Auf acht Pfötchen

Datum: Montag, 31. März 2014 12:31

Wer ein Tier verschenkt, verschenkt ein Leben

InterviewEin Interview mit Birgitt Thiesmann, Heimtier-Expertin bei VIER PFOTEN

Wie gut geht es unseren Haustieren?
Das kann ich pauschal nicht sagen, aber viele Haustiere leben nicht artgerecht. In einer Wohnung können die Halter nicht den Lebensraum bieten, den die Tiere brauchen. Hamster oder Wellensittiche leben in der freien Wildbahn nicht in Käfigen. Viele Haustiere leben wie unter verschärften Haftbedingungen. Oft sogar in Einzelhaft. In Deutschland ist es gesetzlich nicht geregelt, dass bestimmte Tiere nicht allein gehalten werden dürfen. Aber gerade Meerschweinchen, Wellensittiche und Kaninchen brauchen Artgenossen. Da hilft es auch wenig, ein Meerschweinchen und ein Kaninchen zusammen zu sperren.

Warum denken so viele Menschen, dass sie ihre Haustiere artgerecht halten?
Haustierhalter sind in der großen Mehrzahl keine schlechte Menschen, die es mit ihren Tieren nicht gut meinen. Leider denken die meisten Menschen vor der Anschaffung eines Haustiers aber nicht gründlich nach. Oft wünschen sich die Kinder ein Haustier und dann wird eins gekauft. Die Eltern müssen aber verantwortungsbewusst sein und abwägen, ob das Kind alt genug für das Tier ist oder der Wunsch nach einem tierischen Freund nur eine Phase ist.

Ab wann sind Kinder verantwortungsbewusst genug?
Kinder sollten mindestens schon zur Schule gehen. Sie müssen bereit dafür und in der Lage sein, sich um das Tier zu kümmern. Kleine Kinder sind oft noch grob in ihrer Motorik. Das ist ganz normal. Wenn sie ihrem Hamster oder Hund einen Klaps auf den Kopf geben, dann meinen sie das nicht böse. Für die Tiere ist das jedoch weniger angenehm. Viele Haustiere leiden, ohne dass die Menschen es merken.

Welche Beispiele können Sie aus Erfahrung nennen?
Besonders Meerschweinchen, Kaninchen und Hamster lassen sich nicht gerne anfassen. Sie eignen sich nicht zum Spielen und Kuscheln. Wenn Meerschweinchen scheinbar friedlich und still im Arm liegen dann ist das eine Schutzhaltung. Die meisten Menschen verwechseln dieses Verhalten mit Zuneigung und Zufriedenheit. Auch Hamster, die in ihren Laufrädern nachts Kilometer zurücklegen, sind oft alles andere als glücklich. Der Hamster rennt nicht weil es ihm gut geht, sondern weil es sein natürlicher Drang ist. Was eigentlich gut gemeint ist wird schnell zur Tierquälerei. Die unnatürliche Haltung im Laufrad ist schädlich für Gelenke und Rücken. Auch die Pfoten können sich schnell verletzen. Eltern sollten das wissen.

Wie können Eltern ihre Kinder auf ein Haustier vorbereiten?
Sie müssen ihren Kindern deutlich machen, dass ein Tier kein Spielzeug ist, das nach Belieben geknuddelt und gedrückt werden darf. Eltern können ihren Kindern den respektvollen Umgang mit Tieren vorleben und die artspezifischen Bedürfnisse des neuen Freundes erklären. Schrittweise sollten die Kinder dann Verantwortung übernehmen, ohne dass die Eltern diese ganz abgeben.

Gibt es überhaupt Tiere, denen es als Haustier gut gehen kann?
Ja, die gibt es. Der Hund ist seit jeher Begleiter des Menschen. Er ist glücklich, wenn man sich intensiv um ihn kümmert, zwei bis drei Stunden am Tag mit ihm spazieren geht und ihn mit Artgenossen spielen lässt. Ein Hund darf aber nie die Rolle eines Lebenspartners oder Kindes einnehmen. Auch Katzen sollten so oft wie möglich Freigang haben. Darauf zu achten ist, dass die Katzen kastriert sind. Kaninchen können in einer Wohnung ebenfalls artgerecht gehalten werden. Sie brauchen ausreichend Platz zum Hoppeln und Möglichkeiten zum Nagen. Von herkömmlichen Käfigen aus dem Handel rate ich dringend ab. Viel hilfreicher ist es, ein Fachbuch über artgerechte Haltung zu lesen.

Was halten Sie von Haustieren als Geschenke?
Tiere eignen sich nicht als Geschenke, denn sie sind von der Rückgabe ausgeschlossen. Bestenfalls landen die einst so geliebten Geschenke im Tierheim, wo sie oft jahrelang ein trostloses Dasein fristen. Schlimmstenfalls werden sie ausgesetzt oder anderweitig „entsorgt“. Wer ein Tier verschenkt, verschenkt ein Leben. Wir alle müssen immer daran denken, dass ein Tier ein fühlendes Wesen ist, das unseren Respekt und Schutz verdient.