Illustration: Netzwerk Gesunde Kinder
Wenn man ein Baby beobachtet
Die Kinder kommen in einen Raum und sehen ein Baby mit einem Elternteil auf einer Decke liegen. Sie setzen sich langsam und leise auf die Stühle, die drumherumstehen und schauen einfach zu, was das Baby macht. Sie beobachten die Bewegungen, die Reaktion auf Geräusche und gucken zu, wie das Kleine sich verhält. Die Erzieherin stellt hin und wieder gezielte Fragen und die Kinder erzählen, was sie sehen. So kann eine Therapiestunde nach B.A.S.E. – Babywatching aussehen. Es ist ein speziell entwickeltes Empathie Training für Kinder und Jugendliche und fördert nachweislich das Sozialverhalten und mindert Aggressionen. Die bisherigen Ergebnisse zeigen, dass die Kinder einfühlsamer und weniger ängstlich miteinander umgehen. Sie beginnen, diese Fähigkeiten auf alltägliche Situationen mit ihren Freund*innen zu übertragen und lernen aus eigener Erfahrung, wie wichtig Empathie im Alltag mit anderen Menschen ist. Das Konzept geht zurück auf den amerikanischen Kinderpsychiater und Aggressionsforscher Henri Parens und steht für Babybeobachtung gegen Aggression und Angst für Sensitivität und für Empathie.
Der Münchener Bindungsforscher Karl Heinz Brisch hat es methodisch als Schulungsprogramm für Deutschland entwickelt. Dabei soll ein Baby mit Mutter oder Vater über mehrere Wochen oder Monate regelmäßig einmal die Woche in die Einrichtung, z.B. eine Kita oder Grundschule, kommen und wird 20 bis 30 Minuten von der Gruppe/Klasse beobachtet. Die Kinder sind dabei, wenn es gestillt oder gewickelt wird, hören es lachen und weinen, sehen wie es einschläft oder fiebern mit, wenn das Baby sich das erste Mal auf den Bauch dreht. Sie können die Entwicklung verfolgen und aktiv teilhaben an Freud und Leid des Kindes.
Begleitet wird es durch geschulte Erzieher*innen/ Lehrer*innen, die gezielte Fragen stellen, um den Bezug auf die eigene Gefühlslage herzustellen. Denn schon Dreijährige kennen verschiedenste Gefühle und können sich in Andere hineinversetzten. Durch die Fragen wird versucht, eine Brücke für eigene Verhaltensweisen zu schlagen.
Die besondere Ausstrahlung eines Babys schafft für alle Beteiligten ein emotional positives Erlebnis. So fällt es den Kindern und Jugendlichen nachweislich leichter, ihre emphatischen Fähigkeiten nachhaltig auf alltägliche Situationen in ihrem sozialen Umfeld zu übertragen und ängstlichem und aggressivem Verhalten vorzubeugen.
Auch als Eltern sollte man sein Baby intensiv beobachten, um bedürfnisorientiert handeln zu können. Wenn man sein Kind versteht, fällt der Alltag wesentlich leichter – und das auch schon bei den Kleinsten, die noch nicht einmal sprechen können. Diesen Ansatz verfolgt beispielsweise die Dunstan Babysprache. Hierbei können Eltern durch genaues Hinhören schneller erkennen, was ihr Neugeborenes braucht. Studien haben gezeigt, dass alle Babys in der Welt dieselben Laute machen, um auf ihr Problem aufmerksam zu machen – und das bevor sie schreien und weinen. Bisher sind 5 Laute bekannt, die die Grundbedürfnisse des Kindes darstellen: Hunger, Aufstoßen, Müde, Unwohlsein, Bauchweh. Zertifizierte Lehrer*innen bieten Schulungen an, um Eltern und Fachpersonal, im optimalen Fall bereits vor der Geburt eines Kindes, die Laute beizubringen und mittels Tonaufnahmen die feinen Unterschiede herauszuhören. So kann die Mutter bereits im Krankenhaus, direkt nach der Geburt, verstehen, was das Baby braucht und beispielsweise Bauchweh und Blähungen durch die Verwechslung von Aufstoßen müssen mit Hunger vorbeugen. Wenn das Baby merkt, dass es verstanden wird, unterstreicht es später auch mittels Zeichensprache seine Bedürfnisse. Das Baby lernt Selbstbewusstsein und Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten. Auch in unserer Region gibt es entsprechende Fachleute, die in Gruppen oder Einzelunterweisungen die Dunstan Babysprache lehren. Die Netzwerke Gesunde Kinder können bei Bedarf entsprechende
Kursleiter*innen vermitteln.