Kommste runter spielen?

Datum: Mittwoch, 07. Mai 2014 14:47

„Das hab es noch nie“
Andre-MahneckeInterview mit André Mahnecke, Bezirksleiter der Bausparkasse Schwäbisch Hall

Kein Unternehmen baut in Deutschland so viele Eigenheime wie Schwäbisch Hall, Deutschlands größte Bausparkasse und Partner der Volks- und Raiffeisenbanken. In der Lausitz findet man die Experten bei der VR Bank Lausitz. Wir sprachen mit dem Bezirksleiter André Mahnecke, der auch für die Lausitz zuständig ist:

Hausbau oder Wohnung - wer hilft Familien bei dieser Frage?
Jede Familie muss für sich entscheiden, ob sie lieber in der Stadt oder im Grünen leben möchte. Das ist eine sehr individuelle Entscheidung, wir kümmern uns eher um die Verwirklichung der Wünsche. Ein guter Rat ist immer, sich mit Freunden und Bekannten auszutauschen, welche Erfahrung diese mit Haus oder Wohnung gemacht haben. Freunde teilen oft gleiche Werte, insofern kann das gute Anhaltspunkte liefern.

Wir leben in Zeiten niedriger Zinsen, lohnt es gerade jetzt, eine Eigentumswohnung zu erwerben oder ein Haus zu bauen?
Der Zeitpunkt ist wirklich geeignet. Wir haben auf der einen Seite historisch niedrige Zinsen für Baufinanzierungen, man zahlt für eine zehnjährige Baufinanzierung zwischen zwei und drei Prozent Zinsen – Anfang der 90er war es das Dreifache! Das gab es noch nie. Zudem hilft der Staat mit der Riester-Förderung. Dann kommt noch hinzu, dass momentan die Immobilienpreise im Keller sind. Wer 20.000 Euro Eigenkapital hat und 600 Euro Miete zahlt, kann heute auch in sein eigenes Haus ziehen, wenn er nicht überzogene Vorstellungen hat.

Wie lange wird die Situation noch so sein?
Die Banken hoffen natürlich auf steigende Zinsen. Experten sind sich aber einig, dass es die nächsten zwei bis drei Jahre noch so bleiben könnte.

Was sollten Familien bei der Entscheidung für ein Haus beachten?
Familien sollte gerade bei der Entscheidung fürs Haus das soziale Umfeld bedenken. Kommen die Kinder gut in die Schule oder zum Verein? Was passiert mit bestehenden Freundschaften? Sind eine Kita, eine Schule, ein Gymnasium und Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe? Wie entwickelt sich das Umfeld? Das sind wichtige Fragen, die noch vor der eigentlichen Planung des Hauses beantwortet werden sollten. Zudem muss man entscheiden, wie flexibel man bleiben möchte. Dazu können wir aber nur Hinweise geben, unsere Beratung beginnt eher nach der Entscheidung für ein Haus oder Grundstück.

Wie können Kinder in die Entscheidung mit einbezogen werden und ist das wichtig?
Kinder sollten unbedingt mit einbezogen werden. Ich bin mit meiner Familie auch aus der Stadt ins Umland gezogen. Da haben wir viel mit den Kindern gesprochen und sogar gemeinsam den Ort ausgesucht. Wir haben nach Schule und Gymnasium geschaut, diese mit den Kindern besucht und Kontakte geknüpft. Bei ganz kleinen Kindern mag das nicht so wichtig sein, aber ab dem Schulalter halte ich das für sehr wichtig, den Kindern auch die Angst vor der Veränderung zu nehmen. Wenn Kinder sich unwohl fühlen, wird das Familienleben schwierig.

Gibt es so etwas wie typische Fehler, die Familien begehen?
Man sollte nicht vergessen, das neue Wohnumfeld und seine künftige Entwicklung zu prüfen. Das ist für die Werthaltigkeit einer Immobile wichtig. Natürlich sind die Preise auf dem Land niedriger, dort gibt es aber vielleicht keine Schule oder sie wird in den kommenden Jahren geschlossen. Niedrige Preise für Grundstück oder Haus haben oft ihren Grund. Besonders auf der technischen Ebene kann man sehr viele Fehler begehen. Ein solcher ist oft, dass zu groß gebaut wird und dann viele Herausforderungen bei Unterhaltung und Bewirtschaftung von Haus und Grundstück auftreten. Hier sollten Familien auch an die Zeit nach den Kindern denken, wie sie Haus und Grundstück auch im Alter nutzen wollen.

Ein Haus nimmt Flexibilität, wie kann man sich bei notwendigem Umzug absichern?
Da gibt es keine Absicherung. Man kann nur solide und werthaltig planen. Viele Familien fixieren sich tatsächlich zu sehr auf den Verlust der Flexibilität und entscheiden sich aus Angst davor kategorisch gegen ein Haus. Das halte ich für einen großen Fehler. Es ist heute so günstig wie nie, sich mit einer eigenen Immobilie das Geld in die eigene Tasche zu wirtschaften. Wenn diese werthaltig ist, existiert auch nicht das große Risiko. Gerade Familien brauchen zudem mehr Platz und zahlen mehr Miete. Wer gut plant, kann also nur gewinnen. Eine Hilfe kann ein Blick auf die ortsüblichen Mieten sein – wenn die mögliche Miete für ein Haus deutlich über der Finanzierungsrate liegt, muss man sich auch im Falle einer Veränderung keine Sorgen machen. Das ist meist ein ganz einfaches Rechenbeispiel.

Gibt es eine Übersicht, wie werthaltig Immobilien in welchen Regionen sind?
In die Zukunft gerichtet, ist das schwer zu sagen. Allerdings hilft es immer, bei Gemeinden oder Behörden Bebauungspläne für die jeweilige Region einzusehen. Dann wird auch klar, ob dort z.B. Gewerbe, eine Umgehungsstraße oder eine Stromtrasse entstehen wird.

Früher galt ein Haus oft als Altersvorsorge, ist das heute immer noch so?
Heute rückt das sogar noch mehr in den Vordergrund, deshalb wird das selbst genutzte Eigenheim vom Staat über Riester auch immer stärker gefördert. Ein Haus hält in der Substanz auch ein Leben lang. Bei einfacher Ständerbauweise geht man von 80 Jahren aus, beim Steinhaus von über 100 Jahren.Sollte man mit Blick fürs Alter schon barrierefrei bauen?
Das ist eine recht teure Geschichte. Dazu braucht man breite Türen und baut meist auf einer Ebene, was wiederum ein großes Grundstück erfordert. Junge Familien bauen meist preisgünstiger mit zwei oder drei Stockwerken. Wer an später denkt und so baut, spart das natürlich im Alter.

Wie viel Grundstück braucht man?
Für Natur- und Gartenfreunde ist natürlich ein Grundstück jenseits der 500 Quadratmeter wichtig. Grundsätzlich ist das aber sicher von Grundstückpreisen und individuellen Vorlieben abhängig.

Wie finde ich den passenden Haustyp, gibt es da eine Art „Outfit-Beratung“?
Da gibt es keine umfassende Beratung. Es lohnt sich, einen Wohnpark mit Musterhäusern zu besuchen. Die sind oft familienfreundlich mit einer Spielecke für Kids eingerichtet, sodass die Eltern die Musterhäuser in Ruhe besichtigen können. Ansonsten lohnt sicher ein Besuch der regionalen Bau- und Handwerksmessen.

Gibt es außer Riester weitere Fördermöglichkeiten für Familien im Immobilienbereich?
Einige Gemeinden bieten sogenannte Kinderzulagen. Sie fördern damit den gezielten Zuzug von jungen Familien mit Kindern. Ansonsten gibt es über die KfW-Bank Fördermöglichkeiten für die Finanzierung der Immobilie an sich.

Sollte man vorm Hausbau heiraten?
Heiraten sollte man aus Liebe. Es hat natürlich einen steuerlichen Effekt, der Vorteile bringen kann. Bei dem Thema ist viel wichtiger, vor dem Hausbau die Frage zu klären, wer Eigentümer des Objekts wird. Schließlich werden in Deutschland viele Ehen geschieden und hier kann man vorher festlegen, was in diesem Fall passiert. Das vergessen viele Familien und haben dann später die Probleme.

Viele bauen ein Haus und dann reicht das Geld für Einrichtung und Grundstück nicht, gibt es hier Erfahrungswerte für Zusatzkosten?
Wir empfehlen immer, zu den Baukosten noch einmal fünf Prozent Reserve hinzuzurechnen. Erfahrungsgemäß bringt der Bauprozess immer nicht vorhersehbare Kosten mit sich. Man muss auch die Zusatzkosten planen, wenn man z.B. bei einer langen Bauphase parallel Raten für den Baukredit und noch die Miete zahlt. Auch Umzugskosten, feste Einrichtungen wie eine Einbauküche und Carport, Geräteschuppen und Spielplatz im Garten sollte man gleich mit einkalkulieren. Es ist immer besser, alles gleich zu finanzieren, als später nachzufinanzieren. Grundsätzlich kann man alles in die Baufinanzierung packen, was im Haus oder auf dem Grundstück fest verbaut wird.

Gibt es Trends für Familien, zur Wohnung oder zum Haus?
Der Trend in der Lausitz geht eher zum freistehenden Haus mit Grundstück. Eigentumswohnungen spielen außerhalb von Cottbus kaum eine Rolle, die werden eher von Investoren zur Weitervermietung erworben. Ein neuer Trend geht hin zur Bungalowbauweise, bei der man quasi wie in der Wohnung auf einer Ebene lebt. Aber der Hausbau ist so individuell und vielfältig, dass da kaum ein Trend auszumachen ist.

Wie sieht es mit der Energieeffizienz aus?
Die gewinnt immer mehr an Bedeutung. Heute gehört die Solaranlage auf dem Dach zur Warmwasserbereitstellung oder die Wärmepumpe fast schon dazu. Die Entwicklung der Energiekosten wird in Zukunft wichtiger als die Entwicklung der Mietkosten. Familien sollten deshalb auf die Energieeffizienz eines Hauses achten. Besonders, wer ein altes Haus kauft, muss kalkulieren, wie er es energieeffizient machen kann – das ist heute ein zentrales Merkmal für die Werthaltigkeit.

Wo in Südbrandenburg sind Immobilien günstiger, wo teurer?
Pauschal werden Immobilien umso günstiger, je näher man der polnischen oder tschechischen Grenze kommt – wie z-.B. in Forst oder Görlitz. Je näher man an eine größere Stadt heranrückt, desto teurer wird es in der Regel. Man kann sich sehr gut in den Immobilienbörsen im Internet orientieren. Wenn man im gesuchten Ort sehr viele Angebote für Immobilien erhält, sind sie auch entsprechend günstiger. Wo die Angebote rar sind, sind auch die Immobilien teurer. Natürlich ist dann auch die Werthaltigkeit ganz anders.

Kann ich mich bei unabhängigen Partnern informieren, ob Finanzierungsangebote für Immobilien okay sind?
Sicher lohnt es, sich verschiedene Angebote einzuholen und diese bei der Verbraucherzentrale prüfen zu lassen. Die sind unabhängig und können das gegen eine Gebühr prüfen. Viele Familien prüfen das auch mit Freunden und Bekannten, die bereits Erfahrungen haben.

Wovor warnen Sie?
Verträge erst machen, wenn wirklich alles geklärt ist! Bevor nicht das gesamte Konzept steht, alle Angebote eingeholt sind und alle Kosten von vorn bis hinten geklärt sind, sollte man nie einen Vertrag unterzeichnen. Sonst kann eine vermeintlich billige Immobilie auch schnell zum finanziellen Fiasko  werden. Außerdem sollten Familien immer an eine Absicherung denken – wie eine Berufsunfähigkeitsversicherung und Vorkehrungen für einen Unglücksfall. Das wird meist unterschätzt.