Ozeane, Meere und Meeresressourcen im Sinne nachhaltiger Entwicklung erhalten und nachhaltig nutzen
Mit: Prof. Dr. Martin Visbeck, GEOMAR Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung Kiel & Vorstand Konsortium Deutsche Meeresforschung
Was wurde bisher aus Ihrer Sicht bei diesem Ziel erreicht und was muss noch passieren?
Schaut man sich die Summe der bei der UN angemeldeten Projekte an, so belegt das Ozeanziel den letzten Platz. Daraus sollte man aber nicht unbedingt ableiten, dass nichts passiert ist. Zum einen hat 2017 die erste von der UN organisierte Ozeankonferenz stattgefunden, die nächste ist für diesen Sommer geplant. Dazu kommen internationale Verhandlungen über ein Umsetzungsabkommen zum Erhalt und zur nachhaltigen Nutzung der biologischen Vielfalt in internationalen Gewässern und das Abkommen zur Vermeidung von Plastikmüll, was insbesondere auch dem Ozean zugutekommt. Es gibt Bewegung und Erfolge, aber insgesamt wird es uns nicht gelingen, alle Ziele bis 2030 zu erreichen.
Wie haben aktuelle Krisen dieses Ziel bzw. die Diskussion darüber verändert?
Der Umgang mit der Klimakrise, der Corona-Pandemie und scheinbar regionalen Konflikten wie dem Ukraine-Krieg zeigen deutlich, dass keines der Probleme durch ein Land allein gelöst werden kann. Die multilateralen Prozesse und Zusammenarbeit der Staaten sind fundamental und werden in der Bedeutung weiter zunehmen. Die Illusion, dass kluges innenpolitisches Handeln den wirtschaftlichen Erfolg, Wohlstand und Zusammenhalt im eigenen Land garantiert, ist viel offensichtlicher geworden. Der Umgang mit dem Ozean und seinen Randmeeren und die Transformation zu einer nachhaltigen Mensch-Meer- Beziehung bietet viele Gelegenheiten für erfolgreiche internationale Zusammenarbeit sowohl in der ‚blauen‘ Wirtschaft als auch bei der Umsetzung von ambitionierten Schutzvorhaben.
Wie steht Deutschland bei diesem Ziel aus Ihrer Sicht da?
Deutschland hat ein sehr kleines wirtschaftliches Hoheitsgebiet in der Nord- und Ostsee. Auf der einen Seite hilft das, um eine umfassende Beobachtung der Seegebiete leisten zu können. Aber die Zielkonflikte zwischen wirtschaftlicher Nutzung durch Seehandel, Windparks, Fischerei, Marikulturanlagen, Küstenschutz und Tourismus untereinander und mit dem Naturschutz sind offensichtlich. Unsere Bilanz bei der Fischerei und dem Eintrag von Nährstoffen über die Flüsse ist katastrophal. Positiv zu bewerten ist, dass ein effizienter Prozess, der um einen Kompromiss zwischen Nutzung und Schutz im Kontext einer Marine-Raumordnung ringt, etabliert wurde. Allerdings schwächeln wir noch bei der Formulierung einer nationalen Meeresstrategie, die die Umsetzung von Ozeanthemen in, mit und durch Deutschland klar herausarbeitet.
Was können wir in Deutschland konkret dafür tun, damit dieses UN-Ziel erreicht wird?
Die Bundesregierung hat versprochen eine/einen Meeresbeauftragte/n einzusetzen. Das würde helfen, die Ozeanthemen über die Ministerien hinweg besser zu beschreiben und die gemeinsame Umsetzung zu mehr Nachhaltigkeit effizienter zu machen. In der Bildung kommt das Thema Ozean randständig vor. Mehr Engagement bei der UN Ozeandekade in allen Bereichen der Gesellschaft würde helfen, die vielen Möglichkeiten bekannter zu machen. Wer das Meer kennt, es schätzen gelernt hat, wird sich dafür einsetzen, es zu schützen und nur nachhaltig zu nutzen.
Wie können Familien mit ihren Kindern über dieses Ziel sprechen und ihre Kinder dafür sensibilisieren?
Das Thema Ozean und Meere ist besonders für Kinder spannend. Zum einem gibt es dort viel zu entdecken, außergewöhnliche Lebensräume von der Tiefsee über tropischen Riffe zum polaren Ozean. Beim Strandurlaub kann man Müll einsammeln und darüber auch über die anderen Problemzonen des Ozeanes lernen.