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hat seine Gründe: Zum einen sind die Krankheits-
bilder, gegen die geimpft wird, gerade aufgrund der
Impfprogramme im Alltag als spürbare Gefahr kaum
noch präsent. Zum anderen sind Impfungen die ein-
zigen Maßnahmen, in denen fürsorgliche Eltern ihre
Kinder bewusst mit einer Krankheit – wenn auch nur
einem abgetöteten Krankheitserreger – in Berührung
bringen. Durch diese Konstellation fällt Medienbe-
richten über nachhaltige Impfschäden bei Kindern
viel Gewicht zu, denn Eltern leben heute nicht mehr
in einem Bedrohungsszenario mit tausenden an Ma-
sern oder Tetanus sterbenden Kindern in ihrer Um-
gebung. Zudem gibt es gesellschaftliche Trends zur
Homöopathie oder Anthroposophie, in denen man
dem Impfen skeptisch und teils klar ablehnend ge-
genüber steht. So sind homöopathisch ausgebildete
Ärzte dem Impfen gegenüber viel aufgeschlossener
eingestellt, als Homöopathen mit anderer Ausbil-
dung. Unter Waldorf-Eltern sind auch heute Masern-
Partys keine Seltenheit, bei denen gesunde Kinder
sich bei einem an Masern erkrankten Kind anstecken
und so den Immunschutz auf natürlichemWeg erlan-
gen sollen – dies unter dem deutlich höheren Risiko
eines Krankheitsverlaufes mit Komplikationen. Erst
im vergangenen Jahr ist in Berlin ein Kleinkind an
Masern gestorben. Denn selbst in industrialisierten
Ländern stirbt ein von zehntausend an Masern er-
kranktes Kind. Die Komplikationsrate der Impfung
ist hingegen wesentlich niedriger, die nur möglicher-
weise durch die Impfung ausgelöste Hirnhautent-
zündung wird bei weniger als einer Impfung je einer
Millionen Impfungen beobachtet, Todesfälle gar
nicht. Damit ist aber auch klar, dass bei Impfstoffen
wie bei jedem anderen Arzneimittel auch Komplikati-
Frau Staacke, Sie
sind selbst Mutter,
lassen Sie Ihr Kind
impfen?
Ja.
Denn
das
Grundprinzip einer Impfung ist
ein genialer Kniff, der perfekt auf
die natürlichen Fähigkeiten des
Körpers abgestimmt ist. Bei einer
Impfung werden Körper und Im-
munsystem mit einem Krankheits-
erreger konfrontiert. Das Immun-
system aktiviert daraufhin seinen
Schutzschild und bildet die pas-
senden Antikörper. Sie bekämp-
fen die krank machenden Erreger,
wenn der Körper später mit ihnen
in Kontakt kommt, und verhindern
den Ausbruch der Krankheit. Für
meinen Sohn ist es nur ein kleiner
unangenehmer Pikser, der vor vie-
len schweren Erkrankungen schüt-
zen kann.
Können Sie den Vorteil einer Imp-
fung auf den Punkt bringen?
Der Vorteil ist, dass das Immun-
system im Ernstfall vorbereitet ist
und die Bakterien- und Virenpo-
lizei sofort arbeiten kann. Ein un-
vorbereitetes Immunsystem ohne
Impfung muss im Fall einer Anste-
ckung nicht nur Antikörper bilden,
sondern auch mit den Symptomen
der Krankheit kämpfen.
Birgt die Impfung nicht gerade für
Babys und Kleinkinder Risiken?
Ganz im Gegenteil, denn die mög-
lichen gefährlichen Komplikatio-
nen im Krankheitsfall werden oft
unterschätzt. So können Erkran-
kungen zu bleibenden Behinde-
rungen führen oder sogar tödlich
enden. Impfen rettet dagegen Le-
ben. Es ist längst bewiesen, dass
das Risiko eines Impfschadens
stets geringer als das einer Erkran-
kung ist. In der Regel sind die heu-
tigen Impfstoffe gut verträglich und
können auch als Mehrfachimpfun-
gen verabreicht werden. Ein Pik-
ser verhindert somit gleich mehre-
re Krankheiten. Eine Impfung kann
auch Nebenwirkungen haben. Die-
se sind jedoch meist harmlos und
beschränken sich auf Schmerzen
oder Brennen an der Einstichstelle,
Unwohlsein, leichtes Fieber oder
grippeartige Beschwerden, die bald
wieder verschwinden. Kleine Strei-
cheleinheiten und Zuwendung hel-
fen Kindern in diesem Moment am
besten, das weiß ich auch aus eige-
ner Erfahrung.
Informieren Sie bei der AOK zu Imp-
fungen?
Für alle Impfungen gilt,
diese am besten mit dem Haus-
arzt zu besprechen. Als Gesund-
heitskasse unterstützen wir von
der AOK aber alle Impfungen, die
von der Impfkommission empfoh-
len werden und informieren in un-
serer Niederlassung auch ausführ-
lich dazu.
Ein Pikser verhindert Krankheiten
Interview mit Stefanie Staacke, Niederlassungsleiterin AOK Nordost/Spree-Neiße