"Überlegen Sie genau, welche Versicherungen Sie wirklich brauchen."
Wie Familien sich am besten absichern und warum es wichtig ist, trotz Alltagsstress einen Überblick über seine Versicherungen zu behalten, verrät Julia Rieder. Sie ist Expertin beim Verbraucher-Ratgeber Finanztip.
Welche Versicherungen sollten Familien mit minderjährigen Kindern in jedem Fall abschließen?
Eine Privathaftpflichtversicherung ist für jeden ein Muss. Familien sollten einen Tarif abschließen, der auch zahlt, wenn Kinder unter 7 Jahren einen Schaden verursachen. Ebenfalls sinnvoll ist eine Risikolebensversicherung. Damit lässt sich die Familie absichern für den Fall, dass ein Elternteil stirbt und die Familie durch das fehlende Einkommen in finanzielle Nöte gerät. Dann hilft das Geld aus der Versicherung, den Baukredit abzuzahlen oder die Ausbildung der Kinder zu finanzieren. Die Eltern sollten auch über eine Berufsunfähigkeitsversicherung nachdenken. Denn auch wenn ein Elternteil seinen Beruf aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, bringt das die Familie oft in finanzielle Schwierigkeiten.
Gibt es Versicherungen, auf die sie durchaus verzichten können?
Jetzt eine klassische Kapitallebens- oder Rentenversicherung abzuschließen, lohnt sich wegen hoher Kosten und niedriger Zinsen nicht mehr. Auch eine sogenannte Ausbildungsversicherung ist im Grunde nur eine Lebensversicherung, mit der Geld für die spätere Ausbildung der Kinder angespart wird. Das rechnet sich nicht. Wer Geld für den Nachwuchs zurücklegen möchte, sollte das lieber anders tun, beispielsweise mit einem Sparplan auf günstige Aktien-Indexfonds (ETFs). Das ist deutlich kostengünstiger und flexibler. Für Dinge, die sie im Notfall aus eigener Tasche bezahlen könnten, brauchen Familien ebenfalls keine Versicherung. Dazu gehören Elektrogeräte oder Brillen. Eine Übersicht, welche weiteren Versicherungen notwendig sind und welche verzichtbar, haben wir im Finanztip-Ratgeber zu sinnvollen Versicherungen unter folgendem Link zusammengestellt: https://www.finanztip.de/sinnvolle-versicherungen/.
Bei mehreren Versicherungen kommt unter Umständen eine ordentliche Summe an jährlichen Kosten zusammen. Gibt es einen Richtwert, wieviel Familien höchstens für Versicherungen aufwenden sollten?
Einen Richtwert gibt es nicht. Es lohnt sich jedoch, genau zu überlegen, welche Versicherungen man braucht und welche nicht. Ein dicker Ordner mit vielen Versicherungsverträgen vermittelt vielleicht ein beruhigendes Gefühl. Doch jede Versicherung kostet Geld und nicht immer schützt sie so, wie man sich das wünscht. Es ist hilfreich, darüber nachzudenken, welche Kosten im Versicherungsfall auf einen zukämen. Kann man die Kosten aus den eigenen Ersparnissen zahlen, ist eine Versicherung nicht unbedingt nötig.
Wenn Paare zusammenziehen oder ein Kind bekommen, ändert sich meist auch der Versicherungsbedarf – welche Versicherungen sollten überprüft und welche neu abgeschlossen werden?
Wenn Paare zusammenziehen, können sie einige doppelte Versicherungen zusammenlegen und so Geld sparen. Das geht auch, wenn das Paar nicht verheiratet ist. Familientarife gibt es beispielsweise bei der Privathaftpflicht-, Hausrat- und Rechtsschutzversicherung. Paare, die ihren Hausstand zusammenlegen, sollten auch daran denken, die Versicherungssumme für den Hausrat anzupassen.
Oft geht mit der Familiengründung auch der Hausbau oder Hauskauf einher, welche Versicherungen sind hier sinnvoll, auf welche kann man verzichten?
Für Haus- und Wohnungsbesitzer ist eine Wohngebäudeversicherung ein Muss. Sie übernimmt Kosten für Schäden durch Sturm, Hagel, Feuer oder Leitungswasser und kommt für Reparaturen und Wiederaufbau auf. Während der Bauphase ist eine Bauherrenhaftpflicht sinnvoll, denn Bauherren haften für alles, was auf der Baustelle passiert. Auch über eine Bauleistungs- und Feuerrohbauversicherung können sie nachdenken. Diese Verträge decken Schäden auf der Baustelle durch Unwetter, Konstruktionsfehler, Vandalismus oder einen Brand ab. Ebenfalls wichtig: Eine Risikolebensversicherung, damit die Familie den Hauskredit weiter abzahlen kann, falls ein Elternteil plötzlich stirbt und sein Einkommen wegfällt.
Gibt es beim Thema Versicherung „typische Fehler“, die Familien häufig machen?
In der Familienphase geht es häufig hektisch zu. Da bleibt dann oft wenig Zeit, sich um Versicherungen und Finanzen zu kümmern. So passiert es schnell, dass Familien entweder unnötig doppelt versichert sind, überflüssige Versicherungen haben oder für die bestehenden Versicherungen unnötig viel zahlen.
Meist sind es die Mütter, die wegen der Kinder länger zu Hause bleiben oder nur in Teilzeit arbeiten. Wie können sie sich finanziell absichern?
Müttern, die für die Familie zu Hause bleiben, werden bis zu drei Jahre Erziehungszeit pro Kind für die gesetzliche Rente angerechnet. Es lohnt aber, wenn sie zusätzlich vorsorgen, etwa mit einem günstigen Riestervertrag, der in Aktienfonds anspart. Bei Riester gibt es für jedes Kind bis zu 300 Euro vom Staat geschenkt, gleichzeitig ist eingezahltes Geld bei Rentenbeginn garantiert. Welche Angebote Finanztip empfiehlt, erklären wir in unserem Ratgeber zu Riester-Fondssparplänen: https://www.finanztip.de/riester/riestern-mit-fonds/. Bleiben Mütter länger zu Hause oder arbeiten in Teilzeit, ist weitere monatliche Vorsorge nötig, etwa mit einem ETF-Sparplan. Hier sollten die Partner miteinander sprechen und überlegen, ob der Hauptverdiener diese Sparbeiträge übernehmen kann, damit am Ende beide gleich viel in die private Altersvorsorge einzahlen.
Der Versicherungsmarkt ist aufgrund der Vielzahl an Anbietern sehr unübersichtlich. Wie können Familien den für sie passenden Tarif finden?
Auf finanztip.de bieten wir Ratgeber zu allen wichtigen Versicherungen. Darin erklären wir nicht nur, worauf Verbraucher bei der Auswahl geeigneter Tarife achten sollten, sondern nennen auch Angebote, die wir untersucht haben und für empfehlenswert halten.
Viele Verbraucher schließen alle Versicherungen bei einem Versicherer ihres Vertrauens ab. Welche Vorteile bringt das mit sich, welche Nachteile?
Grundsätzlich ist es immer sinnvoll, verschiedene Angebote zu vergleichen. Denn ein Versicherer, der eine gute Berufsunfähigkeitsversicherung anbietet, muss nicht automatisch auch die beste Wahl für die Autoversicherung sein.
Wie oft sollten Familien prüfen, ob ihr Versicherungsschutz noch zu ihrer Lebenssituation passt?
Ein regelmäßiger Blick in den Versicherungsordner – etwa einmal im Jahr – ist sinnvoll. Spätestens wenn sich etwas im Leben ändert, sollten sich Familien aber mit ihren Versicherungen beschäftigen: Das kann ein Umzug sein, der Kauf eines neuen Autos, der Bau des gemeinsamen Eigenheims oder eine berufliche Veränderung.
Inwiefern lohnt sich der Aufwand, die einmal abgeschlossenen Versicherungen jährlich zu überprüfen?
Einige Verträge wie eine Risikolebensversicherung oder eine Berufsunfähigkeitsversicherung schließt man auf lange Sicht ab. Hier sollte man nicht jährlich wechseln, sondern nur ab und an prüfen, ob die Versicherungssumme noch zur derzeitigen Lebenssituation passt. Bei der Autoversicherung kann sich ein jährlicher Preisvergleich hingegen richtig lohnen. Durch den Wechsel von einem teuren zu einem günstigen Anbieter lassen sich mitunter Hunderte Euro sparen. Günstige Kfz-Tarife können Familien einfach über Vergleichsportale finden. Bei sehr komplizierten Verträgen, wie der Berufsunfähigkeitsversicherung, empfehlen wir, sich von einem Versicherungsmakler oder -berater unterstützen zu lassen.