Zwei + Eins = Viele

Datum: Dienstag, 26. November 2013 08:44

    
„Der Ex kann manchmal ein extremer Unruhepol und Störfaktor sein.“
Tino Korwitz

 


Titelthema haendeFlexibilität ist das A und O

Die Kinder müssen sich immer wieder auf neue Regeln, Gewohnheiten und Verhaltensweisen einlassen. Dafür braucht es vor allen Dingen eine gehörige Portion an Flexibilität. Oft trauern die Kinder noch um ihre Herkunftsfamilie und brauchen Zeit, um die Trennung oder den Tod eines Elternteils zu verarbeiten. Auch die Eltern müssen erst einmal mit der Vergangenheit abschließen, um offen für eine neue Beziehung zu sein. Zwischen den Stiefgeschwistern kann es oft zu Rivalitäten kommen, aber dies kann auch bei leiblichen Geschwistern passieren und es ist die Frage, wie alle Beteiligten damit umgehen. Die Kinder sollten im leiblichen Elternteil einen zuverlässigen Partner finden, der zu ihnen hält und immer ein offenes Ohr hat. Der leibliche Elternteil muss genügend Aufmerksamkeit und Zuwendung geben, damit sich die Kinder nicht verloren fühlen.

Geduld und Gelassenheit
Patentrezepte für Patchworkfamilien gibt es keine. Doch in einigen Punkten stimmen die besten Fachleute, nämlich die Direktbetroffenen selber, mit den Ratschlägen in der Fachliteratur überein. Häufig genannt werden etwa Geduld und Gelassenheit. Alles braucht seine Zeit, nichts darf erzwungen werden. Patchworkfamilien brauchen zudem mehr Mut und viel Toleranz.

Klare Verhältnisse schaffen
Geklärte Verhältnisse sind die Grundlage für ein harmonisches Familienleben. Finanzielle und emotionale Aspekte müssen so gut es eben geht besprochen und abgehakt werden. Das gilt auch für die wesentlichen Erziehungsfragen. Erziehung ist nicht nur eine Sache der leiblichen Eltern. Bevor der neue Partner einzieht, sollte vorher unbedingt über die gegenseitigen Vorstellungen von Erziehung gesprochen werden. Was ist besonders wichtig, wo gibt es Grenzen? Bis sich ein stabiles Vertrauensverhältnis zum Kind etabliert hat, sollte sich der neue Partner in Erziehungsfragen allerdings etwas zurückhalten.

Tipps für die Ex
Es fällt nicht immer leicht, Gefühle abzustreifen und nüchtern klare Verhältnisse zu schaffen.
Diese 3 Tipps können helfen:
1. Stehen Sie zu Ihren Gefühlen. Wenn es Ihnen weh tut, jedes Mal brühwarm über den schon gewachsenen Bauchumfang der Neuen informiert zu werden, bitten Sie Ihren Ex-Mann um ein wenig Zurückhaltung.
2. Auch wenn es schwerfällt: Versuchen Sie, Ihre Kinder nicht mit Ihren Sorgen anzustecken, dass Ihr Ex schon bald keine Zeit mehr für sie haben könnte. Stattdessen sollten Sie auch dieses Thema möglichst früh mit ihm besprechen – wahrscheinlich wird er Ihre Sorgen zerstreuen können. Schließlich liebt er seine Kinder und hat sich bisher auch bemüht, Ihnen trotz der Trennung ein guter Vater zu sein.
3. Auf keinen Fall sollten Sie vor den Kindern schlecht über die neue Frau des Vaters reden. Kinder sind darauf angewiesen, beide Elternteile lieben zu können. Besser: bei einer guten Freundin ausheulen – und sich von ihr noch mal alle Gründe aufzählen lassen, warum Sie den Ex doch eh‘ nicht hätten zurück haben wollen.

Beratungsangebote nutzen
Eine Familienberatung hilft allen Beteiligten bei dem Verarbeiten des Verlustes der alten Familiensituation und dem Finden eines neuen Rollenverständnisses. Sie unterstützt die Neuorganisation der Patchworkfamilie und die Entwicklung einer stabilen Vertrauensbasis, ohne dabei die alten Familienmitglieder und deren neue Familien auszuschließen. Zunächst gilt es, mit dem Paar zu schauen, was sie verbindet und was sie bis jetzt trotz aller Probleme gut geschafft haben. Das ist wichtig, weil Paare das oft gar nicht mehr wahrnehmen, wenn die Probleme über ihnen zusammenschlagen. Es wird ihnen auch leichter wieder präsent, wenn jemand von außen diese, ihre Leistung, anerkennt. Als nächstes besteht dann die Möglichkeit, Lösungen für konkrete Detailprobleme zu erarbeiten, durch die sich die Gesamtsituation schon etwas entspannen kann.

Hilfreiche Tipps für Patchworkfamilien
Einfühlsame Vorbereitung:
Jedes der Elternteile muss seine frühere Beziehung abgeschlossen haben, damit eine neue reifen und funktionieren kann. Die Information über den neuen Partner sollte so einfühlsam wie möglich erfolgen. Der Aufbau einer Patchworkfamilie ist für alle Beteiligten mit vielen Veränderungen im Alltag verbunden. Erwachsene können damit umgehen, schließlich haben sie sie aktiv herbeigeführt, doch auf Kinder wirken diese Veränderungen, die sie sich keinesfalls gewünscht haben, bedrohlich. Das Kind wird offen für einen neuen Partner sein, wenn es merkt, wie gut sich Mama oder Papa jetzt fühlt und dass es eine große Freude ist.

Konfliktherde nicht undefiniert lassen:
Das neue Paar ist hin und her gerissen zwischen Gewohnheiten und Kompromissen. Wie immer hilft auch hier – reden! Und zwar bald. Denn aus jenen ersten Unsicherheiten werden nach dem ersten Streit gern bis aufs Messer zu verteidigende Gewohnheitsrechte.

Realistische Ziele setzen:
Viele Eltern wollten in ihrer nächsten Beziehung alles perfekt machen. Dies wird im zweiten oder dritten Anlauf ebenso wenig gelingen wie beim ersten Mal. Kleine Zwischenziele auf dem Weg zu einer erfolgreichen Patchworkfamilie sind einfacher zu erreichen als zu hoch gesteckte Erwartungen. Die Partner, die sich neu gefunden haben, haben meist zu hohe Erwartungen an die neue Partnerschaft, aber mit Kindern sollten von vorneherein Tiefpunkte mit eingeplant werden. Bevor man endgültig zusammenzieht, sollte immer erst behutsam an Wochenenden ein Zusammenleben erprobt werden. Das große Ganze braucht seine Zeit.

Den Vorrang beachten:
Die biologischen Eltern sind für die Kinder immer an erster Stelle. Versuche der Stiefeltern, in Konkurrenz mit den „richtigen“ Eltern zu treten, scheitern.

Nicht zu viel verändern:
Keiner der Beteiligten kann verhindern, dass es in einer Patchworkfamilie zu starken emotionalen Reibungen kommt. Es macht wenig Sinn, sich das Hirn über Dinge zu zermartern, die sich einfach nicht sofort ändern lassen und an diesen unlösbaren Aufgaben zu verzweifeln. Stattdessen kann man seine Kraft lieber darauf verwenden, die Dinge zu ändern, die sich auch ändern lassen.

Klare Aufgabenstellung:
Damit sich die Kinder orientieren können, sollten klare Richtlinien und Spielregeln getroffen werden. Die Erziehung der Kinder bleibt in erster Linie beim biologischen Elternteil.

Rituale weiter leben:
Jeder bringt Rituale mit in eine Beziehung. Damit das Zusammenleben gelingt, sollten alle neugierig sein auf den anderen. In der einen Familie hatten alle ihre Lieblingsbecher beim Frühstück. In der anderen hat Mama die Brote geschmiert. Gemeinsame Rituale schaffen ein Wir-Gefühl.