit behalten sie dieses auch außerhalb der Schule und nach der Schulzeit bei.
Mit Ihrer Initiative fordern Sie, dass Kinder während des Unterrichts trinken dürfen und sollen. Besteht dann nicht die Gefahr, dass das zu viel Unruhe in den Unterricht bringt?
Aus den Erfahrungen, die wir bei der langjährigen Umsetzung des Projekts „Trinken im Unterricht“ gemacht haben, wissen wir, dass sich die anfängliche Sorge von zu viel Unruhe im Unterricht nicht bestätigt hat. Im Gegenteil: Das Trinken wird sehr schnell zur Selbstverständlichkeit, und mit der Zeit trinken die Schüler „ganz nebenbei“. Gerade in der Grundschule bietet es sich an, natürliches Mineralwasser für die gesamte Klasse gemeinsam bereitzustellen. So ist es für die Kinder immer griffbereit. Durch kleinere Aufgaben wie einen „Mineralwasserdienst“, bei dem sich die Schüler abwechselnd um den Getränkenachschub oder das Spülen der Trinkbecher kümmern, lernen sie, in der Klasse Verantwortung für das gemeinsame Projekt zu übernehmen. An weiterführenden Schulen ist es in der Regel praktischer, wenn die Schüler ihr Getränk selbst mitbringen, da sie häufiger den Raum wechseln.
Welche Praxistipps geben Sie Lehrern mit auf den Weg, um das Trinken in den Schulalltag zu integrieren?
Bei Grundschülern hat sich die Einführung von Trinkregeln bewährt. So wissen die Kinder genau, worauf sie beim Trinken achten müssen, um z.B. den Unterrichtsablauf nicht zu stören. Für einzelne Unterrichtsfächer an weiterführenden Schulen kann es sinnvoll sein, individuelle Regeln zu erarbeiten, da das Trinken beispielsweise in den meisten Fachräumen verboten ist. Hilfreich ist es auch, den Schülern im Rahmen des Unterrichts die Bedeutung einer richtigen und ausreichenden Flüssigkeitsaufnahme zu erklären. Hierzu bietet die IDM praxisbezogene Unterrichtsmaterialien an, die kostenlos auf der Homepage zum Download bereitstehen oder bestellt werden können. Die Initiative „Trinken im Unterricht“ unterstützt zudem Lehrerinnen und Lehrer der Grundschule und Sekundarstufe I mit einem kostenfreien Service-Angebot zum Thema „Richtig trinken, besser denken“: Während einer 45-minütigen Unterrichtsstunde erklären Ernährungswissenschaftler den Schülern viel Spannendes und Wissenswertes zum Flüssigkeitshaushalt des menschlichen Körpers oder den Funktionen von Wasser im Organismus und geben Tipps zum richtigen Trinkverhalten. Darüber hinaus werden auch Lehrerfortbildungen angeboten.
Wie können Eltern das Projekt unterstützen?
Eltern können sich aktiv über das Projekt informieren und Infomaterialien auf der Homepage bestellen, um damit direkt auf die Lehrer zuzugehen. Darüber hinaus sollte ein ausgewogenes Trinkverhalten auch zu Hause und in der Freizeit eingeübt werden. Aus diesem Grund sollten sich die Lehrer auch an die Eltern wenden, um sie für diese Thematik zu sensibilisieren.
Wie kann ich bei Interesse mit der Schule meines Kindes an dem Projekt teilnehmen?
Auf der Homepage finden Eltern und Lehrer alle relevanten Informationen sowie Unterrichtsmaterialen. Auch die Unterrichtsstunden für die Grundschule oder Sekundarstufe 1 sowie die Lehrerfortbildung können über das Kontaktformular angefragt werden. Jede Schule hat die Möglichkeit, pro Jahr zwei kostenfreie Unterrichtsstunden zu buchen.
Was ist 15 Jahre nach Start der Initiative das Fazit? Was konnten Sie bisher erreichen?
Die IDM freut sich, dass sie mit der Initiative „Trinken im Unterricht“ einen Beitrag dazu geleistet hat – und immer noch leistet –, dass immer mehr Schüler in Deutschland während des Unterrichts trinken dürfen. Ein guter Flüssigkeitshaushalt gehört zu einer ausgewogenen Ernährung und zum Wohlbefinden einfach dazu.
Weitere Informationen, Berichte und Materialien zur Initiative: