Foto: Dr. Sattler
Hilfe für Vorschulkinder mit wechselndem Handgebrauch
Unseren Ratgeber zum Thema Ergotherapie für Händigkeit betreut: Sandra Hild, Ergotherapeutin
Im Alter von vier Jahren beginnt für Kinder die Vorschulzeit, eine spannende Phase, in der sie immer feinmotorischer arbeiten lernen und viele dieser Prozesse im noch sehr plastischen Gehirn gelernt und immer mehr verfestigt werden. Dieses Alter ist besonders wichtig für die Prägung der Händigkeit – denn zur bald anstehenden Einschulung sollte jedes Kind über einen klar dominanten Handgebrauch verfügen. Wenn Kinder im Alter ab 4 Jahren über keine klare Dominanz verfügen, helfen Ergotherapeuten, die dominante Seite abzuklären und zu entwickeln. Der Kinderarzt des Vertrauens ist aber auch hier erster Ansprechpartner.
Symptome
Bei folgenden Symptomen sollten Sie mit Ihrem Kind den Kinderarzt mit Bitte um Ergotherapie aufsuchen:
- wechselnder Handgebrauch nach Ende des 3. Lebensjahres
- bei Raum-Lage-Problemen (Kind hat Probleme, etwas nachzubauen oder in der Räumlichkeit wieder zu erkennen)
- das Kind kreuzt die Mittellinie des Körpers beim Übergreifen mit den Händen nicht, sondern übergibt in die andere Hand
Die „ganze“ Diagnose
Es gibt bei Ergotherapeuten keine einheitliche Herangehensweise bei der Therapie fehlender Dominanzen. Da es sich hier um komplizierte motorische und sensorische Lernprozesse handelt, die an die Entwicklung und Funktion des Gehirns gekoppelt sind, empfehle ich grundsätzlich die ganzheitliche Betrachtung des Kindes. Es gibt Testbatterien zur Testung der Grobmotorik, aber auch die Schwangerschaft und Geburt, evtl. frühere und aktuelle Krankheiten, eine Betrachtung der Kognition und vieles mehr sollten zu einer Diagnose herangezogen werden. Sehr wichtig ist in dieser Phase, Eltern Ängste zu nehmen, sie zu beraten und aktiv zu beteiligen. Verlassen Sie sich nicht auf einfache, standardisierte Tests!
Therapiemöglichkeiten
In der Regel verordnen Kinderärzte bei unklarem Handgebrauch zuerst 10 ergotherapeutische Behandlungen á 45 Minuten zur Klärung und Schulung der dominanten Seite. 2-3 Einheiten erfordert allein die Diagnostik, es folgt eine ausführliche Beratung der Eltern, dann wird die Motorik durch Arbeiten mit der dominanten Hand intensiv entwickelt, um das Gehirn zu schulen, damit es die sensorischen Reize abspeichert und die Händigkeit „programmiert“. Von großer Bedeutung ist die Einbindung der Erzieher, therapeutischer und pädagogischer Ansatz müssen abgestimmt sein. Entscheidend für den Erfolg ist aber vor allem die Elternarbeit. Eltern erhalten Übungsprogramme für die Graphomotorik wie Schwungübungen und müssen zu Hause etwas tun. Sie erhalten Empfehlungen und praktische Unterweisungen für spezielles Spielzeug (Spielzeugberatung), auch das muss zu Hause eingeübt werden. Nur wenn zu Hause eine intensive Begleitung statt findet, können die motorischen Übungen Eingang in die Programmierung des Gehirns finden – und entwickeln so eine eindeutige Händigkeit. Dem Kind muss ebenso Motivation und ein gutes Gefühl vermittelt werden.
Bei der Therapie sollten Ergotherapeuten neben Eltern und Erziehern auch eng mit Physiotherapeuten und unter Umständen auch mit Logopäden zusammen arbeiten. Erkundigen Sie sich nach diesen Partnern! Eine Therapie der Händigkeit kann sich über ein halbes Jahr erstrecken. Zur Einschulung empfiehlt sich aber eine Pause und Kinder dürfen auch nicht übertherapiert werden, manche entwickeln sich eben etwas später. Diese Entscheidung sollte allerdings auch einem Experten wie einem Ergotherapeuten überlassen werden.