Verfügbarkeit und nachhaltige Bewirtschaftung von Wasser und Sanitärversorgung für alle gewährleisten
Mit: Prof. Dr. Uli Paetzel, Präsident Deutsche Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall DWA
Was wurde bisher aus Ihrer Sicht bei diesem Ziel erreicht und was muss noch passieren?
In den letzten 30 Jahren ist es gelungen, weitere zwei Milliarden Menschen regelmäßig mit sauberem Trinkwasser zu versorgen. Aber: die Weltbevölkerung wächst sehr schnell. Daher haben heute immer noch gut zwei Mrd. Menschen keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Das ist jeder vierte Mensch auf der Welt. Ganz besonders schlimm ist die Situation in Afrika und Asien, aber zum Teil auch in Südamerika. Hier können sehr viele Kinder nicht zur Schule gehen, da sie das Wasser für die Familie vom nächsten Brunnen holen müssen. Weite Wege zu Fuß, keine Zeit für die Schule. Noch schlechter ist die Situation bei der Sanitärversorgung. Auch hier konnten in den letzten 30 Jahren für gut zwei Mrd. Menschen Verbesserungen erreicht werden. Aber das Wachstum der Weltbevölkerung frisst auch hier viele Erfolge auf. Noch immer haben rund 4,2 Mrd. Menschen keinen Zugang zu ordentlichen Toiletten. Jeder zweite Mensch auf der Welt benutzt einfache Gruben oder geht in den Wald. Dadurch können gefährliche Krankheiten übertragen werden. Und auch die Umwelt, insbesondere die Gewässer, werden dadurch sehr verschmutzt. Besonders problematisch ist, dass aus diesen Flüssen, Bächen und Seen andere Menschen trinken oder ihr Trinkwasser gewinnen.
Wie haben aktuelle Krisen, wie die Corona-Pandemie und der Ukraine-Krieg, dieses Ziel bzw. die Diskussion darüber verändert?
Die Corona-Pandemie hat die Situation noch einmal deutlich verschlechtert. Viele Projekte konnten aufgrund der Beschränkungen in der Pandemie nicht gestartet oder fortgesetzt werden. Der Klimawandel verschärft die Lage. Fachleute gehen davon aus, dass in den nächsten zehn Jahren rund 700 Mio. Menschen gezwungen sein könnten, ihre Heimat zu verlassen, da es dort nicht mehr ausreichend Wasser gibt. Das sind so viele, wie in allen Ländern Europas leben. Wie sich der Krieg in der Ukraine auswirkt, kann man noch nicht sagen. Es muss aber leider davon ausgegangen werden, dass er die Lage noch weiter verschlimmert. Vor allem in der Ukraine selbst wird sehr viel getan werden müssen.
Wie steht Deutschland bei diesem Ziel aus Ihrer Sicht da?
Deutschland ist weltweit sehr aktiv. Wir helfen mit Geld, Wissen und Fachleuten beim Bau von Brunnen und Kläranlagen. Dazu kommen spannende Projekte wie beispielsweise die Gewinnung von Trinkwasser aus der Feuchtigkeit der Luft. Wichtig ist es immer, die Bevölkerung in den Ländern mitzunehmen. Nur gemeinsam können wir die Wasserprobleme lösen. Auch die DWA ist in vielen Ländern aktiv. Wir kümmern uns zum Beispiel um die Schulung und Ausbildung von Menschen, die in den Ländern auf Abwasseranlagen arbeiten.
Was können wir in Deutschland konkret dafür tun, damit dieses UN-Ziel erreicht wird?
Geld und Wissen. Wir können und müssen noch viel mehr Projekte in ärmeren Ländern mit Geld und unserem technischen Wissen unterstützen.
Wie können Familien mit ihren Kindern über dieses Ziel sprechen und ihre Kinder dafür sensibilisieren?
Ich glaube, der Schlüssel für mehr Gewässerschutz sind Bildung und neue Bilder, die wir in die Köpfe der Menschen transportieren. Sehr anschaulich ist das Konzept „Virtuelles Wasser“. Wir nutzen zwar pro Tag und Kopf in Deutschland nur rund 120 l Wasser aus der Wasserleitung. Bezieht man jedoch das Wasser mit ein, das für die Produktion unserer Lebensmittel, unserer Kleidung, der Autos und vieles mehr verwendet wird, verbraucht jeder Menschrund 4.000 l Wasser am Tag. Es gibt im Internet tolle Seiten, mit denen man seinen realen Wasserverbrauch berechnen kann, beispielsweise www.wasserampel.wfd.de.