Kaum ein Thema beschäftigt junge Eltern so sehr wie der Schlaf ihres Babys. Bereits kurz nach der Geburt werden junge Eltern von den eigenen Eltern, Freunden und Nachbarn befragt, ob es denn schon durchschlafe und wie denn so die Nächte wären.
Wann sollte ein Baby alleine ein-und durchschlafen? In Deutschland ist die Antwort von einigen Ärzten und Ratgebern leider noch oft: 6 Monate. Das entspricht aber nur in den wenigsten Fällen der Realität. Trotzdem hält sich das Gerücht hartnäckig und so erzählen Eltern in den Krabbelgruppen stolz, wenn ihr Kind mal ein, zwei Nächte durchgeschlafen hat, verschweigen allerdings, dass sich dann nach ein paar guten Nächten auch wieder mehrere weniger gute einstellen. In der Not kaufen Eltern vielversprechende Ratgeber mit Titeln wie „Jedes Kind kann schlafen lernen.“ – sie vermitteln den Eltern, dass ihr Kind mit einem Schlafprogramm ganz einfach lernen würde, in seinem eigenen Zimmer durchzuschlafen. Und das Schlimmste ist, dass es auch noch funktioniert. Das Kind hat allerdings nicht gelernt, wann denn nun endlich Schlafens- und Wachzeit ist. Es hat nur gelernt, dass auf seine Bedürfnisse und Hilferufe nachts nicht mehr eingegangen wird. Müssen Kinder wirklich so das Schlafen erlernen? Schlafambulanzen und Schreiambulanzen haben hohen Andrang und alle Hände voll zu tun, die besorgten Eltern zu beruhigen.
Evolutionsbiologisch sind unsere Babys so programmiert, dass sie ganz nah an der Mutter, dem Vater oder einer anderen Bezugsperson am sichersten schlafen. Unsere Babys wissen nicht, dass Mama und Papa nebenan liegen und sie sicher sind. Sie haben ein angeborenes Bindungsbedürfnis, welches ihre Sicherheit garantiert. Wenn wir uns diese Entwicklung ganz bewusst machen, können wir nachvollziehen, warum die meistens Babys nicht alleine einschlafen und nachts auch noch oft wach werden.
Zwischen dem ersten und dem sechsten Monat findet die stärkste Gehirnentwicklung im Leben des Babys statt. Es erlernt fast täglich neue Fähigkeiten. Diese neuen Eindrücke werden vom Gehirn vor allem nachts verarbeitet. Die Entwicklung und das Wachstum des Gehirns brauchen enorme Energie, die gerade im ersten Jahr von den meistens Babys nicht allein gedeckt werden kann. Es ist also ganz normal, dass unsere Babys nachts wach werden, um diese benötige Energie in Form von Muttermilch oder Formulanahrung zu sich zu nehmen. Für die Eltern heißt dies, dass sie sich an die zum Teil täglich variierenden Schlaf-, Wach- und Nahrungsrhythmusveränderungen anpassen müssen, ihrer Intuition vertrauen und wissen, dass sich ändernde Schlafzeiten zu einer normalen Baby-Entwicklung dazugehören.
Eine der größten Ängste unter den Eltern ist der plötzliche Kindstod. Folgende Maßnahmen können ergriffen werden, um das Risiko des plötzlichen Kindstod zu minimieren:
- Rauchfreie Umgebung
- Schaf in Rückenlage (tagsüber unter Aufsicht auch in Bauchlage möglich, da es wichtig für die motorische Entwicklung ist)
- Vermeiden von Nestchen, Decken, Kuscheltieren im Bett
- Schlafen im eigenen Bett oder Beistellbett im Elternschlafzimmer
- Ideale Schlafraum-Temperatur von 16-18°C
- kein Schaffell oder wasserdichte Unterlage im Kinderbett
- Wahl der richtigen Schlafsackgröße, ohne Kopfkissen
- keine Schnullerketten u. ä. im Kinderbett
- keine ätherischen Öle
Was viele Eltern auch beim Schlaf ihrer Babys vergessen, ist dass die Schlafzeiten sich je nach Alter des Babys verändern und dass jedes Kind, so wie Erwachsene eben auch, sein individuelles Schlafbedürfnis hat. Wieviel Schlaf ein Kind wirklich benötigt, kann individuell sehr verschieden ausfallen. Während manche nur 13 Stunden schlafen, brauchen andere 16 Stunden Schlaf. Die folgende Tabelle kann eine grobe Orientierung bieten.
Durchschnittliche Schlafzeit von Kindern:
- 00 – 01 Monat: 15 – 18 Stunden
- 02 – 03 Monate: 14 – 18 Stunden
- 04 – 05 Monate: 14 – 16 Stunden
- 06 – 07 Monate: 14 – 15 Stunden
- 08 – 09 Monate: 13 – 15 Stunden
- 10 – 24 Monate: 12 – 14 Stunden
- 3-6 Jahre: 11 – 12 Stunden
Genug Schlaf? Wenn der Nachwuchs tagsüber zwischen den Schläfchen wach, neugierig und überwiegend zufrieden und gut gelaunt ist, ist die Schlafzeit ausreichend. Wenn Eltern sich unsicher sind, ob ihr Nachwuchs genügend Schlaf bekommt, kann eine Schlafzeitaufzeichnung helfen. Hierzu protokolliert man jede Schlafenszeit vom Baby tagsüber und nachts in einer Tabelle. Nur falls den Eltern erhebliche Abweichungen über mehrere Stunden innerhalb mehrerer Wochen auffallen und sich der Allgemeinzustand des Babys erheblich verschlechtert, ist es notwendig, das Thema beim Kinderarzt anzusprechen. Dieser verweist die Eltern, wenn nötig, zu entsprechenden Schlafambulanzen bzw. Schreiambulanzen.
Zentrale Rolle des Tagesablaufs: Haben die Eltern sich an einem Tag einmal zu viel vorgenommen, sind die Babys von den vielen Eindrücken oft überreizt, finden schwerer in den Schlaf und wachen nach kurzer Zeit wieder auf. Bei einigen zeigt sich die Überreizung durch Schreiphasen am Abend. Regelmäßige Zeiten an frischer Luft und eine feste Tages- und Abendroutine begünstigen also den Schlaf Ihres Babys. Nähere Infos zum gesunden Babyschlaf finden Sie unter:
Also hören Sie als Eltern auf Ihre Intuition, bleiben Sie geduldig und falls Sie mal mit frischgebackenen Eltern ins Gespräch kommen, sparen Sie sich die Frage nach dem Durchschlafen.
Christin Schreiber