Friedliche und inklusive Gesellschaften für eine nachhaltige Entwicklung fördern, allen Menschen Zugang zur Justiz ermöglichen und leistungsfähige, rechenschaftspflichtige und inklusive Institutionen auf allen Ebenen aufbauen
Mit: Ben Christian, Wissenschaftlicher Mitarbeiter Leibniz-Institut Hessische Stiftung Friedens-und Konfliktforschung (HSFK)
Was wurde bisher aus Ihrer Sicht bei diesem Ziel erreicht und was muss noch passieren?
Ehrlich gesagt: Die Halbzeitbilanz sieht nicht sehr gut aus. Auch wenn die Arbeit vieler Menschen und Institutionen (wie z.B. der UN) vereinzelt Früchte trägt, so stimmt die generelle Entwicklung pessimistisch. Vom Ziel friedlicher, gerechter und inklusiver Gesellschaften sind wir auf jeden Fall noch weit entfernt. Kriegerische Konflikte, aber auch häusliche und kriminelle Gewalt, bedrohen das Leben von Millionen Menschen ganz unmittelbar. 2020 gab es weltweit 21 Kriege, momentan sind 82 Millionen Menschen auf der Flucht. Das ist also insgesamt ein düsteres Bild – es gibt viel zu tun.
Wie haben aktuelle Krisen, wie die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg, dieses Ziel bzw. die Diskussion darüber verändert?
Kriege und gewaltsame Konflikte gab es auch in den letzten Jahren zuhauf, viele von uns haben das nur erfolgreich verdrängt. Der Krieg in der Ukraine führt uns jetzt einmal mehr vor Augen, dass Frieden alles andere als selbstverständlich ist. Lange Zeit galt Europa als eine friedliche „Oase“ und Krieg als etwas, das woanders – weit weg – passiert und uns nichts angeht. Das war schon immer eine Illusion, die durch die enorme mediale Aufmerksamkeit und die politische Debatte aktuell ein jähes Ende findet. Stattdessen rücken die schrecklichen Folgen des Krieges stärker ins allgemeine Bewusstsein: Menschen werden getötet, Häuser zerstört, Familien auseinandergerissen. Der Krieg in der Ukraine führt also schon jetzt dazu, dass die Debatte über nachhaltigen Frieden in Deutschland eine neue Dimension erhält.
Wie steht Deutschland bei diesem Ziel aus Ihrer Sicht da?
Deutschland steht insgesamt gut da. Wir haben das große Glück, in einem weitestgehend friedlichen und sicheren Land zu leben, mit starken demokratischen Institutionen. Allerdings haben die NSU-Morde, der rassistische Anschlag in Hanau oder auch das Aufdecken rechtsextremer Gruppen in der Polizei gezeigt, dass wir auf dem Weg zu einer wirklich friedlichen und inklusiven Gesellschaft noch viel zu tun haben. In Deutschland können sich nicht alle Menschen gleichermaßen sicher fühlen – das ist inakzeptabel.
Was können wir in Deutschland konkret dafür tun, damit dieses UN-Ziel erreicht wird?
Frieden fängt immer bei uns selbst an: in der Familie, im Freundeskreis, in der Nachbarschaft, der Schule oder im Betrieb. Wir können also alle einen Beitrag zum friedlichen Zusammenleben leisten. Außerdem können wir uns politisch für Frieden weltweit einsetzen: uns über die Situation in anderen Ländern informieren; unseren Abgeordneten deutlich machen, dass uns diese Themen wichtig sind; internationale NGOs unterstützen – es gibt viele Möglichkeiten!
Wie können Familien mit ihren Kindern über dieses Ziel sprechen und ihre Kinder dafür sensibilisieren?
Über Krieg zu sprechen ist nicht einfach. Allerdings haben Kinder ein gutes Gespür dafür, was ihren Eltern Sorgen bereitet. Insofern sollten Eltern unbedingt mit ihren Kindern auch über das sprechen, was sie besorgt: etwa der Krieg in der Ukraine oder der Klimawandel. Natürlich müssen Fragen altersgerecht beantwortet werden. Dabei können bestimmte Medienformate (z.B. Logo; www.frieden-fragen.de) helfen, die man sich gemeinsam anguckt. Außerdem kann es hilfreich sein, wenn man am Ende gemeinsam etwas tut, um die Situation zu verbessern: auf eine Friedensdemo gehen, Spenden sammeln oder Geflüchteten helfen.