Stromfrei in der Bude?

Datum: Dienstag, 31. Januar 2023 12:13

Entlastungen durch die Bundesregierung

Um die Preissteigerungen der zurückliegenden Jahre abzufedern, hat die Bundesregierung mehrere Maßnahmen auf den Weg gebracht, mit denen unter anderem Privathaushalte entlastet werden sollen. Hier ein Überblick:

Entlastungspakete

Bereits im vergangenen Jahr hat der Bund insgesamt drei Entlastungspakete mit einem Gesamtvolumen von rund 100 Milliarden Euro beschlossen. Dazu gehören unter anderem die Kindergelderhöhung auf 250 Euro für jedes Kind, ein einmaliger Kinderbonus in Höhe von 100 Euro je Kind, die Erhöhung des Kinderzuschlags und des Wohngelds, eine einmalige Energiepreispauschale in Höhe von 300 Euro, das 9-Euro-Ticket für den ÖPNV während der Sommermonate, der Ausgleich der kalten Progression im Steuerrecht, der Wegfall der EEG-Umlage. Zudem wurde der Mehrwertsteuersatz für Gas und Wärme von 19 auf 7 Prozent gesenkt. Arbeitgeber können ihren Mitarbeitern eine steuer- und abgabenfreie Inflationsausgleichsprämie zahlen.

Soforthilfe Dezember 2022

Durch sie wird Haushalten, die mit Gas heizen, die monatliche Abschlagszahlung für den Dezember 2022 erlassen. Wie die Soforthilfe konkret umgesetzt wird, hängt vom Versorger ab. Einige haben den Dezember-Abschlag nicht abgebucht, andere nehmen eine Rücküberweisung vor. Möglich ist auch eine Verrechnung mit der nächsten Jahresabrechnung. Wer mit Fernwärme heizt, wird ebenfalls entlastet. Da dient allerdings der September-Abschlag als Berechnungsgrundlage. Diese Entlastung überbrückt die Zeit bis zur Einführung der Gas- und Strompreisbremse.

Preisbremse für Strom, Gas und Wärme ab 2023

Ab 2023 deckelt der Staat die Preise für Strom, Gas und Wärme für private Haushalte. Der Gaspreis wird auf 12 Cent brutto pro Kilowattstunde begrenzt, der Strompreis auf 40 ct/kWh brutto und Fernwärmekunden zahlen höchstens 9,5 Cent pro Kilowattstunde. Die Preisbremse tritt erst ab März in Kraft, um den Versorgungsunternehmen ausreichend Zeit für die Umsetzung zu geben, die neuen Preise gelten aber rückwirkend ab Januar 2023. Um einen Sparanreiz zu schaffen, gilt die Preisdeckelung nur für 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs. Wer mehr als 80 Prozent verbraucht, zahlt den aktuell gültigen Marktpreis seines Versorgers. Die Preisbremse ist befristet bis April 2024.

Härtefallfonds

Geplant sind Härtefall-Regelungen für Haushalte, die durch die steigenden Energiepreise in besonderer Weise betroffen sind und ihre Energieabrechnung ggf. nicht zahlen können. Zudem sollen von diesem Fonds jene Haushalte profitieren, die von den Preisbremsen nichts haben, weil sie beispielsweise mit Öl oder Pellets heizen. Bundestag und Bundesrat haben dem bereits zugstimmt. Allerdings muss die konkrete Umsetzung noch durch die Bundesländer festgelegt werden. Als erstes Land hat Berlin Ende Dezember 2022 entsprechende Regelungen erlassen. Dort können Haushalte seit 9. Januar bei einer drohenden Energiesperre eine einmalige Zahlung beantragen, die dann direkt an den Energieversorger überwiesen wird.

Renaissance der Stadtwerke

Wer angesichts der Preissteigerungen für Energie auf der Suche nach einem neuen Versorger ist, wird schnell feststellen, dass es durch einen Wechsel derzeit kaum Einsparmöglichkeiten gibt. Die Preise für Neukunden sind bei fast allen Anbietern sehr hoch – sowohl für Strom als auch für Gas. So zahlt man nach Angaben des Vergleichsportals Verivox als Neukunde derzeit (Stand 9.1.2023, ohne Berücksichtigung der Preisbremse) 44 Cent pro kWh Strom und 18 Cent pro kWh Gas. Zum Vergleich: Anfang 2021 lagen die Preise bei 32 Cent für Strom und 6,5 Cent für Gas.

Allerdings haben mehrere Portale festgestellt, dass überraschend oft der regionale Grundversorger – also die heimischen Stadtwerke – vergleichsweise günstige Preise bieten. Durch ihre langfristige Beschaffungsstrategie konnten sie sich moderate Preise für eine lange Laufzeit sichern. Ein weiterer Vorteil der heimischen Energieversorger: Während viele deutschlandweit agierende Versorgungsunternehmen im vergangenen Jahr keine Neukunden aufgenommen haben, kommt man über die Ersatz- und Grundversorgung jederzeit in einen Tarif des heimischen Anbieters. Voraussetzung dafür ist, dass man seinen bisherigen Anbieter gekündigt hat. Mit dem Wechsel zum Regionalversorger sichert man überdies regionale Wertschöpfung und Arbeitsplätze vor Ort. Oft engagieren sich die Stadtwerke als Sponsoren für regionale Vereine und Institutionen, begleiten Kitas und Schulen in Projekten. So wird der Wechsel zum Heimspiel.

Das steigende Interesse stellt die kommunalen Versorger vor eine zweifache Herausforderung: Denn parallel müssen sie die recht hastig vom Bund beschlossenen Entlastungspakete in der Praxis umsetzen und die Entlastungen an die Kunden weitergeben. Zwar trägt der Staat die Differenz zwischen dem gedeckelten Preis und dem ggf. höheren Vertragspreis. Die Abrechnung und Erstattung aber ist kompliziert und bei Gas/Wärme und Strom unterschiedlich. Nach Angaben des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU) wird das Prozedere derzeit vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz vorbereitet.

Doch die kurzfristigen Entlastungen sorgen auch bei den Verbrauchern für Unsicherheit: Aktuell werden viele Stadtwerke förmlich überrollt von Anfragen und Nachfragen. So ist beispielsweise unklar, wie der Jahresverbrauch bei einem Umzug, Versorgerwechsel oder bei einer Vergrößerung der Familie berechnet wird. Dazu teilt der VKU mit: „In allen Fällen muss der Energielieferant den ihm vom zuständigen Netzbetreiber mitgeteilten und nach gesetzlichen Vorgaben prognostizierten Jahresverbrauch der Entnahmestelle ansetzen.“ Auch zum Zeitpunkt der Auszahlung oder Verrechnung der Dezember-Soforthilfe gibt es unterschiedliche Modelle. Hier sollten Familien sich in Geduld üben und zunächst schauen, ob sich das Anliegen auch online klären lässt.

Noch wichtiger und vor allem effektiver als der Wechsel in einen günstigeren Tarif ist das Einsparen von Energie. Denn die Energie, die Sie nicht verbrauchen, müssen Sie auch nicht bezahlen. Da die Preisbremsen für Strom, Gas und Wärme auf 80 Prozent des Vorjahresverbrauchs gedeckelt sind, ergibt sich ein zusätzlicher Sparanreiz.