
Kolumne :: Seite 72
lausitzDADDY
Innenansichten eines verzweifelten Vaters
papier ein bisschen gemogelt. Keine Ahnung, ob wir
das wirklich brauchten. Aber die Kids waren beein-
druckt. An der Kasse fragte Junior dann aber: „Und,
wie wollen wird das jetzt nach Hause bekommen. Mit
Schwebezauber?“ Verdammt, ich hatte die großen
Einkaufstaschen zu Hause liegen lassen. Im Hoch-
gefühl meiner tollen Einkaufsleistung fand ich aber
sofort einen Ausweg und nahm beherzt 4 Papiertü-
ten aus dem Regal an der Kasse. Plastiktüten werden
im Supermarkt unseres Vertrauens nämlich gerade
abgeschafft. Dazu präsentierte ich mich als pädago-
gisch wertvollen Vater und erläuterte, dass ich das
so geplant habe und den Beiden diesmal etwas über
Natur und Umwelt beibringen wollte. Ich erläuterte,
dass allein in Deutschland pro Jahr über 6 Milliarden
Plastiktüten verbraucht werden, die dann 100 bis 500
Jahre zum Abbau brauchen, die Ozeane verseuchen,
Delfine und Schildkröten töten und ganz schlecht
für die Umwelt sind. Meine Kleine fragte, wie es mit
Plasteklappboxen aussieht? Ich war im Redefluss und
führte aus, dass die genauso schlecht sind, in Chemie-
fabriken produiziert werden, bestimmt in China, arme
Menschen gesundheitlich schädigen und ebenso mit
Schadstoffen die Umwelt belasten. Mein Vortrag spru-
delte, als meine Kleine mich fragte, ob Schulzens das
nicht wissen? In der Schlange hinter mir räusperte
sich ein älteres Ehepaar, das zwischenzeitlich seine
Platiktüten in der Jackentasche versteckt hatte und
nicht so recht wusste, wie es die Plasteklappbox ver-
bergen sollte. Unsere Nachbarn, die Schulzens. Die
gesamte Schlange musterte die beiden Delfinmörder,
die sich wohl als harmlose Senioren getarnt hatten.
Während meiner flammenden Rede hatten alle einen
Stapel Papiertüten zu ihrem Einkauf aufs Band ge-
packt. Horst Schulze murmelte: „Sie Plastik-Klappbo-
xen-Rassist!“. Ich machte, dass ich schnell nach Hau-
se kam. Ganz Mann, schleppte ich alle vier Tüten auf
einmal aus dem Auto und kam zeitgleich mit Schul-
zens samt ihrer Plastikklappbox an der Haustür an,
als zwei unten durchgeweichte Papiertüten mit einem
RAAATSCH rissen und ihren Inhalt verstreuten. Ich
hätte das Gefrorene nicht nach unten packen sollen.
Horst Schulze feixte und meine Kids wechselten von
beeindruckt zum üblichen „Mensch Papa!“-Gesichts-
ausdruck. Nun bin ich, wie als Steppke, wieder mit
Stoffbeutel unterwegs.
Euer lausitzDADDY
Seit dem letzten Monat habe ich eins mit den
„Jesusjüngern“ der Ökofraktion gemein: ich
habe den Stoffbeutel wieder entdeckt. An-
deren Vätern kann ich diesen wiederverwendbaren
Klassiker unter den Einkaufs-Tragebehältnissen nur
empfehlen. Der Weg dorthin war allerdings nicht
ganz schmerzfrei und wurde nicht von allen mit gro-
ßer Freude geteilt. Es begann mit einer „Papa muss
mal wieder einkaufen-Challenge“, wie meine Kids das
nennen, wenn meine bessere Hälfte mich allein samt
Kindern zum Supermarkt unseres Vertrauens schickt.
Wenn wir in Familie einkaufen, dann habe ich ja im-
mer eine klare Funktion: ich halte mich am Wagen
fest und schiebe selbigen sicher durch die Gänge und
versuche nur, auf Höhe meiner Frau zu bleiben, wäh-
rend siemit olympischer Geschwindigkeit in Bruchtei-
len von Millisekunden genau die richtigen Joghurtbe-
cher aus einem Regal tausender Sorten von Danone,
Ehrmann, Activia und Co. zaubert. Meist absolvieren
wir den ganzen Markt in knapp zehn Minuten und
der Korb ist proppevoll. Ich schwitze, während mei-
ne bessere Hälfte immer entspannter wird, je näher
wir der Kasse kommen. Ganz ehrlich: ich habe keine
Erklärung, warum der Supermarkt-Familieneinkauf
noch nicht olympisch ist. Husan Bolt würde gegen
meine bessere Hälfte schon am Gemüsestand schei-
tern. Rennen kann doch jeder, aber parallel Scannen,
Zugreifen, die Kids im Auge behalten, per Multitas-
king innerlich den Bedarf mit dem Kühlschrank und
der Vorratskammer abgleichen, dazu noch Angebote
filtern und bewusst regionale Produkte bevorzugen?
Boah, mir wird schwindlig. Entsprechend groß ist die
Freude, wenn ich mich allein unter Beobachtung der
Kids dieser Herausforderung widmen darf. Mein Juni-
or wird mit seiner Pubertät immer aufmüpfiger und
freute sich gleich, „... endlich mal die Stoppuhr an
seinemneuen Chronographen auszutesten. Bei Mama
lohne sich das ja nicht.“ Wenigstens meine Kleine
hielt zu mir: „Papa, ist doch nicht so schlimm, wenn
du wieder die Hälfte vergisst und eine Stunde länger
brauchst. Ich hab dich trotzdem lieb.“
So ging es zu dritt zum Supermarkt. Diesmal schlug
ich mich erstaunlich passabel. In nur 24,53 Minuten
(Junior hat gestoppt) war ich an der Kasse und der
Korb sah richtig gut gefüllt aus. Okay, ich hatte mit ei-
ner Packung Küchenrollen und einem 16er Pack Klo-