Jedes Kind sollte seine Wurzeln kennen.
Uta Alexander ist Journalistin und selbst Großmutter. Bevor sie stellvertretend für ihre Tochter in die Babypause ging, betrieb sie die Internetseite www.grosseltern-report.de.
Sie sind Großmutter – wie hat das ihr Leben verändert?
Die größte Veränderung ist wohl, dass ich nicht mehr meiner Arbeit nachgehen kann. Ich passe auf meine Enkeltochter auf, da meine Tochter studiert. Dieser Zeitraum ist aber begrenzt. Das Baby ist jetzt ein halbes Jahr alt, wenn sie eins ist, haben wir hoffentlich einen Krippenplatz.
Das hört sich nach dem typischen Bild der helfenden Großeltern an.
Ich weiß nicht, ob es so typisch ist, dass berufstätige Großeltern ihre Arbeit aufgeben, um dann zu helfen.
Sie haben die Seite grosseltern-report.de betrieben – wie sind Sie auf die Idee zu diesem Projekt gekommen?
2006 haben wir mit dem Projekt angefangen, bis zur Geburt meiner Enkeltochter. Ich habe viel gelesen, vor allem Autobiographien. Dabei ist mir aufgefallen, wie oft Leute, die ihre Lebenserinnerungen zu Papier bringen an ihre Großeltern denken. Das geht viel mit Rührung und Vorbildfunktion einher. Man vergleicht sich und sieht, wie sie ihr Leben gestaltet haben. Das ist sehr beeindruckend und ich fand, dass dieser Aspekt im Allgemeinen untergeht. Großeltern galten immer als Senioren mit Stützstrümpfen und Rollatoren. Als wir mit der Seite angefangen haben, war die Zeit, in der Kinder recht spät kamen. Darüber habe ich mich geärgert. Das ist nicht dass, was man will und eigentlich auch nicht das, was typisch ist. Normalerweise sind Großeltern vielleicht dreißig Jahre älter, als ihre eigenen Kinder und etwa vierzig, fünfzig Jahre älter, als ihre Enkel und nicht sechzig.
Großeltern sind lebendige, aktive Menschen, die noch im Leben stehen. Wir wollten dem gerecht werden und das Thema anders aufziehen. Ohne das Bild von alten Menschen.
Warum sind Großeltern wichtig für Enkel?
Da sollte jeder anfangen bei sich nachzudenken: Haben Sie eine Oma und einen Opa gehabt? Dann kann man sich die Frage selbst am besten beantworten. Ich kann hier vor allem aus der Sicht der Oma reden: Es ist einfach wunderbar noch einmal zu sehen, wie sich ein kleines Leben entwickelt. Das ist schwer zu beschreiben, ich empfinde eine tiefe Rührung. Auch das eigene Kind in der Elternrolle zu sehen – es ist, als ob sich der Kreis im Leben schließen würde.
Was sollten Eltern machen, wenn Kinder nicht zu Oma und Opa möchten?
Ich denke, da liegt oft ein Problem zwischen den Eltern und den Großeltern zugrunde. Wenn die Mutter ihre Schwiegermutter nicht leiden kann, wirkt sich das früher oder später auch auf das Kind aus. Kinder spüren Missstimmungen. Je besser die Beziehung zwischen Großeltern und Eltern ist, umso besser wird es auch zu den Enkelkindern sein.
Wie sehr sollten sich Großeltern in die Erziehung einmischen dürfen?
Großeltern sollten sich zurücknehmen. Auf der Internetseite hatten wir einen Kummerkasten, daraus habe ich einen dicken Ordner voller Briefe, die sich darum drehten, dass junge Eltern sich irgendwelche Grundsätze für die Erziehung ausgedacht haben. Es gibt die verschiedensten Erziehungsstile: Von alles Öko bis hin zu starker Disziplin. Wenn die Großeltern da nicht mitziehen, gibt es immer Streit. Oma bringt Spielzeug mit, dass der Mama nicht gefällt oder stopft das Kind mit Süßigkeiten voll. Großeltern sollten in Fragen des Erziehungsstils versuchen sich moderat zu verhalten. Wobei es Studien gibt, die besagen, dass Großeltern tendenziell den Erziehungsstil der Eltern ausgleichen. Wenn die Eltern sehr streng sind, sind die Großeltern häufig recht frei. Sind die Eltern sehr locker, steuern Großeltern oft gegen und vermitteln Disziplin. Wenn man sich gegenseitig respektiert und annähert, kommt wahrscheinlich eine normale, ausgewogene Erziehung zustande, die auch Spaß macht. Solche Grundsatzdiskussionen führen häufig zu gar nichts und entzweien ganze Familien.
Das ist ein gutes Stichwort: Eltern lassen sich scheiden – was wird aus den Großeltern?
Manche schaffen es, manche schaffen es nicht. Am Anfang ist der Sturm auf das Enkelkind noch groß. Wenn die Beziehung dann nicht mehr gepflegt wird, verblasst sie. Vor allem zu Beginn der Trennung fällt die Kontaktpflege schwer, weil zwischen den Eltern so viel böses Blut herrscht. Auch wenn man das Kind nicht an die „anderen“ Großeltern geben möchte, helfen Verbote wahrscheinlich nichts. Je mehr man den Kontakt untersagen möchte, umso größer wird das Bestreben Einfluss zu nehmen. Vielleicht findet jeder für sich eine Lösung, aber im Vorfeld müssen die Dinge, die zwischen den Parteien stehen ausgeräumt werden. Mit einem Kind kann man keine Probleme kitten.
Ansonsten hat ein Kind ein Umgangsrecht. Es hat das Recht seine Großeltern kennenzulernen, das sollten Eltern wissen. Jedes Kind sollte seine Wurzeln kennen.
Wie umgehen mit Alter, Krankheit und Tod?
Kinder fragen ja selbst danach. Meine Tochter hat ihre Uroma gefragt: „Wie lange lebst du noch?“. Darauf hat sie geantwortet: „Meine Mutter ist 85 geworden, ich denke so alt werde ich auch, also lebe ich noch sieben Jahre. Dann werde ich vielleicht krank sein und sterben.“ Meine Tochter reagierte mit „Aha“ und damit war das Thema erledigt. Großeltern müssen ihren Enkeln ein Lebensende vorleben, mit dem Kinder leben können. Das Alter darf nicht schrecklich sein und Angst machen. Vielleicht diszipliniert man sich als Oma oder Opa dann auch ein bisschen, jammert und klagt nicht ständig. Eine schlimme Krankheit, wie Demenz ist natürlich etwas anderes.
Was raten Sie Eltern abschließend für den Umgang zwischen Kindern und Großeltern?
Schlicht und ergreifend: Habt Spaß miteinander.