Interview mit Andreas Weber, Autor des Buches "Mehr Matsch!"
Dr. Andreas Weber (Jahrgang 1967) ist Philosoph und Biologe. Er lebt mit seiner Frau und seinen beiden Kindern in Berlin. Seit vier Jahren veröffentlicht er Bücher, die sich vor allem der Verbindung von Mensch und Natur widmen.
Andreas Weber schildert in seinem gerade erschienen Buch „Mehr Matsch!“, wie sehr Kinder Natur und Wildnis brauchen – und wie katastrophal sich die beschleunigte Entfernung unserer Kinder aus diesen Gefilden auf die Gesellschaft auswirkt.
Wenn Sie Ihr Buch „Mehr Matsch!“ auf drei Aussagen konzentrieren müssten, welche wären das?
Wir wollen das Beste für unsere Kinder – aber damit meinen wir irrtümlicherweise mehr Leistung, mehr Effizienz, weniger Risiko. Wir nehmen unseren Kindern dabei ihre Lebendigkeit. Lebendigkeit heißt, eigene Erfahrungen in Freiheit machen zu können. Lebendigkeit heißt Spielen – ohne Nutzenaspekte.
Sie sind liebender Familienvater, Biologe und Philosoph, brauchte es diese Verbindung, um so ein Buch zu schreiben?
Ich glaube nicht unbedingt. Alle Menschen haben eine Intuition dafür, was Kinder sind – nämlich kleine Urmenschen mit dem Bedürfnis nach anderen Wesen. Das lässt sich an jedem Kleinkind beobachten.
Sie sagen, Kinder brauchen die Wildnis, leben aber in Berlin. Wie geht das zusammen?
Es heißt: Wildnis ist da, wo man in Fülle spielen kann. Jedes Kind, das seiner Fantasie freien Lauf lässt, ist ein wildes Wesen. Spielerische Welterfahrung lässt sich überall ermöglichen. Oft hocken die Kinder auf dem Land genauso viel drinnen vor dem Rechner wie die in einer Großstadtstraße.
Glauben Sie tatsächlich, dass sich der Trend der Entfremdung unserer Kinder von der Natur aufhalten oder gar umkehren lässt – und welchen Beitrag kann Ihr Buch da leisten?
Wenn wir diesen Trend nicht aufhalten, dann werden sich die Zivilisationsprobleme weiter verschlimmern. Unsere Kultur leidet daran, dass Sie vergessen hat, was es wirklich heißt, lebendig zu sein. Die Natur ist unsere Wirklichkeit. Keine Zivilisation hat sich je gegen die Wirklichkeit aufzulehnen vermocht.
Hätte dieses Buch auch eine fürsorgliche, in ihren Schutzinstinkten durch beständige Gefahrenmeldungen unserer Mediengesellschaft sensibilisierte Mutter schreiben können?
Natürlich. Ich habe ja auch einen übervorsichtigen Vater in mir. Dieses Buch zu schreiben war eine beständige Übung in Vertrauen.